Es gab viele Gründe, ein Nein in die Urne zu legen

Es gab viele Gründe, ein Nein in die Urne zu legen

Das deutliche Nein der Stimmbevölkerung zur Steuererhöhung hat viele Gründe. Leserinnen und Leser nehmen Stellung.

«Schiffbruch für ‹hart errungenen Kompromiss›» titelte diese Zeitung in ihrer November-Ausgabe zum wuchtigen Nein. 60,4% hatten sich gegen ein Budget mit Steuererhöhung entschieden. Eine herbe Klatsche für den Gemeinderat und das Parlament. Bereits in der Woche nach der Abfuhr an der Urnenabstimmung beschloss die Exekutive, dem Parlament ein Budget ohne Steuer­erhöhung vorzulegen. Dies, damit die Gemeinde mit einem genehmigten Budget ins 2020 starten könne, begründete die Verwaltung den Entscheid des Gemeinderates. Das Parlament hiess in der Folge das Budget 2020 ohne Steuererhöhung undmit einem entsprechenden Defizit am 9. Dezember gut.
Im Rahmen der Berichterstattung über das deutliche Nein der Stimmbürger wollte diese Zeitung wissen, was diese bewogen hat, ein Nein in die Urne zu legen. «Was sind die Gründe?», fragte sie. Knapp 2 Wochen Zeit hatten die Leserinnen und Leser Zeit, ihre Beweggründe für ein Nein einzugeben. Über 40 Mails und Briefe erreichten die Redaktion. Nachfolgend Auszüge aus den eingegangenen Beweggründen – die Redaktion bot auf Wunsch Anonymität der Schreibenden, weshalb die Meinungen nur mit Initialen gekennzeichnet sind. Aus Platzgründen konnten nicht alle Leserbriefe berücksichtigt werden, zudem werden bei einigen nur Auszüge veröffentlicht. MH

Warum ich das Budget 2020 abgelehnt habe? Kurz gesagt: Das Bevölkerungswachstum zieht einen Rattenschwanz von Massnahmen nach sich, welche ich – nebst der vorangetriebenen Digitalisierung – nur noch als nachteilig erlebe und empfinde. Dies schweizweit und in allen Lebensbereichen. In der Politik vermisse ich eine Langzeitplanung, die nicht mehr nur auf Wachstum ausgerichtet ist. L.K.

Meine Beweggründe für die Ablehnung waren, dass die Verantwortlichen (Politik und Verwaltung) endlich:
– einmal lernen müssen, ein Budget zu erstellen, das konjunkturelle, strukturelle und finanzielle Aspekte einbezieht;
– Überlegungen anstellen: Was ist nötig, was darf es kosten, ist es bedarfsgerecht und wie kann es optimiert werden;
– aufhören zu jammern und zu drohen, was man alles nicht mehr machen kann, falls die Steuererhöhung abgelehnt wird;
– auch die Wahrheit sagen, dass bei einem Aufwand von CHF 225 Mio. rund 1,55% (ca. CHF 3.5 Mio.) zu sparen ist, was problemlos möglich sein muss;
– vom hohen Ross heruntersteigen und die Investitionen nach Nutzen und Notwendigkeit planen und nicht nach dem Motto «nice to have»;
– begreifen, dass Steuereinnahmen nicht proportional zum Bevölkerungswachstum zunehmen.L.H.

Im Laufe dieses Jahres, also noch vor der Abstimmung, hat die Gemeinde Köniz den Beitrag an die Villa Bernau um 25’000 gekürzt und den Beitrag an den Wabern-Spiegel ganz gestrichen. Dies hat einen grossen Teil der Waberer Bevölkerung konsterniert, werden doch der Betrieb der Villa Bernau zu einem enormen Teil durch Freiwilligenarbeit getragen und die Redaktion des Wabern-Spiegels ganz ehrenamtlich gemacht. Beides würde ohne diese freiwilligen, ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht existieren. Inwieweit nun noch mehr von den Bewohnerinnen und Bewohnern von Wabern ‹verlangt› werden kann, wird sich zeigen.
Irgendwie zeigt es sich einmal mehr, dass Wabern wirklich nur am Rande noch zur Gemeinde Köniz gehört, und dies nicht nur geographisch. Wir fühlen uns in Wabern vernachlässigt von den Gemeindebehörden.G.R.

