Der Berater und Warner

Der Berater und Warner

Aufbruchstimmung und Gewitterwolken. Beides hat er erlebt. Thomas Pfyl zeichnete sich in einer Zeit für die Finanzen verantwortlich, in der die Gemeinde von grossen Erfolgen und Rückschlägen gleichermassen geprägt war. Ein Mann im Wechselspiel zwischen den Wünschen der Politik und der bitteren Realität.

Wer glaubt, dass alle Menschen, die den lieben langen Tag mit Zahlen jonglieren, eher der Gattung Trockenpflanzen angehören, der kennt den ehemaligen Finanzverwalter von Köniz nicht. Seit wenigen Wochen ist er im verdienten Ruhestand und hat die Kasse seinem Nachfolger Pascal Meuwly übergeben. Aber noch immer spürt man seine Hingabe und Fürsorge in all seinen Aussagen.

Swisscom als Beispiel
«Finanzmenschen sind vorsichtig und lieber nicht allzu optimistisch», sagt Pfyl, wenn es um langjährige Finanzpläne oder Budgets geht. Aber bei seinem Amtsantritt herrschte eine gewisse Euphorie. Köniz wuchs und die Swisscom hatte sich gerade erst angesiedelt. Es stand sogar noch lange im Raum, dass sie ihren Standort für das ganze Mobile-Geschäft hierher verlegen würde. Also genau jener Teil, der nun Ittigen so finanzstark macht. Die Steuermillionen winkten, um 12 Jahre später wieder zu verschwinden. Die Swisscom steht nicht nur für die Amtszeit von Pfyl, sondern dient auch als Fallbeispiel für die letzten 12 Jahre. Nach der Finanzkrise gingen im Jahr 2009 die Firmensteuern von 16 auf zirka 8 Mio. Franken zurück und mehrere Firmen sind weggezogen. Parallel dazu entstanden grosse Investitionsvorhaben und die Steuern der natürlichen Personen wurden gesenkt. «Man musste erstmals Gegensteuer geben und das war der Beginn der Sparmassnahmen«, erinnert sich Pfyl noch gut.

Corona als Treiber
Die Finanzverwaltung arbeitet eng mit dem Präsidium und der Finanzkommission zusammen. «Es ist das Wechselspiel zwischen der Politik, wo alle in ihren Ressorts möglichst viele Projekte umsetzen wollen, weil sie ihre Arbeit voranbringen möchten, und den finanziellen Möglichkeiten», verdeutlicht er. «Das ist aber auch das Spannende an dieser Aufgabe, man sieht in alle Bereiche hinein und versucht, in Anbetracht der Situation das Beste zu machen», fasst er zusammen. Im langfristigen Finanzplan erkannte er früh die Probleme. «Vieles ist nun eingetreten und manches wird durch die Corona­situation zukünftig gar noch verschärft», bedauert er. So kam es, dass der umsichtige Verwalter vor wenigen Monaten ein Budget mit einem Defizit von 9 Mio. Franken ausweisen musste. «Das war ein schwerer Gang, der mich stark belastet hat. Selbst wenn es nicht das erste Defizit für Köniz war, so fielen sie in den Vorjahren doch immer weitaus kleiner aus», unterstreicht er die Tragweite und den damit verbundenen Handlungszwang. Die Eigenkapitaldecke von Köniz war immer relativ tief und Überschüsse wären in der Vergangenheit wichtig gewesen. Die jetzige Situation mit dem Weggang der Swisscom, dem Fehlen von anderen Firmen und der Coronakrise fasst er kurz und knapp zusammen: « Die Entwicklung von Köniz bedingt nun finanzielle Ressourcen und da ist eine Steuererhöhung unumgänglich.»

Warner vom Dienst
Ein Beispiel, welches das Wechselspiel von politischem Wünschen und der finanziellen Realität zeigt, ist der Posten für Standortmarketing. Dieser wurde einst geschaffen, um Firmen nach Köniz zu bringen. Wenige Jahre später fiel er den Sparmassnahmen der Politik zum Opfer. Heute wäre man vielleicht aber wieder froh, wenn es jemandem gelingen würde, erneut Firmen in die Gemeinde zu holen. «Bei solchen Schwenkern muss sich die Politik etwas hinterfragen», kritisiert er zwar, bleibt aber in seinem für ihn so typischen ruhigen Tonfall. Mehr noch, er behält den Überblick und weist auf die Problematik hin, dass es Köniz an Industrieland fehle und das ein weiterer Nachteil sei, den man nicht vergessen dürfe. «Als Finanzverwalter war es stets meine Aufgabe zu beraten und zu warnen», sagt Pfyl. Das «Verkaufen» der Projekte, Investitionen oder Sparmassnahmen hingegen obliegen der Politik. Seine Warnungen stiessen verständlicherweise nicht immer auf Freude. Ein Beispiel hierzu sind die anfallenden Zinskosten der Gemeinde. «Man hat mir schon gesagt, ich würde bei den Zinsen zu pessimistisch budgetieren. Aber es ist meine Aufgabe hier die möglichen Zinserhöhungen auf dem Radar zu haben», sagt er aus gutem Grund. Als er sein Amt antrat, waren die Zinsen bei 3%. Nun sind sie unter 1%. «Vorsicht ist geboten, denn sollten diese wieder einmal ansteigen, schlagen sie millionenschwer zu Buche», verdeutlicht er.
Thomas Pfyl ist es gelungen, im Wechselspiel zwischen Wünschen und Realität ein geschätzter Warner und Beobachter zu sein. Auch dank seiner sachlichen und engagierten Art. Bescheiden winkt er ab, wenn es um Lob geht: «Ich habe die Wertschätzung gespürt und geschätzt. Aber wenn jemand geht, sagt man doch gerne ein paar schöne Worte, das muss man nicht überbewerten.» Überbewerten vielleicht nicht, aber stehen lassen alleweil.

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