Stolz thront das Schloss am Hang des Längenbergs. Es ist ein Mahnmal für eine jahrhundertealte Geschichte einer kleinen Gemeinde mit einst grosser Bedeutung. Der römische Turm, dann als Teil der Grafschaft von Burgund mit den Rümliger Freiherren, bis hin zu bekannten Besitzerfamilien wie etwa von Wattenwyl. Napoleons Einmarsch Ende des 18. Jahrhunderts war dafür verantwortlich, dass Rümligen eine eigenständige Berner Gemeinde wurde.
Die letzten Traktanden
220 Jahre später wird Martin Studer als letzter Gemeindepräsident von Rümligen in die Geschichtsbücher eingehen. Doch bevor der ruhige Mann, der vor Jahren nach Rümligen zuzog und sich fortan für die Gemeinde engagierte, nur noch eine Notiz im in den Analen ist, hielt er noch die letzte Gemeindeversammlung der langjährigen Geschichte ab. Inhaltlich ist diese schnell erzählt: 70 Anwesende fanden sich in Riggisberg zusammen, um die letzten Traktanden allesamt anzunehmen. Darunter die geplante Sanierung des Schulhauses. «Die Gemeinde gibt es nun nicht mehr und wir können kein Fest machen, das bedaure ich sehr», sagte der Präsident im Anschluss an die ordentlichen Traktanden. Deshalb nahmen sich die Rümliger auch Zeit für Verabschiedungen und Danksagungen.
Urs Marti
Doch bevor es soweit war, wählten die Anwesenden noch ihren Vertreter für den Riggisberger Gemeinderat. In der Legislatur von 2021 bis 2024 gibt es ein achtes Mitglied, damit Rümligen gebührend vertreten ist. Urs Marti erhielt das Vertrauen einer Mehrheit der Anwesenden ausgesprochen. Dem Finanzexperten und amtierenden Gemeinderat von Rümligen obliegt es nun, die Interessen von Rümligen zu vertreten. «Martin Studer habe ich als einen Menschen kennengelernt, der nie schlecht gelaunt war und stets im Guten nach Lösungen suchte. Er war für mich stets ein Vorbild», würdigte der neue Riggisberger Gemeinderat die Verdienste des abtretenden Präsidenten in einer Laudatio. Werte, die er nun weiter umsetzen will.
Die Zukunft
Die Danksagung an den Präsidenten war ein eindrücklicher Einblick in sein Engagement. 160 Gemeinderatssitzungen, 120 als Präsident in 11,5 Jahren. Eine lange Zeit, in welcher der Gedanke gereift ist, dass die Zukunft von Rümligen nur zu sichern ist, in dem man zusammenspannt. Die Fusion mit Riggisberg war ein Kraftakt mit einer positiven Erkenntnis daraus. Martin Studer und Michael Bürki, Präsident von Riggisberg, das passte. Die gute Zusammenarbeit, selbst als die Beschwerde gegen die Fusion aufkam und schliesslich abgewiesen wurde, zeigte schon ein erstes Mal auf, dass der gemeinsame Weg funktioniert. Dennoch liess es sich Studer nicht nehmen und richtete sich an der letzten Gemeindeversammmlung an seinen Kollegen Bürki mit den Worten: «Wir kommen nun zu euch und hoffen, Rümligen wird in Riggisberg stets Gehör finden. Wir wollen nicht bevorzugt, aber gehört werden. Doch ich glaube daran, dass es so sein wird.»
Nun wird das Schulhaus saniert. Es ist quasi das zweite Mahnmal von Rümligen und steht ein wenig für den Fortbestand des Dorfes. Denn Fusion hin oder her, Rümligen bleibt Rümligen. Nicht mehr als Gemeinde, aber als geschichtsträchtiger Ort. Stolz thront weiterhin das Schloss mit neuem Besitzer. Genau gleich wie das bald in neuem Glanz erstrahlende Schulhaus im fusionierten Rümligen. Lang lebe Rümligen, «merci vielmal.»
Sacha Jacqueroud