Am Tag, als ich die Abstimmungsunterlagen erhielt, kam auch Post von der Krankenkasse. Wegen der angekündigten Prämienerhöhung lag der Gedanke nahe, dass wir Rentner immer wie mehr belastet werden. Ausschlag für mein Nein gab zudem auch eine Äusserung eines Gemeinderates in der «BZ», neben dem Könizer-Schwimmbad eine Hockey-Halle errichten zu wollen. Das war für mich ein gewichtiges Indiz, dass der Gemeinderat keine ernsthaften Spar­absichten hatte. Von einem «hart errungenen Kompromiss» für das Budget 2020 kann keine Rede sein, wenn schon eine Ausgabe geplant wird, ohne dass die entsprechenden Einnahmen geflossen sind. Der Gemeinderat hätte zudem rechtzeitig gewisse Bauvorhaben stoppen und auf einen späteren Zeitpunkt verschieben können. Zu nennen sind die Trottoirausbesserung an der Maygutstrasse, die Erhöhung der Bushaltestellen an der Alpenstrasse und am Lindenweg sowie die Verbreiterung des Aareweges auf der Höhe der alten Fischzuchtanstalt.P.S.

Toll, dass man sich zu den Gründen zur Ablehnung des Budgets äussern kann. Meine Gründe sind die Streichungen der Beiträge an die Bernau und die «Wabern Spiegel Post», meines Wissens vor der Abstimmung. Man streicht und will dennoch die Steuern erhöhen. Dem sagt man im Volksmund: «Man will den Fünfer und das Weggli». Das funktioniert bekanntlich selten. Es wäre interessant zu wissen, ob man auch Beträge an die «Könizer Zeitung» gestrichen hat.
Aber jetzt zum Hauptgrund meines Neins: Der FC Wabern wird im Vergleich zu andern Fussballclubs in der Gemeinde (die auch mal einen Kredit erhalten) stiefmütterlich behandelt. Seit Jahren, nein, seit Jahrzehnten nette Worte aber nicht die geringsten Taten. Auch der FC Wabern holt viele Kinder von der Strasse auf den Rasen und nichts wird von Seiten der Gemeinde getan. Seit Jahrzehnten lechzt man nach besseren Trainingsbedingungen, nach einer besseren Infrastruktur, aber nichts tut sich, ausser wie schon erwähnt, hie und da salbungsvolle Worte. Ich kenne viele Leute, die meine Meinung teilen. Die Gemeinde tut hier seit ewigen Zeiten nichts, gar nichts! H.G.

Ich habe zwar mit Ja zur Steuer­erhöhung gestimmt, hätte aber einen Vorschlag zur Erkennung von Sparpotenzial: Fragen Sie doch 40’000 Könizer Einwohner. Evtl. sehen und wissen die etwas, was die Verantwortlichen der Gemeinde nicht sehen. Nutzen Sie das Potenzial für 40’000 kreative Lösungsvorschläge.A.K.
1. Wabern sollte zu Bern gehören. 2. In Köniz ist schon Vieles teurer als in Bern. 3. Begegnungszonen sind oft ein Witz, vor allem was es den Steuerzahler kostet. 4. Spesen statt Luxusstandard. 5. Steuererhöhung für die Reichen und Kinderlosen.C.F.

