Grün schillernd, rot-schwarz gesprenkelt oder schwarz wie die Nacht – wer sich Zeit nimmt und im Sommer in den Garten sitzt, kann eine Vielzahl von Käfern und Schmetterlingen beobachten. Doch was im einen Augenblick faszinierend wirkt, kann beim nächsten Grillfest schon lästig sein. Insekten im Weinglas, Insekten in den Augen, stechende Insekten. Obwohl es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, überwiegt der Nutzen der kleinen Flieger bei Weitem. Sie dienen als Nahrungsgrundlage für zahlreiche weitere Arten, helfen bei der Bestäubung und Produktion unserer Lebensmittel und sind die Grundlage für ein funktionierendes Ökosystem.
Insekten in Gefahr
Studien in Deutschland haben gezeigt, dass der Insektenbestand in den letzten dreissig Jahren um fast Dreiviertel eingebrochen ist. Dass das Thema auch die Schweiz nicht kalt lässt, zeigt eine kürzlich im Nationalrat eingereichte Motion zu einem umfassenden Monitoring des Insektenbestandes. Doch die Wege der Politik sind lang und steinig. Der Imkerverein Laupen-Erlach ist überzeugt, dass man rasch und gezielt handeln kann – auch im kleinen Rahmen. Mit einer Standaktion, Flyern und Infoseiten in den Gemeindezeitungen suchen die Bienenprofis den Kontakt zu den Menschen. «Es braucht jeden Einzelnen», ist Imkerin Katja Schobert überzeugt. «Den Bienen geht es von allen Insekten noch am besten», weiss Imkerkollege Martin Läderach, «zu denen schaut man immerhin.» Bienen allein halten das Ökosystem aber nicht gesund und am Laufen. Da Bienen blütentreu sind und nicht kreuz und quer von Pflanze zu Pflanze schwirren, braucht es andere Insekten, die dabei helfen. Biodiversität ist das Schlüsselwort. «Insekten sind die Basis für zahlreiche Tierarten», sagt Läderach. Nicht zuletzt für das Lebewesen am Ende der Nahrungskette – den Menschen.
Blühend und vielfältig
Wer ein Bienenhotel auf dem Balkon stehen hat, zeigt ein Herz für die kleinen Krabbler. Allerdings nützen die Hotels allein wenig. Martin Läderach und Katja Schobert erklären, auf welche drei Grundsätze es im eigenen Garten oder auf dem Balkon ankommt: Nahrung, Wohnung, kein Gift. «Grundsätzlich ist alles gut, was blüht, vor allem einheimische Pflanzen», erklärt Schobert. Dafür braucht es nicht viel Platz, auch auf einem kleinen Balkon können entsprechende Sorten eingetopft werden. Wichtig ist, die Auswahl so zu treffen, dass immer etwas blüht und nicht alles auf einmal. Wer an den geliebten Rosen Blattläuse entdeckt, sollte die Finger von chemischen Mitteln lassen. Man kann die ungebetenen Gäste auch anders vertreiben – Wasser und Schmierseife reichen. In ihren eigenen Gärten haben Schobert und Läderach eine noch einfachere Taktik: Geduld. Blattläuse gehen meist von selbst wieder weg und so lässt sich Arbeit sparen.
Etwas andere Ästhetik
Wer den Sechsbeinern weiteren Wohnraum bieten will, sollte im Herbst nicht alle Pflanzen auf Stumpf und Stiel zurückschneiden. «Viele Insekten überwintern im Gehölz», erklärt Katja Schobert. Stauden also zusammenbinden und erst im Frühling zurückschneiden, wenn die Insekten wieder ausgezogen sind. Ast- und Laubhaufen im Garten bieten zusätzlichen Lebensraum. «Weniger ist in diesem Fall mehr», meint die Imkerin, «verwilderte Ecken, in denen man nichts macht, sind sehr geeignet.» Also weg von der Sauberkeitsästhetik und Mut zu etwas mehr Verwilderung. Sogar akkurat gehaltene Steingärten lassen sich insektenfreundlich nutzen. Durchlässiger Kies oder Sandflächen dienen ebenfalls als Wohnraum. Nur knapp die Hälfte der Wildbienen überwintern in Kästen, der Rest zieht sich gern in den Boden zurück.
Nicht auf verlorenem Posten
Dem Grossteil der Menschen scheint die Problematik bewusst zu sein, positive Rückmeldungen auf die Aktionen des Imkervereins sind deshalb sehr häufig. Oft bekommen Läderach und Schobert, aber auch den Spruch «Erzählt das doch den Bauern» zu hören. Dort läuft die Diskussion bereits intensiv, vom Bund her wird geforscht und Themen wie insektenfreundliches Mähen, ökologische Schädlingsbekämpfung und Ökostreifen sind präsent. Martin Läderach und Katja Schobert sind sich bewusst, dass ein Umdenken Zeit braucht. In den Gemeinden habe sich bereits viel getan, Kreisel und Strassenränder werden bepflanzt und seltener geschnitten, auch insektenfeindliche Stauden wie Kirschlorbeer und Thuja werden von Gartenbauern seltener gepflanzt. Heute sei einer von zwanzig Gärten insektenfreundlich gestaltet. «Schön wäre die Umkehrung», wünscht sich Katja Schobert. Ihr Imkerkollege ergänzt: «Den Leuten soll wieder bewusstwerden, was unsere Lebensgrundlage ausmacht. Wenn man nicht weiss, was Insekten alles können, fehlt auch die Motivation, Zusammenhänge zu sehen und etwas zu verändern.» Blühende und vielfältige Gärten sind auf jeden Fall ein Anfang.