Der Preis des Wachstums

Der Preis des Wachstums

Die Gemeinde wächst und wächst. Paradox: Sie zahlt jetzt auch den Preis dafür, vorderhand… hoffentlich. Die Rechnung 2017 schliesst mit einem Defizit von 2,1 Millionen Franken. Das Ergebnis von höherem Aufwand und tieferen Erträgen.

Das Resultat sei leider nicht erfreulich, stellt Gemeindepräsidentin Annemarie Berlinger-Staub an der Präsentation der Rechnung 2017 ganz zu Beginn klar. Bei einem Umsatz von 214 Millionen Franken schliesst die Rechnung der Gemeinde mit einem Aufwandüberschuss von 2,1 Millionen Franken deutlich schlechter ab als erwartet. Budgetiert waren rund 900’000 Franken. Die Schlechterstellung von 1,158 Mio. Franken entspricht einer Abweichung von 0,5 Prozent des Umsatzes.

Weniger Steuereinnahmen
Schuld an diesem Resultat ist eine Kombination von Mehrausgaben und tieferen Steuererträgen. Vor allem der zweite Punkt bereitet der Gemeindepräsidentin und den Finanzverantwortlichen Sorgen. Der gesamte Steuerertrag habe sich gegenüber dem Budget zwar positiv verändert und um 0,7 Millionen Franken zugenommen. Gegenüber dem Vorjahr aber beträgt der Rückgang «beträchtliche» 2,1 Mio. Franken. Bei der Hochrechnung sei noch mit einem erhöhten Ertrag gerechnet worden. Vor allem bei den natürlichen Personen fielen die Steuererträge wesentlich geringer aus als im Vorjahr. Um 3,1 Millionen Franken nämlich. Bei den juristischen Personen wurden zwei Millionen Franken weniger eingenommen als budgetiert. Die Entwicklung blieb aber im Rahmen des Vorjahres, wie Finanzverwalter Thomas Pfyl ausführte. Immerhin hätten sich die übrigen direkten Steuern positiv entwickelt.

Mehr Investitionen und Aufwand
Auf der einen Seite weniger Steuererträge, auf der anderen Seite mehr Ausgaben. Denn mehr Einwohner heisst zuerst vor allem investieren in die Infrastrukur. Im letzten Jahr waren es 41 Millionen Franken, die beispielsweise in den Ausbau von Schulraum, in Strassen- und Verkehrswege und anderes flossen. Die Nettoinvestionen der Gemeinde betrugen nach Abzug von Subventionen und Rückerstattungen noch immer satte 38,9 Millionen Franken.

Infolge dieser hohen Investi­tionstätigkeit und der reduzierten Selbstfinanzierung unter HRM2 beträgt der Selbstfinanzierungsgrad der Gemeinde noch gerade mal 23,79 Prozent. Deshalb musste die Fremdfinanzierung um 29 Mio. Franken erhöht werden. Der Schuldenberg der Gemeinde wuchs damit bis Ende 2017 auf 274 Mio. Franken an.

Mehr Einwohner heisst auch mehr Arbeit für die Verwaltung. Damit dieser bewältigt werden kann, müssen neue Kräfte rekrutiert werden. Deshalb schloss der Personalaufwand ebenfalls schlechter ab als budgetiert. Neue Stellen bei Tagesschulen etwa oder im Sozial- und Informatikbereich hätten zu den Mehrausgaben geführt.

Insgesamt kann die Gemeinde rund 15% des gesamten Aufwandvolumens von 214 Millionen Franken beeinflussen. Nicht beeinflussbar ist der Rest. Und das sind die sogenannten Transferzahlungen. Diese fielen insgesamt leicht tiefer aus als budgetiert. Der Gemeindeanteil Lastenausgleich Sozialhilfegesetz und der Beitrag an die Tagesschulen liegen zwar um je eine Million Franken über dem Plan, ebenso die Beiträge an die Lehrerbesoldungen (0,6 Mio. Franken). Dafür weisen der Beitrag an das Amt für öffentlichen Verkehr des Kantons Bern, die Ergänzungsleistungen, die Sozialhilfekosten und die Beiträge an die Kinderbetreuung eine tiefere Belastung von insgesamt 2,7 Mio. Franken aus. Diese gute Kunde wird allerdings getrübt durch den deutlich tieferen Transferertrag, der 4,5 Millionen Franken unter den Erwartungen blieb.

Mit Blick auf diese Rechnung wird deutlich: So kann es nicht mehr weitergehen. Der Gemeinderat sieht es jedenfalls so. «Der Finanzhaushalt ist nicht im Gleichgewicht. In der laufenden Rechnung besteht ein strukturelles Defizit in Millionenhöhe. Dieses droht wegen der gedämpften Entwicklung des kommunalen Steuerertrags und der anstehenden kantonalen Gewinnsteuersenkung weiter anzusteigen», fasst Annemarie Berlinger-Staub die Ausgangslage zusammen. Da der Investi­tionsbedarf in der Gemeinde weiterhin hoch bleiben wird, stehen doch mit der Schulanlage Ried in Niederwangen grosse Brocken an, muss von einer erheblichen Zunahme der Verschuldung ausgegangen werden. Da sind Gegenmassnahmen gefordert.

Höhere Steuern unumgänglich
Bereits bekannt ist, dass die Exe­kutive beim Budget 2019 eine Steuererhöhung von mindestens einem halben Steuerzehntel vorschlagen will. Eine Erhöhung der Steuern dürfte allerdings alleine nicht reichen. Deshalb will der Gemeinderat auch sparen. Welche Massnahmen er ins Auge fasst, wird erst im Juni bei der Präsentation des Budgets 2019 bekanntgegeben.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Der Preis des Wachstums»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2