Glück gehabt – vorerst

Glück gehabt – vorerst

Nächstes Jahr feiert die Gemeinde vermutlich ein trauriges Jubiläum. Zehn Jahre in Folge eine Rechnung mit einem Defizit. Das Jahr 2020 schnitt zwar etwas besser ab als budgetiert, aber dennoch mit einem Aufwandüberschuss von 1,27 Mio. Franken. Die Aussichten für dieses Jahr sind noch düsterer. Eine Steuererhöhung dürfte damit unumgänglich sein.

Der Gemeinderat ist dabei eine neue, angepasste Finanzstrategie zu erstellen. Daneben läuft bereits seit 2018 die Ausgabenüberprüfung mit Einsparungen in Millionenhöhe und die Digitalisierung soll Prozesse weiter verbessern. «Wir sind zu 90% fertig und werden bald darüber informieren», sagt Gemeindepräsidentin Annemarie Berlinger-Staub anlässlich einer Medienkonferenz. Sie liess aber in aller Deutlichkeit durchblicken, dass all diese Anstrengungen nicht genügen werden, um diese Defizitwelle abzuwenden. «Parlament und Bevölkerung werden sich in der Debatte ums Budget 2022 erneut mit der Frage einer Steuererhöhung auseinandersetzen müssen, sonst kommen wir nie aus dieser negativen Entwicklung heraus», resümiert sie.

Kanton wälzt ab
Ein gewichtiger Grund für diese Lage ist der sogenannte Transferaufwand. Gemeint sind damit die Kosten, die der Kanton einer Gemeinde auferlegt. In den vergangenen vier Jahren haben sich diese um fünf Mio. Franken erhöht, in den kommenden drei Jahren werden es weitere neun sein. Namentlich geht es um die steigenden Sozialkosten, die der Kanton auf die Gemeinden abwälzt, und die nach oben angepassten Lehrerlöhne. Ausgaben, die Köniz bei all seinen Bemühungen nicht verändern kann. In diesem Jahr konnte dieser Tendenz mit einer ausserordentlichen Einnahme entgegnet werden. Ende 2020 haben sich der Kanton und Köniz in einer strittigen Frage um die Abgeltung im Kinder- und Erwachsenenschutz geeinigt. Bern muss 2,66 Mio. Franken für die Jahre 2013 bis 2016 nachzahlen. Dies half massgeblich mit, dass statt des budgetierten Verlusts von 1,92 Mio. Franken lediglich 1,27 Mio. zu Buche schlagen.

Auswirkungen von Corona
Es ist der Pandemie geschuldet, dass kein besseres Resultat erzielt werden konnte. Mindereinnahmen und Mehrkosten verursachten 2,2 Mio. Franken. Laut Finanzverwalter Pascal Meuwly werden die Folgen von Corona das diesjährige Budget noch mehr belasten. Das Schlussresultat vermochten auch die leicht steigenden Steuereinnahmen nicht zu kompensieren. Während die Einnahmen durch juristische Personen sanken, stiegen diejenigen der natürlichen Personen. Insgesamt resultierte ein Plus von 0,8 Mio. Franken. «Seit Jahren nimmt die Bevölkerung zu, aber die Steuereinnahmen nicht. Das war so etwas wie das Rätsel von Köniz. Nun scheint diese Zunahme aber einzutreffen, so wie wir es erwartet haben», kommentiert die Präsidentin.

Schulden nehmen zu
Diese Lichtblicke vermochten das Jahr 2020 etwas abzufedern, für die Zukunft ist die Gemeinde aber nicht mehr gewappnet. 5 Mio. an liquiden Mitteln hat Köniz noch auf dem Konto. Budgetiert ist für dieses Jahr bereits ein Defizit von 8,5 Mio. Franken. «Es wird nichts mehr da sein, selbst wenn wir besser abschliessen als erwartet», mahnte die Finanzvorsteherin. Auch die Schulden nehmen zu und belaufen sich mittlerweile auf 339 Mio. Franken. Aus diesem Grund findet sie klare Worte trotz besserem Jahresabschluss: «Das Rechnungsergebnis 2020 bestätigt, dass Köniz strukturelle Finanzprobleme hat. Das Defizit lässt sich mit Kostenreduktionen allein nicht mehr auffangen.» Die Worte zielen auf eine Steuererhöhung ab. Ob befristet oder nicht, muss das Volk erst noch entscheiden, denn über das Instrument einer temporären Steuererhöhung soll am 13. Juni abgestimmt werden. Das hat noch nichts mit einer effektiven Erhöhung zu tun, sehr wohl aber mit einer neuen Möglichkeit und mehr Mitspracherecht für die Bevölkerung. Frühestens im Herbst dieses Jahres könnte eine Anpassung der Steuern vors Volk und per 2022 in Kraft treten. In etwa um einen Zehntel möchte die Gemeinde die Einnahmen nach oben korrigieren, bestätigt die Präsidentin gegenüber den Medien. Am 30. August berät das Parlament über das entsprechende Budget 2022.

Bis dahin wird der Gemeinderat seinen Finanzplan vorgestellt haben. Dass darin eine Steuererhöhung enthalten sein könnte, dürfte niemanden überraschen. Dennoch wird er vom Parlament mit Spannung erwartet und im Juni behandelt werden. «Es wird also bestimmt nicht die letzte Medienkonferenz zum Thema Könizer Finanzen gewesen sein», sagt Berlinger zum Abschluss. Für die Rechnung 2020 hat Köniz noch einmal etwas Glück gehabt, für die kommenden Jahre aber wird die Herausforderung um einiges schwieriger werden.
Sacha Jacqueroud

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