Immer wieder gibt es Gastrobetriebe, die wegen mangelnder Rentabilität, fehlender Nachfolge oder auch infolge versäumter Instandhaltung dicht machen müssen. Beispiele gibt es zur Genüge. Umso erfreulicher ist es, wenn ein beliebter Treffpunkt wie das «Kafi Riggi» trotz Pächterwechsel nahtlos weiterbetrieben werden kann. Der Hauseigentümer, der neue Pächter mitsamt dem Personal seines Vorgängers und die vielen treuen Gäste freuen sich auf die Weiterführung des beliebten Restaurants.
Aber auch hier war die Suche nach einem geeigneten Nachfolger alles andere als einfach. Nachdem die Familie Beatrice und Rolf Baumann das «Kafi Riggi» 33 Jahre erfolgreich geführt haben, drängte sich ein Pächterwechsel auf. Für den Liegenschaftsbesitzer, der das Wohn- und Geschäftshaus vor 34 Jahren total umbaute, war die Suche nach einem Nachfolger alles andere als einfach. Das Führen eines Gastrobetriebes werde von den Leuten allgemein unterschätzt. «Seit Oktober letzten Jahres bis Ende März habe ich mich um einen geeigneten Nachfolger bemüht. Es ist sehr schwierig, jemanden zu finden», verdeutlicht der Liegenschaftsbesitzer Hans Peter Schmid.
Dürfen – nicht Müssen
Schliesslich hat sich Schmid für den ausgewiesenen Gastrofachmann Roger Marti aus Gerzensee entschieden. Nach der Kochlehre im damals legendären Bahnhofbuffet in Thun sammelte Marti in verschiedenen Betrieben weitere Erfahrungen. Beispielsweise führte er das Ausflugrestaurant auf der Heimwehfluh eine Saison lang. «Seit zwanzig Jahren bin ich in der Coop-Gastronomie tätig. Nach Interlaken durfte ich während zehn Jahren den Gastrobetrieb im Ryfflihof führen», so Roger Marti. Dieses Restaurant ist das grösste schweizweit von Coop. Somit sei Erfahrung vorhanden. «Aber jetzt als Selbstständiger mit eigenen Mitteln einen Betrieb auf eigene Verantwortung zu führen, ist eine spezielle und auch grosse Herausforderung. Es braucht Energie und Leidenschaft, aber auch Herzblut und Unternehmertum, um der grossen Präsenzzeit, die jetzt folgen wird, gewachsen zu sein», ist sich der neue Wirt bewusst.
Was auffällt: Für Marti war die Tätigkeit im Gastrobereich immer ein Dürfen. Er durfte das Restaurant auf der Heimwehfluh führen. Im Coop-Restaurant Ryfflihof durfte er für 45 Angestellte der Chef sein. Und nun darf er mit dem «Kafi Riggi» seinen eigenen Betrieb führen. Eine tolle Portion Wertschätzung, die er den jeweiligen Betrieben und auch seinen Mitarbeitenden entgegenbringt. «Ich freue mich riesig auf das Neue. Und ich bin mir sicher, dass ich von den Gästen und Angestellten viel Kraft zurückbekommen werde», illustriert Roger Marti. Im «Kafi Riggi» beschäftigte die Familie Baumann 23 grösstenteils Aushilfsangestellte. Diese werden vom neuen Pächter allesamt übernommen. Warum macht Roger Marti, trotz Kaderstellung beim Coop, nun den Schritt in die Selbstständigkeit? «Ich war jetzt 20 Jahre in diesem Grossunternehmen tätig und da sind die Leitplanken gesetzt. Darin kannst du dich bewegen, mehr nicht. Die Selbstständigkeit gibt mir die Möglichkeit, selber zu entscheiden und eigene Ideen umzusetzen», bekräftigt der 51-Jährige. Dann spiele auch sein Alter eine Rolle. Zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas Neues anzufangen, liege alleweil noch drin. In fünf Jahren sei es dann möglicherweise zu spät. Die Ehefrau von Roger Marti führt in Gerzensee ein eigenes Kosmetikstudio. Darum wird sie ihrem Mann im Restaurant nicht mithelfen. Doch sei er sich sicher, mit seiner Frau eine gute und sichere Stütze im Hintergrund zu haben.
Hauseigene Konditorei bleibt
Am bisherigen Konzept des «Kafi Riggi» will Roger Marti mit seinem Team festhalten. Der Charme, den das Restaurant ausstrahlt, soll so bleiben. Auch die traditionelle Küche wird fortbestehen. Auf saisonale Produkte, bezogen aus den Dorfgeschäften und von regionalen Produzenten, will Marti Wert legen. Auch werden die Gäste mit Wein aus der Bielersee-Region verwöhnt. «Über den Mittag werden wir drei Menüs zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis anbieten. Unser Angebot aus der Küche wird jedoch klein gehalten. Umso mehr ist es mir wichtig, mit frischen Produkten zu arbeiten», erklärt Marti. Mittwoch, Donnerstag und Freitag, wenn das Restaurant auch abends geöffnet ist, stehen hausgemachte Pizzas im Angebot. Auch bleibt die hauseigene Konditorei mit Verkaufsladen, wie gewohnt, weiter bestehen. Ruhetag bleibt der Dienstag. Dieser nahtlose Weiterbetrieb des «Kafi Riggi» ist für alle Beteiligten und Gäste ein Glücksfall, der so nicht überall anzutreffen ist.