Manfred Raemy, nach einem halben Jahr im Oberamt, wie fühlen Sie sich?
Als ehemaliger Geschäftsführer der Region Sense wusste ich ziemlich genau, was mich erwartet. Ich bin sehr gut gestartet und die Arbeit bereitet mir grosse Freude. Sie ist äusserst spannend und abwechslungsreich. Mir war bis jetzt keine Minute langweilig. Viel Zeit verbringe ich momentan mit Antrittsbesuchen und Sitzungen, während denen ich häufig zuhöre, um die Materie besser kennenzulernen und anschliessend konstruktiv in die Diskussionen einzugreifen. Leider bleibt mir keine Zeit, alte Protokolle nachzulesen, um vorher schon top informiert zu sein.
Welche Themen beschäftigen Sie im Moment?
Zusammen mit den Gemeindeverbänden des Sensebezirks, der Region Sense, die ich präsidiere, dem Gesundheitsnetz und den Orientierungsschulen arbeite ich mit den Gemeindevertretern an der Weiterentwicklung und Förderung unseres Bezirks. Auf Bezirksebene wird beispielsweise eine gemeinsame Entwicklung für die Wasserversorgung erarbeitet. Zusammen mit dem Gesundheitsnetz Sense stehen eine Strategie zur Entwicklung der Pflegeheime und ein Alterskonzept an. Denn wir dürfen nicht ausser Acht lassen, dass sich rund 17% unserer Bevölkerung im Rentenalter befinden, mit steigender Tendenz.
Vor welchen weiteren Herausforderungen steht der Sensebezirk?
Das Asylzentrum Guglera, ein sehr intensives Dossier, beschäftigt die Bevölkerung. Zu Beginn wurden deren Ängste sicher zu wenig wahrgenommen, wodurch die zum Teil ungehaltenen Reaktionen hervorgerufen wurden. Man darf die Menschen nicht im Ungewissen lassen. Durch aufklärende Gespräche und Informationen konnten schon einige Ängste und Unsicherheiten abgebaut werden. Asylunterkünfte gibt es bereits mehrere im Sensebezirk. Von Wünnewil, Bösingen oder Düdingen beispielsweise gab es keine negativen Rückmeldungen. Wir sind gefordert und werden alles tun, damit ab 2018, wenn die ersten Flüchtlinge einziehen, alles gut läuft.
Eine weitere Herausforderung ist die Entwicklung des Sensebezirks mit all seinen Zusammenhängen, Baulandreserven, Industrie- und Gewerbezonen und natürlich der Verkehr.
Gibt es Projekte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Das kann ich so nicht sagen. Mein Anspruch an mich selber ist, alle gleich zu behandeln. Ich hasse Ungerechtigkeit und versuche, mich beim Behandeln der Dossiers nicht unter Druck setzen zu lassen. Bis jetzt klappt das gut.
Haben Sie noch genügend Zeit für Familie und Hobbys?
Als Oberamtmann kennt man keinen normalen Tagesablauf. Oft finden Sitzungen mit Gemeinden und Verbänden frühmorgens oder nach 17 Uhr statt. Da deren Vertreter hauptberuflich einem anderen Job nachgehen, sind diese Zeiten gegeben. Die Tagesgeschäfte erledige ich während den Bürozeiten. Doch oftmals wird dieses Programm auf den Kopf gestellt, wenn ein Notfall eintritt; beispielsweise das Verhängen eines Baustopps oder die Ortsbesichtigung nach einem Brand. Ich versuche trotzdem, jeden Tag eine Mahlzeit mit meiner Familie einzunehmen, sei es das Frühstück, das Mittagessen oder ganz selten das Abendessen. Meine freie Zeit verbringe ich gerne mit meinen Lieben und unterstütze unsere zwei Kinder in ihren Freizeitbeschäftigungen. Für mein eigenes Hobby, das Dartspiel, bleibt mir kaum Zeit, darum beschränke ich mich auf das Organisieren von Dart-Turnieren.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Amt?
Die Nähe zum Volk. Jeder, ob Arbeiter oder Anwalt, ob reich oder arm, kann ins Oberamt kommen, um ein Baugesuch einzureichen, ein Jagdpatent zu lösen, eine Bewilligung einzuholen oder bei Nachbarstreitigkeiten vorstellig zu werden. Es ist wichtig, dass die Leute Probleme ansprechen und Hilfe suchen. Ich bin für eine schnelle Problemlösung und habe immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Bevölkerung; ob ich allerdings immer helfen kann, ist eine andere Frage. Rückblickend würde ich mich auf jeden Fall wieder zur Wahl stellen. Beruflich war das die beste Entscheidung. Ich bin total zufrieden mit meiner Arbeit.
Sie sind eine bekannte Persönlichkeit. Was tun Sie, wenn Sie nur Privatmann sein wollen?
Ich habe schon vor meiner Wahl gewusst, dass dies so sein wird und dass man sich als öffentliche Person nicht viel erlauben kann und stets aufpassen muss, wer was mitbekommt. Trotzdem mag ich es gerne gesellig und lustig. Wenn ich einmal Abstand und eine Auszeit brauche, verbringe ich die Zeit mit der Familie und mit Freunden ausserhalb.
Wie ist Ihr Verhältnis zu den Medien?
Ich lege Wert auf eine gute Zusammenarbeit. Dabei ist der gegenseitige Respekt fundamental. Im Sensebezirk laufen viele Sachen gut. Darum sollten die Medien auch positiv darüber berichten und das weniger Gute nicht höher gewichten.