Fast sein ganzes Leben hat Ueli Studer der Politik gewidmet. Von 1994 bis 2004 war er im Könizer Parlament, danach 14 Jahre in der Exekutive. Parteipolitisch war er bereits vorher im Vorstand aktiv. Im Jahr 2000 liess sich der Oberscherler für die Wahlen in den Gemeinderat aufstellen und erzielte auf Anhieb das zweitbeste Resultat. «Da mein Vorgänger während der Legislatur zurückgetreten ist, bin ich nachgerutscht. Zuerst musste ich mir Gedanken machen, ob ich diese Veränderung wirklich will. Ich hatte 23 Jahre ein eigenes Malergeschäft, das ich dafür aufgeben musste», erzählte Studer.
Der abtretende Gemeindepräsident ist verheiratet und hat zwei Töchter, die ihn inzwischen zum Grossvater gemacht haben. Der Wechsel in die Politik und damit in den Fokus der Öffentlichkeit war eine Entscheidung, die auch die Familie betraf. Von dieser genoss Studer grosse Unterstützung, vor allem von seiner Frau, die den Entscheid mit ihm zusammen getroffen und diesen auch immer mitgetragen hat.
Am 1. Oktober 2003 trat er das Amt im Gemeinderat an: «Ich wusste nicht, wie lange es dauern würde. Zehn oder zwölf Jahre? Am Ende wurden es 14. Wenn ich zurückblicke, bin ich rundum zufrieden.» Aber es war auch nicht immer einfach, vor drei Jahren hatte Studer gesundheitliche Probleme und musste sich einer Hirnoperation unterziehen, die ihn stark beeinträchtigte. Er stellte sich damals die Frage, ob das die Anzeichen einer Überbelastung waren.
Wahl als Chance
Für den heute 64-jährigen stellte die Wahl zum Gemeindepräsidenten einen weiteren Karrieresprung dar, den er als Chance sah: «Ich wusste um meinen Bekanntheitsgrad und spürte die Gelegenheit, das Präsidium für die bürgerlichen Parteien erobern zu können.»
Alleine kann man nichts steuern. Es braucht den Gemeinderat und das Parlament. Zu dem Zeitpunkt war bekannt, dass die Gemeinde Köniz finanziell nicht auf Rosen gebettet ist und grosse Investitionen anstehen würden: «Ich wollte die Schulden nicht weiter ansteigen lassen, weil die kommende Generation dies ausbaden müsste. Das ist mir leider nicht ganz gelungen, aber ich sehe es auch nicht als ein Versagen. Wenn die Bevölkerung wächst, dann muss man investieren. Als Repräsentant der Gemeinde habe ich meine Aufgaben immer mit grosser Freude erledigt.»
Stolz macht ihn auch, dass Köniz positiv wahrgenommen wird und die Bürger und Bürgerinnen gerne hier wohnen. Es sei völlig natürlich, dass nicht jeder zufrieden sei, aber die Mehrheit schätze Köniz: Als gut funktionierende Familiengemeinde mit Vorbildfunktion, sei es in der Schule, der Integration, der Berufsbildung aber auch bei der Ökologie. Es gäbe ein gutes Gemisch von Wohn- und Arbeitsraum und die bürgernahe Verwaltung sei auf einem modernen Stand.
Neuer Lebensabschnitt
Wenn ein Bürger zum Gemeindepräsidenten kommt, gibt es oft eine Hemmschwelle. Studer versuchte, diese möglichst tief zu halten, da er keine abgehobene Person ist: «Besonders als Sozialvorsteher hatte ich berührende Kontakte, die mir nahe gingen. Im Vormundschaftswesen beispielsweise, bei Fremdplatzierungen von Kindern. Oder wenn jemand in existentieller Not sein Land verkaufen musste. Aber da muss man sich abgrenzen können.» In Zukunft wird er solche Situationen nicht mehr haben und weniger im Mittelpunkt stehen: «Ich freue mich extrem auf die Zukunft. Darauf mehr Freizeit zu haben und Verantwortung abgeben zu können. Wobei ich weiss, dass das nicht ganz einfach wird und ich es erst wieder lernen muss. Ich werde es geniessen, mehr Zeit mit meiner Frau verbringen zu können und ich freue mich auf meine Kinder und Enkelkinder.» Zu den weiteren positiven Aspekten seines neuen Lebens zählt, dass Studer wieder mehr Zeit haben wird, um Freundschaften zu pflegen und neue Diskussionsthemen zu finden. Er möchte auch gerne mehr reisen.
Wie erlebt Ueli Studer die letzten Tage im Amt? «Ich habe mich nicht speziell auf meine Pensionierung vorbereitet. Ich versuche jede Situation bewusst ein letztes Mal zu erleben und mich so zu verabschieden. Im Grossen und Ganzen durfte ich viel Schönes erfahren und habe auch das Gefühl, dass ich viel bewegen konnte. Ich bin rundum zufrieden und fühle mich völlig aufgeräumt», schliesst Studer. Wenn man das am Ende eines langen Berufsleben sagen kann, dann ist das doch etwas Schönes.