Eine Oase inmitten des Spitalchaos

Eine Oase inmitten des Spitalchaos

Seit September 2001 ist das Ronald McDonald Haus Bern für Eltern von hospitalisierten Kindern da. Orlanda Vetter, ursprünglich aus dem Sensetal und Geschäftsführerin des Hauses, gewährt uns einen Einblick in die Arbeit.

Schon als Kind faszinierte mich dieses Plastikhaus neben der Kasse, mehr oder weniger gefüllt mit Geld, wenn es ausnahmsweise mal Fastfood zum Zmittag gab. Jedes Mal überlegte ich mir, wie dieses Geld denn zu den Kindern im Spital gelangte, von denen auf der Box die Rede war. Lange brauchte ich, bis ich dieses Rätsel gelöst bekam… 

Das Haus am Jennerweg

Ein unscheinbares Haus direkt neben dem Inselspital in Bern. Orlanda Vetter, Geschäftsführerin des Hauses, öffnet herzlich die Türe und lädt ins Wohnzimmer ein. Es ist erstaunlich ruhig an diesem Montagnachmittag. «Abends zwischen 21 und 23 Uhr ist am meisten Betrieb hier», erklärt die Gastgeberin. Dann nämlich, wenn die Eltern und vielleicht auch die Geschwister von der Station zurückkommen, sich eventuell noch etwas zu Abend kochen oder im Spielzimmer herumtollen, bevor sie in ihre Zimmer verschwinden. Seit 2001 gibt es das Ronald McDonald Haus am Jennerweg, zuerst mit 11 Zimmern, in den letzten Jahren wurden zwei Wohnungen dazu gemietet. Inzwischen können 16 Familienzimmer zu einem «symbolischen Preis» angeboten werden, der Rest wird von Spenden finanziert. Das Angebot wird gut genutzt, selten bleibt ein Zimmer leer. 

Die Auswirkung eines Plastikhäuschens

Dem Gründer der beliebten Fastfoodkette, Roy Kroc, war es von Anfang an ein Anliegen, mit dem Gewinn auch etwas Gutes zu tun. Als sein Business mehr und mehr Gewinn abwarf, war er deshalb auf der Suche nach Ideen. In dieser Zeit lernte er eine Kinderärztin kennen, welche ihm die Idee der Elternhäuser schmackhaft machte. Mittlerweile gibt es in 62 Ländern solche Häuser. Die Stiftungen sind jeweils national organisiert und weitgehend unabhängig, mit Geld aus dem Plastikhäuschen neben der Kasse, aber auch durch einen gewissen Prozentsatz des Gewinns des Restaurants. Weiter finanzieren sich die Häuser mit Spenden aus privater Hand, von Förderstiftungen und regionalen Firmen oder aus Benefizanlässen. Pro Jahr finden so in Bern rund 700 Familien für 4000 Nächte ein Zuhause auf Zeit, in unmittelbarer Nähe der kranken Kinder, welche in der Kinderklinik des Inselspitals hospitalisiert sind. «Vom ‹Banker› bis zur asylsuchenden Familie haben wir alles bei uns», so die Könizerin. Das Verbindende dabei ist, dass alle in der gleichen Situation stecken, mit den gleichen Sorgen nachts schlafen oder nicht schlafen können. Konflikte zwischen den Gästen gäbe es deshalb äusserst selten. 

Unkompliziert und schnell erreichbar

Wie die Familien ins Haus finden ist unterschiedlich. Wenn eine Operation geplant ist, dann bekommen die Eltern mit den nötigen Informationen auch einen Prospekt des Ronald McDonald Hauses beigelegt und können für die nötige Zeit ein Zimmer buchen. Andere werden vom Sozialdienst vermittelt oder unterstützt. Eltern, die über eine längere Zeit immer wieder ein Zimmer brauchen – z. B. bei einem krebskranken Kind – melden sich auch mal direkt per Whatsapp. Manchmal ruft auch gleich jemand vom Spital an und klärt ab, ob es noch ein freies Zimmer hat. «Gerade vorher hatte ich ein Telefon von der Stationsleitung, welche abklären wollte, ob wir notfallmässig ein Zimmer hätten. Die Eltern mit neugeborenem Kind werden in Kürze per Helikopter aus einem anderen Spital eingeflogen und müssen sicher über Nacht hierbleiben.» In einer solchen Situation ist man froh, wenn man einen Ort zum Schlafen hat, der unkompliziert und schnell erreichbar ist. 

Die Oase

Dass dies möglich ist, liegt auch an der unkonventionellen Führung von Orlanda Vetter. Das Haus ist für sie mehr als nur ein Arbeitsort, es ist auch ein bisschen Herzblut. Dies spürt man jedenfalls, wenn man von ihr durchs Haus geführt wird. Die Zimmer sind mit Liebe eingerichtet, die Küche ist grosszügig und aufgeräumt, im Wohnzimmer stehen Spielsachen, die jedes Kinderherz höherschlagen lassen. Wenn um 22 Uhr abends noch eine Whatsapp-Nachricht mit einer Zimmerbuchung kommt, dann stört es sie nicht, sondern sie hat vollstes Verständnis für die Situation der Eltern. Dank ihr und ihren Mitarbeiterinnen wird das unscheinbare Haus neben dem riesigen Inselspital und mithilfe eines Plastikhaus neben der Kasse eine Oase inmitten des Spitalchaos.

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