«Inflation und Zinsen waren jahrelang Fremdwörter, 2022 wurde beides wieder Realität. Die Krisen haben sich fast überlagert. Das zeigt, wie verletzlich unser System eigentlich ist. Regionale und lokale Vernetzung sind wichtiger denn je, die SLR hat diese Werte schon immer als stark verankerte Regionalbank gelebt. Unser Fokus hat sich bewährt.» Die Worte von Verwaltungsratspräsident Peter G. Augsburger leiten von den nationalen Krisen zum Erfolgskonzept Regionalbank über.
Weiter so
Die SLR weist einen Gewinn von 1,26 Mio. Franken aus. «Das hat all unsere Erwartungen übertroffen; wir sind stolz darauf», kommentiert Daniel Müller, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Die Betonung liegt bei ihm, wie schon zuvor auf dem Wort «wir». Die Mitarbeitenden der SLR erhalten vom Verwaltungsrat wie von der Geschäftsleitung nicht nur floskelhafte Erwähnung, sondern lobende und aufrichtige Wertschätzung. Die Versammlung quittiert dies mit einem langanhaltenden Applaus. Sie seien verantwortlich, dass die SLR einige «aussagekräftige Zahlen» vorweisen dürfe, wie es Müller nennt. Etwa die Bilanzsumme von 632 Mio. Franken. Das entspricht einem Plus von 3 % oder 18 Mio. Franken. Der Wachstumstrend hält seit Jahren an, was sich zudem in den Ausleihungen bestätigt. Diese steigen auf 528 Mio. Franken, 5 % oder 25 Mio. Franken mehr als im Vorjahr. Auch die Kundengelder verzeichnen ein Wachstum von 14 Mio. Franken auf neu 444 Mio. Franken. Die Bank geht sorgsam mit den Überschüssen um und baut ihr Eigenkapital stetig auf; nunmehr sind es 69,4 Mio. Franken. «Das ist mehr als doppelt so viel, wie nötig. Wir sind solide und überdurchschnittlich kapitalisiert», kommentiert Müller und schliesst den Zahlenteil mit einem kleinen Lächeln und den Worten: «Grundsätzlich einfach weiter so.»
Diversifizierung
Doch die SLR weist nicht den ganzen Gewinn dem Eigenkapital zu. Als Aktiengesellschaft schüttet sie den Aktionärinnen und Aktionären eine Dividende aus. Diese beträgt wie schon im Vorjahr 25 % des Gewinns oder 125 Franken pro Aktie. Das ergibt eine Rendite von 2 %. Die Aktionäre erfahren weiter, dass zur Zukunft einer erfolgreichen Regionalbank eine sogenannte Ertragsdiversifikation gehört. Sich also breiter abzustützen, damit man kein Klumpenrisiko eingeht. Die SLR setzt dabei auf Immobilien. Im Jahr 2022 durfte sie je ein Mehrfamilenhaus in Wichtrach und in Riggisberg (Zelg) fertigstellen. Beide sind bereits vollvermietet, mit insgesamt 17 Mietwohnungen erschliesst die Bank nun einen neuen Ertragszweig. Selbstredend handelt es sich um nachhaltige Bauten mit Photovoltaik. Für eine Bank, die eine eigene Energiehypothek anbietet.
Für die Region
Müller verrät der Versammlung, dass die SLR kürzlich die Liegenschaft der Bäckerei Steiner übernommen hat. «Nicht aus Renditegründen», wie er betont. Nach dem plötzlichen Tod des Eigenümers, «war es uns einfach wichtig, dass sie nicht zum Spekulationsobjekt wird. Die Bäckerei und das Tearoom sollen erhalten bleiben, wir suchen aktuell Pächter oder Bäcker», ergänzt er. Engagement für die Region. Wie beim Eidgenossen Schwander Severin. Der Riggisberger Erfolgsschwinger muss kurz seinen Arbeitsplatz verlassen und begrüsst die Aktionärinnen unter grossem Applaus. Dann verschwindet er schnell wieder hinter den Kulissen, denn zusammen mit der Familie ist er, respektive die Metzgerei Schwander, für das kulinarische Wohl der Gesellschaft verantwortlich.
Dass es an der Versammlung keinerlei Wortmeldungen aus dem Aktionariat gab ist sicherlich ein Zeichen, dass man zufrieden mit der Arbeit der SLR ist. Aber vermutlich sogar noch ein klitzekleines bisschen mehr, weil die Gäste schon voller Vorfreude auf das Essen der Familie Schwander waren. So wie die SLR das Jahr 2022 beschreibt, so lässt sich auch die Hauptversammlung zusammenfassen: ereignisreich, herausfordernd, erfolgreich. Ereignisreich mit all den Zahlen und Bestrebungen der Bank, herausfordernd, weil man über 300 Personen kulinarisch verwöhnt, und erfolgreich, weil beides zur Zufriedenheit aller gelingt.