1. Ich denke, wir zahlen genug. Die Gemeinde soll die Ausgaben den Einnahmen anpassen, wie wir das im privaten Bereich auch müssen.
2. Aus meiner Sicht ist die Verwaltung zu stark ausgebaut und teilweise inkompetent. Beispiel Bauverwaltung: Habe ein Meldeformular Solar für ein kleines Garagendach ausgefüllt und eingeschickt. Erwarteter Aufwand bei der Gemeinde 5 Minuten. Tatsächlicher Aufwand auf beiden Seiten deutlich grösser, da der Bauverwalter die aktuelle kantonale Richtlinie offenbar nicht kannte. Leider habe ich das oder ähnliches in den letzten Jahren in Köniz dreimal erlebt. In anderen Gemeinden, wo wir deutlich häufiger Solardächer bauen, kommt das selten oder nie vor. In der Bauverwaltung sollten dringend Stellen gestrichen werden, damit die Beamten das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden lernen.
3. Es wird aus meiner Sicht zu viel Geld für Bauten (z.B. Schulen) ausgegeben. Muss es immer die maximale Variante sein? Die Investitionen könnten auch etwas besser über die Jahre gestaffelt werden. 4. Die Radarkästen bringen der Gemeinde genügend zusätzliches Geld der Bürger in ihre Kasse. M.F.

Dieses klare Misstrauensvotum an den leider nur ideologisch handelnden Gemeinderat erstaunt nicht… lässt aber hoffen, dass diese Ohrfeige nun den Weg für Entscheide zum Wohle aller Könizer möglich macht! Ich habe NEIN gestimmt, weil:
– ich als guter Steuerzahler die Schnauze voll habe, dauernd die Velofahrer zu subventionieren, welche keinerlei Benutzungsgebühren für die vergoldeten Velowege zahlen!
– ich feststelle, dass der Autofahrer für jede Kleinigkeit mit 40 bis 120 Franken gebüsst wird, die Velofahrer sich aber absolut über alle Verkehrsregeln, inklusive wildes Parkieren, vollkommen ungestraft hinwegsetzen dürfen. Das Gelaber des zuständigen Gemeinderats, wonach ein Ortspolizist «nicht wegschauen und beide Augen zudrücken» darf, ist einfach nur peinlich… die Ortspolizei ist veloblind!
– ich nicht begreife, dass in den letzten 3 Jahren beste Steuerzahler (gegen 3 Mio. jährlich) mit Ignoranz und Dummheit vertrieben wurden!
– ich nicht begreife, dass auf dem Schlossareal die Möglichkeit einer gewinnbringenden Nutzung wegen rotgrüner Ideologie seit Jahren verhindert wird… wenn man einen rostigen Wohnwagen als Innovation sieht, verwundert einem der Zustand der Gemeindefinanzen nicht! M.S.

Zu vieles gleichzeitig vorgenommen und trotz Steuererhöhung grosses Defizit. Zu grosszügiges Planen?I.O.

Die Gemeinde soll mit den aktuell verfügbaren Mitteln auskommen und die Verwaltung optimieren. M.M.

Mein Grund für die Ablehnung ist die Tatsache, dass es unlogisch ist, wenn Köniz mehr und mehr wächst, wie es die SP gerne wünscht und auch immer wieder kommuniziert, und trotzdem immer weniger Geld vorhanden ist. Denn wenn ich das lese, habe ich das Gefühl, dass Wachstum alles ist, es aber keine Rolle spielt, wer nach Köniz kommt. Es wäre aus meiner Sicht sinnvoll, wenn die Attraktivität auch für Besserverdienende gesteigert wird und damit auch potenziell höhere Steuereinnahmen generiert werden können. Es kann nicht sein, dass Köniz nur wächst, indem minderbemittelte und sozial schwache Personen «angelockt» und damit die Einwohnerzahlen erhöht werden.
Es ist an der Zeit, dass die Politik erkennt, dass noch das Volk das Sagen hat und es noch nicht soweit wie in Deutschland ist, wo solche Aussagen, wie ich sie jetzt gemacht habe, nur das Gerede von einem rechten Pack ist. Abschlies­send würde ich gerne erfahren, wie die zukünftige Strategie aussieht, wie Köniz auch für Besserverdienende (und damit höhere Steuereinnahmen) ein interes­santer Wohnort werden könnte und mit welchen Massnahmen der ungebremste Einwohneranstieg gesteuert wird. Solange dies nicht transparent gemacht wird oder es keine sinnvollen Strategien gibt, werde ich jedes Mal die Erhöhung von Steuern ablehnen.R.D.

