Warme Morgensonne, glitzernder Tau und ein klarer Himmel liegen über der Gemeinde Köniz, alles wirkt frisch und bereit für einen neuen Tag. Rita Haudenschild, abtretende Gemeinderätin, macht dem Wetter Konkurrenz an diesem Morgen – frisch und voller Energie lässt sie die letzten zwölf Jahre Revue passieren und sich in die Karten schauen, was künftige Aktivitäten angeht. «Der Prozess des Abgebens und des Abschieds ist schon passiert», erklärt sie sachlich. Schliesslich lässt die Amtszeitbeschränkung keinen Spielraum. «So konnte ich mir schon vor einem Jahr Gedanken machen, wie es weitergeht, und im Amt Sachen abschliessen, die mir wichtig sind», führt die grüne Politikerin weiter aus. Dennoch ist der Abschied aus dem Gemeinderat, in den sie während drei Legislaturen viel Energie investiert hat, einschneidend.
Grüne Themen
Viel ist geschehen, seit sich Haudenschild für die Politik entschieden hat. Als sie 1998 ins Gemeindeparlament gewählt wurde, steckte die Grüne Partei noch in den Kinderschuhen. Damals seien die beiden grünen Neulinge mit ihren Ideen als ein bisschen exotisch und als Vielredner und Vielrednerin wahrgenommen worden. «Gerade Naturschutz und Landschaftsschutz sind politisch nicht breit abgestützt», erklärt Haudenschild. So brauche es immer mehrere Anläufe, um diese urgrünen Themen in der Prioritätenliste der Politikerinnen und Politiker weiter nach vorne zu rücken. Diese Erfahrung musste sie auch in den folgenden Jahren im Grossen Rat des Kantons Bern und im Gemeinderat Köniz immer wieder machen. Trotzdem war die Entscheidung, im Gemeinderat anzupacken, goldrichtig für die Powerfrau. Das Exekutivamt sei das Ziel gewesen, mitreden und mitbestimmen an den Schaltstellen war ein grosser Wunsch.
Dank einer starken Familie im Rücken, die diesen Wunsch mittrug, war dieses Engagement dann auch möglich. «Ich hatte Glück, die Direktion zu bekommen, die mir am meisten am Herzen liegt», weiss die Powerfrau ihr Amt zu schätzen und ergänzt: «Weil mir diese Themen wichtig sind, haben wir viele Sachen in Angriff genommen.» Insbesondere Projekte wie die Gestaltung des Liebefeldparks mit seiner Zugänglichkeit und Offenheit, das Infozentrum Eichholz oder die Sanierung des Belagswerks im Wangental hallen positiv nach.
Wunschliste
Auf die Verleihung des Energiestadtlabels blickt die Politikerin mit gewissem Stolz. Solche Erfolgsmomente wünscht Rita Haudenschild auch ihrem Nachfolger. «Herzblut kann man nicht steuern, man hat es für diese Themen oder nicht – er hat es», ist sie überzeugt. Ein gutes Einvernehmen mit den neuen Kollegen und das Gefühl, gemeinsam am Karren zu ziehen, stehen ebenfalls auf der Wunschliste für die Nachfolge. Doch auch die persönliche Wunschliste der Berufsfrau ist gut gefüllt. Nachdem sie sich die letzten Jahre ganz der Politik verschrieben hat, geht es nun für die studierte Biologin zurück zu den Wurzeln. Zurück ins Verbandwesen, das sie aus ihrer Zeit beim VCS Umweltverband von Grund auf kennt. Bei der Schweizer Energiestiftung setzt sie sich auch künftig für die grünen Anliegen ein, ab Anfang Jahr beginnt sie mit ihrer Arbeit in Zürich. «Jetzt werde ich doch noch Pendlerin», lacht sie. Auch für die Stiftung Umweltschutz Schweiz, welche sich für die Pflege von historischen Alpenwegen einsetzt und freiwillige Bergeinsätze organisiert, engagiert sie sich weiterhin als Präsidentin. «Langweilig wird es nicht, da ich meine beiden Herzthemen weiterführen kann», strahlt Rita Haudenschild. Die Leidenschaft, mit welcher sie anpackt, ist deutlich zu spüren.
Bleibt bei so viel Begeisterung und Feuer für Berufliches noch etwas übrig für private Passionen? Und gibt es neben so vielen Engagements überhaupt Zeit dafür? Sehr viele Abende waren bis jetzt besetzt, das werde nun weniger, weiss Haudenschild. An Ideen, wie diese verdienten Zeitoasen besonders erholsam werden, mangelt es nicht: «Ich freue mich sehr darauf, wieder einmal ins Theater zu gehen oder an ein Jazzkonzert. Da gibt es jetzt klar mehr Luft.» Luft, die man ihr nach ihrem grossen Einsatz im Gemeinderat von Herzen gönnen mag.