Ab in den Süden

Ab in den Süden

ie sehen den Schwalben ähnlich, erreichen in der Luft Spit­zengeschwindigkeiten und verlassen die Schweiz schon bald wieder Richtung Afri­ka: die Mauersegler. Bei Markus Hostettler befindet sich mit 41 Brutplätzen die grösste Kolonie in der Region Schwarzenburg.

«Letzten Sommer waren es 27 Paare, dieses Jahr bin ich mir noch nicht sicher, denn es braucht viel Zeit und ist schwierig herauszufinden», schmunzelt der Landwirt und bezieht sich auf die Geschwindigkeit, in der die Vögel ins Nest fliegen oder es verlassen. Die Mauersegler können im Horizontalflug eine Geschwindigkeit von über
100 km/h erreichen, wobei sie normalerweise mit ungefähr
40 km/h fliegen. Schnell segeln sie, wie es ihr Name verrät, in ihre Nester. Dort verweilen sie eine Weile, ganz im Gegensatz zu den Schwalben, die auf dem Hof ebenfalls eine Nestmöglichkeit finden und ständig ein- und ausfliegen.

Im Jahr 1994 gab es dort das erste Mal eine Brut in den Kästen. «Über Jahre hinweg hatten wir immer Schwalben hier, bis sich plötzlich auch Mauersegler einnisteten», blickt Markus Hostett­ler zurück. Als die Vögel vermehrt aus ihren Nestern flogen, kaufte er zusammen mit seinem Vater Nisthilfen und baute später auch selbst welche. Auffallend ist der Ort dieser Unterschlüpfe für die Tiere: unterhalb der Dächer, möglichst weit oben. «Wären sie tiefer, müssten die Mauersegler am Boden landen, wo sie ohne Hilfe nicht mehr wegfliegen könnten. Dort wären sie ein leichtes Opfer für Katzen oder andere Raubtiere», erklärt er. Gelegentlich kommt es mit anderen Vögeln zu Streitigkeiten. «Zum Beispiel, wenn sich Stare versuchen einzunisten», berichtet Hostettler von seinen Beobachtungen. Die Mauersegler gelten in der Schweiz als potenziell gefährdet. «Durch Gebäuderenovationen und Neubauten werden Brutmöglichkeiten immer seltener, wodurch die Vögel mittlerweile auf künstliche Nisthilfen angewiesen sind», meint Livio Rey, Biologe und Mitarbeiter der Vogelwarte Sempach.
Schon bald machen sich die Mauersegler wieder auf den Weg in ihr Winterquartier. Sie halten sich nur in den wärmeren Monaten in der Schweiz auf. Anfang Mai kommen sie, Anfang August fliegen sie in Scharen nach Afrika. «Es gibt vier Ringfunde in der Schweiz von Mauerseglern aus Zentralafrika – drei aus dem Kongo und einer aus Malawi», nennt Rey Beispiele für einige Überwinterungsorte der Vögel. Laut einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2012 legen die Mauersegler dabei rund 10’000 Kilometer zurück, wofür sie 30 Tage reine Flugzeit benötigen. Das entspricht pro Tag durchschnittlich 333 Kilometern, also etwas mehr als der Distanz von Bern nach Turin. «Als Orientierung dient den Tieren für ihre Hin- und Rückreise das Magnetfeld der Erde, Sonne, Mond und Sterne sowie auffällige Landmarken. Auf diese Weise finden sie ihre Nistplätze immer wieder», erläutert Rey. Ihre Reise werde teilweise durch Zwischenstopps unterbrochen, wobei die Tiere auch 10 Monate ununterbrochen fliegend unterwegs sein können. «Sie sind in der Lage, sich in der Luft zu ernähren, zu paaren und sogar zu schlafen. Dabei können sie eine Hirnhälfte abschalten und sich somit im Flug ebenfalls erholen», sagt Rey. Noch können die Mauersegler sich aber auf dem Hof von Hostettler ein wenig ausruhen, bevor es dann schon bald wieder heisst: ab in den Süden.

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