Ein Leben mit Büchern

Ein Leben mit Büchern

25 Jahre lang arbeitete Ruth Steiner in der Bibliothek Niederscherli. Am 14. Mai ging sie in Rente und blickt auf ein erfülltes Berufsleben zurück.

Wenn man Ruth Steiner trifft, mag man es kaum glauben, dass diese energievolle, aufgestellte Frau in Rente geht! Fast kann sie es selbst nicht glauben und findet: «Die Zeit ist vorbeigeflogen!» Wenn die Zeit aber fliegt, ist das ein Zeichen für viele schöne Momente, sagt sie, die immer gerne zur Arbeit gegangen ist. Dazu beigetragen haben die tollen Kolleginnen, mit denen sie im Laufe der Jahre gearbeitet hat. Als Steiner angefangen hat, war sie zwar 10 Jahre jünger als die anderen Bibliothekarinnen, doch alle verstanden sich sehr gut. «Wir hatten Kinder im Schulalter und waren sehr verbunden», erinnert sich Ruth Steiner. Jetzt ist sie die Älteste und Einzige aus Niederscherli, doch noch immer schwärmt sie von ihren Kolleginnen: «Manuela Maurer, Ute Scharfenberger und ich sind ein tolles Team!»

Nah bei der Familie
Dass sie, die eine kaufmännische Lehre gemacht hat, zu einer Stelle in der Bibliothek Niederscherli kam, bewertet Ruth Steiner als grosses Glück. Sie sagt: «Ich habe schon immer gern gelesen und war oft mit meinen Kindern in der Bibliothek.» Einmal wurde sie gefragt, ob sie nicht Lust hätte, dort anzufangen. Zuerst arbeitete sie nur 15 Prozent, aber das war der jungen Mutter sehr recht. «Zu meiner Zeit war es ganz normal, dass die Frau zuhause blieb, wenn die Kinder kamen.» Ihr Mann war Zolldeklarant und konnte die Familie gut versorgen, Ruth Steiner hatte die Möglichkeit, sich ganz ihren Kindern zu widmen. Für diese Zeit mit ihrer Familie ist sie dankbar, auch und gerade, wenn sie sieht, wie der Spagat zwischen Arbeit und Familie die jungen Familien heute stresst. «Es ist nicht einfach für Frauen heute», findet sie. In der Bibliothek arbeiten zu können, empfand sie als grossen Luxus: «Meine Kinder, wussten immer, wo ich bin.» Der Weg zur Arbeit dauerte nur 5 Minuten, auch das war ein grosser Vorteil.

Individuelle Leseempfehlungen für die Bibliotheksbesucher
Als die Kinder grösser wurden, konnte Ruth Steiner ihr Pensum erhöhen und so dauerte es nicht lang und sie kannte fast jeden Bibliotheksbesucher in Niederscherli. «Ich wusste, was die Leute gerne lesen und konnte sie deshalb immer gut beraten», sagt die beliebte Bibliothekarin. Es ist dieser persönliche Kontakt zu den Leuten, den sie noch heute schätzt, das Herzliche und Familiäre. Niederscherli ist eben kein grosser Ort, da kennt man sich gut. Als 2011 diskutiert wurde, ob es nicht eine gute Idee sei, eine zentrale Bibliothek in Köniz zu haben und die Aussenstelle Niederscherli zu schliessen, ging ein Aufschrei durch das Dorf und es wurden Unterschriften gegen die Schliessung gesammelt. Die Bibliothek konnte erhalten bleiben, «sonst wäre es ein Riesenverlust gewesen», so Steiner.

Mit der Zeit gegangen
In ihrer Zeit in der Bibliothek Niederscherli konnte die Bibliothekarin so manche Veränderung miterleben. Angefangen hatte sie mit Zettelkästen, PCs gab es noch nicht. Der Computer war ein Einschnitt, aber schnell eine sehr geschätzte Hilfe, die Kassetten und Videokassetten verschwanden, die ersten CDs tauchten auf, dann die DVDs. Heutzutage ist auch das schon wieder veraltet und die CDs werden immer weiter aussortiert. «Die Leute streamen heute und schauen Netflix», weiss Ruth Steiner. Sie ist gerne mit der Zeit gegangen und freut sich, wenn sie junge Mütter sieht, die bei ihr einst in der Bilderbuchstunde waren und jetzt selbst mit ihren Kindern kommen. Gleichzeitig merkt sie so, wie unbemerkt die Jahre vergangen sind. Ruth Steiner steht nun kurz vor dem Ende ihrer beruflichen Laufbahn. «Heute mache ich das zweitletzte Mal die Ausleihe», sagt sie, ein eigentümliches Gefühl. Ihre Stelle wird nur teilweise ersetzt werden, eine Selbstverbuchungsanlage wird ihren Platz einnehmen. Die Pensionierung beschäftigt Ruth Steiner, aber auf gute Art, wie sie findet. «Natürlich muss ich viel loslassen», sagt Steiner und ist sich sicher, dass sie den Kontakt zu den Lesern und den Schulkindern sehr vermissen wird. Sie freut sich aber auch, mehr Zeit mit ihren Enkelkindern verbringen zu können und auch darauf, wieder mehr Zeit zum Lesen zu haben. Vor einem Jahr hat sie sich auch ein Brett fürs Stand-Up-Paddling gekauft, denn «man ist nie zu alt dafür, etwas Neues zu beginnen». Der Neuenburgersee lockt, der Campingwagen steht schon dort und wartet. Ruth Steiner hat fest vor, Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge auf ihrem Brett in der Mitte des Sees zu begrüssen. «Ich lasse alles auf mich zukommmen», sagt sie entspannt.

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