200 m Kabel, 340 m Schienen, 200 m² Fläche

200 m Kabel, 340 m Schienen, 200 m² Fläche

Was für viele ein Bubentraum bleibt, macht Michael Oppliger wahr: Seit drei Jahren baut der leidenschaftliche Bastler an einer riesigen Modell- eisenbahn. Sobald die Anlage fertig ist, soll sie für bahnbegeisterte Besucher zugänglich sein.

Die alte Kegelbahn unter dem Restaurant Pony in Liebefeld ist schon lange nicht mehr in Betrieb. Wo früher Kugeln rollten und Kegel kollerten, hat sich Michael Oppliger sein eigenes Reich geschaffen. Auf selbstgezimmerten Holzgerüsten schlängeln sich Modellzüge über Schmalspurschienen kreuz und quer durch den Raum, über Brücken, durch Tunnel, vorbei an detailreichen Bahnhöfen. Als er die alte Kegelbahn zugesprochen erhielt und beginnen konnte, seine Anlage zu planen und aufzubauen, ging für ihn ein Bubentraum in Erfüllung. «Eisenbahnen faszinieren mich seit meiner Kindheit», erinnert sich Oppliger an die Anfänge seiner Leidenschaft. Dass die Leidenschaft seit damals nicht kleiner geworden ist, spricht klar aus den leuchtenden Augen des gelernten Baumaschinenführers. Zweimal in der Woche zieht er sich in sein Reich zurück, bastelt und werkelt an neuen Lokomotiven, Wagen, Häusern, Leitungsmasten und Bergen. Wie die Anlage dereinst aussehen soll, hat Oppliger genau vor Augen, Skizzen oder Pläne sucht man in seiner Werkstatt vergebens. «Die Bahn soll der Realität möglichst nahe kommen», erzählt der Familienvater. Auf über 300 Metern Schienen sollen in ein oder zwei Jahren die kleinen Geschwister des Bernina- und des Glacier Express, der BLS oder der Rhätischen Bahn unterwegs sein – alles in einem Massstab von 1:45. Da nicht alle Wagen und Lokomotiven in dieser Art existieren, baut Oppliger einen Grossteil des Rollmaterials selber. Seine Inspiration holt er sich aus dem Internet oder auf Güterbahnhöfen, wo er mit der Kamera möglichst detailreiche Ansichten der Originale festhält.

Zurück in der Werkstatt geht es ans Tüfteln und Ausprobieren, Kleben und Löten, Perfektionieren und Anmalen. «Learning by doing» lautet die Devise. Den kreativen Freiraum, den ihm sein Hobby bietet, geniesst Oppliger: «Auf dem Bau wird exakt nach Plan gearbeitet, hier aber kann ich frei gestalten.» In der Schweiz gibt es unzählige Bahnbegeisterte, die sich ähnlichen Projekten widmen. Gemeinsam werden in Clubs Pläne geschmiedet, Sammlerstücke gekauft und Modelleisenbahnen gebaut. Ein alltägliches Hobby ist die «Bähnlerei» trotzdem nicht. Kein Wunder, eine Anlage dieser Grösse verschlingt Unmengen an Zeit und Geld. Seit er vor drei Jahren mit dem Bau begonnen hat, hat Oppliger bereits mehr als tausend Arbeitsstunden in seine Eisenbahnwelt investiert, dazu grössere Beträge. Raummiete, Bau- und Bastelmaterial, Kabel, Werkzeuge, Schienen, Lokomotiven und Wagen machen den Bubentraum zu einer kostspieligen Angelegenheit. Glücklicherweise konnte Oppliger bereits einige Sponsoren für sein Projekt begeistern. Die Unterstützung, die er so erhält, plus die Mitarbeit und der Support der Familie, erleichtern es, sein Ziel in absehbarer Zeit zu erreichen: «Es wäre schön, in einem oder zwei Jahren die Anlage öffentlich zugänglich zu machen.» Bis dahin soll die Bahn so weit fertig sein, dass mehrere Züge durch eine detailreiche Berglandschaft fahren können. «Ganz fertig kann eine solche Anlage aber nie sein», präzisiert er. Noch exakter, noch mehr Liebe zum Detail.

Auch wenn Bergwelt und Bahnen noch im Entstehen sind, lockt Oppligers Arbeit schon heute Neugierige an. Am Dienstagabend, wenn der Familienvater seiner Bahnleidenschaft frönt, steht die Türe der alten Kegelbahn für Interessierte offen. Immer wieder schauen Neugierige vorbei, plaudern ein bisschen, bestaunen Züge und Bahnhöfe und stellen Fragen. Was er am häufigsten gefragt wird? «Woher nimmst du nur die Geduld für all diese mühevolle Kleinarbeit?», lacht Oppliger, «die meisten können sich das gar nicht vorstellen». Auch wenn die wenigsten selbst das gleiche Mass an Geduld und Feinmotorik aufbringen würden – Modelleisenbahnen faszinieren und lassen so manches Herz höher schlagen. Wenn Züge durch Hügel rattern, wird sich bestimmt im einen oder anderen Besucher ein kleiner, längst vergessener Lokomotivführer zu Wort melden. Sicher ist: In der ehemaligen Kegelbahn kehrt noch lange keine Ruhe ein.

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