«Es ist ein Amt, dessen Verwaltungseinheit vom Kanton Bern vorgegeben ist. Die Führung dieses Amtes ist jedoch das Entscheidende», sagt die 51-Jährige. Als Regierungsstatthalterin erteilt sie beispielsweise Baubewilligungen ausserhalb der gemeindeeigenen Kompetenzen, muss Beschwerden von oder gegen Gemeinden prüfen, koordiniert in Katastrophensituationen oder beaufsichtigt die Verwaltung, Polizei, Feuerwehr, Gemeinden, Burger- und Kirchgemeinden. Wie genau führt sie nun diese Aufgaben aus?
Vermitteln
«Zuerst einmal möchte ich unterstreichen, dass mein Vorgänger Christoph Lerch hervorragende Arbeit geleistet hat. Diesen Kurs gilt es beizubehalten», lobt die Anwältin. «Einfluss nehmen möchte ich vor allen Dingen gestalterisch, auch weil ich der Ansicht bin, dass mir das liegt», antwortet sie. Es ist die Art wie sie antwortet, ihr Naturell, das keinen Zweifel an diesen Worten aufkommen lässt. Sie antwortet schnell, weil sie die Hintergründe bereits kennt, sie spricht offene Punkt direkt an, um zur Sache zu kommen und respektiert das Gegenüber, weil sie jederzeit innehalten kann, um zuzuhören. «Das Vermittelnde und sich für etwas einsetzen können, das motiviert mich», verdeutlicht sie.
Verbinden
Damit sie gerüstet ist für diese Aufgabe, hat sie zuletzt eine zweijährige Zusatzausbildung in Mediation absolviert. Es ist das letzte Puzzlestück eines langen und vielteiligen Ausbildungsweges. Von der Hotelfachassistentin in Genf, über das Jurastudium an der Universität Zürich und in British Columbia, Kanada zu den beruflichen Erfahrungen als Gerichtsschreiberin, Anwältin, Rechtsberaterin, stellvertretende Ratssekretärin in Bern bis zur Projektleitung im Staatssekretariat für Migration (SEM). Es scheint, als hätte sie von langer Hand auf dieses Amt hingearbeitet.
Vernetzen
Weshalb hat sie denn ihre vielversprechende Karriere verlassen, um für das Regierungsstatthalteramt zu kandidieren? Die Antwort deckt eine weitere Eigenschaft der zielstrebigen Frau auf: «Als Anwältin ist man eine Kämpferin, um nicht zu sagen manchmal gar eine Einzelkämpferin. Ich selbst brauche aber den sozialen Austausch, das hat mir in meiner bisherigen Tätigkeit manchmal ein wenig gefehlt.» Nun darf sie auf ein schlagkräftiges Team mit fachlicher Kompetenz zählen. Das ist die eine Seite. Sie freut sich aber mindestens genauso auf die Kommunikation mit den Menschen draussen im ganzen Gebiet. «Zuoberst auf meiner Liste ist zu Beginn, dass ich mich bei den Gemeinden vorstellen gehe, die Menschen kennenlerne und signalisiere, dass ich Hand biete und eine Ansprechperson bin», weiss sie schon heute. Einen gewissen Sympathiebonus dürfte ganz nebenbei ihr Dialekt bringen. Es ist selbst nach vielen Jahren im Raum Bern unüberhörbar: Ladina Kirchen ist eine Bünderin.
Angekommen
Das dürfte insbesondere auf dem Land zumindest kein Nachteil sein. Sie ist nicht die vermeintlich rein städtische SP-Frau, sondern genauso eine vom Land. «Ich will niederschwellige Strukturen, damit ein Austausch und gegenseitiges Verständnis möglich sind», meint sie. So spricht eine motivierte zukünftige Regierungsstatthalterin, die sich lange und minutiös auf das Amt vorbereitet hat. «Wähle einen Beruf, den du liebst, und du musst keinen Tag in deinem Leben mehr arbeiten», sagte einst Konfuzius. Ladina Kirchen hat genau das getan. «Die Vielseitigkeit des Amtes, die vielen sozialen Interaktionen, Ansprechperson sein, Hilfestellungen bieten, das alles reizt und fasziniert mich daran», fasst sie zusammen. Die Worte sind noch nicht ganz verklungen, ergänzt sie: «Es fühlt sich an, wie wenn ich jetzt angekommen bin.»