Zu viel ineffizientes Personal und Kosten (z.B. Pausen am Nachmittag usw.). Zu viel Exhibitionismus mit Kostenfolgen bei den Bauwerken. Schulsystem ist zu feudal (einige Schüler mehr pro Klasse war zu meiner Zeit «no problem»).O.B.

Ich sehe ausser den Schulhäusern keine sichtbaren oder nütz­lichen Investitionen. Das Tram nach Kleinwabern existiert noch immer nicht! Vor Jahren hat das Stimmvolk zu diesem Projekt Ja gesagt. Zuerst werden überdimensionierte Siedlungen gebaut und dann wird Jahre lang darüber diskutiert, wie diese mit dem öffentlichen Verkehr verbunden werden könnten. Auch punkto Verkehrswege (Strassen) ist nichts Nützliches investiert worden. Da wird eine Anklage vom VCS mit Hilfe der Gemeinde Köniz gegen das Bauhaus in Niederwangen wegen zu viel Individualverkehr und Umsatz eingereicht, was ja schliesslich mehr Steuereinnahmen generiert, und gleichzeitig baut man eine völlig überdimensionierte Siedlung im Ried. Mich würde es interessieren wie sie den Mehrverkehr, der von dieser Siedlung ausgehen wird, bewältigen wollen, das Zentrum von Köniz ist jetzt schon total vom Verkehr überlastet. Solange in Köniz das OEV-Angebot und die Verkehrswege nicht deutlich ausgebaut werden, werde ich keiner Steuererhöhung zustimmen.G.S.

Es wurde sehr viel sehr schnell gebaut in der Gemeinde. Dies hatte zur Folge, dass Mehrkosten entstanden sind, die man zuvor besser planen sollte. Zudem wurde in Köniz schon mind. 100x eine angefahrene Strassenlampe ersetzt, obwohl klar ist, dass diese unmöglich platziert wurde. Man macht 100x die gleichen Fehler. Das ist einfach nur fragwürdig.T.K.

Ich war für die Steuererhöhung, aber gegen das Sparprogramm. Ich weiss nicht, warum ich mehr bezahlen sollte, um weniger zu erhalten. Ich wünsche mir eine starke, progressive und soziale Gemeinde. Dazu müssen die Sparmassnamen aufhören, wir hatten schon viel zu viel davon. S.M.

A. Berlinger hat im Sommer gesagt, dass ein Schwimmbad keine Pflichtaufgabe einer Gemeinde sei. Ca. 3 Monate später darauf angesprochen, ruderte sie zurück und meinte, so wäre es nicht gemeint gewesen. Viele Sachen werden von der Gemeinde gemacht, die so gar nichts auf einer Prioritätenliste zu suchen haben, wenn man nicht das nötige Geld dafür hat. Liebefeld Park, Velo-Vergnügungs-«Spielplatz». Es gäbe da noch vieles aufzulisten.
Jeder Haushalt muss mit dem auskommen, was er im Portemonnaie hat. Mehr ausgeben als das, was drin ist, geht nicht. Das heisst für die Gemeinde: Steuern zu erhöhen für «nice to have», das ist ein «No-Go». Eine Ohrfeige für jeden Bürger, der bemüht ist, mit seinem Einkommen auszukommen. Die Gemeinde MUSS lernen, mit dem Geld so umzugehen, dass das Wichtige bezahlt werden kann. Ohne Ausbeutung der Bürger.
V.S.

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