Dank genügend Abstand und den beiden COVID-19-Impfungen, die Frau Friedli bereits verabreicht wurden, durfte sie ihren Geburtstag mit ihren Angehörigen bei einem Mittagessen feiern. Begeistert erzählt sie, dass in der Logis plus AG in Köniz, eine Einrichtung für Seniorinnen und Senioren und Zuhause von Friedli, für sie musiziert wurde. «Da gab es und Bassgeige und alle Bewohnerinnen und Bewohner konnten mithören, das war sehr schön», berichtet sie zufrieden.
Die Jubilarin wohnt erst seit dem Februar im Altersheim, zuvor war sie dreizehn Jahre alleine in einer 2,5-Zimmer-Wohnung, ebenfalls in Köniz, sesshaft. Hier gefalle es ihr, auch wenn das Aufgeben des Alleinewohnens nach so vielen Jahren eine Umstellung darstellte.
Eine lange Zeit
Köniz ist die Gemeinde, in der Friedli mit Abstand am längsten gelebt hat; seit 73 Jahren. Ursprünglich aus Zürich, verschlug es sie dank ihres Berner Ehemanns ins Liebefeld. Sie zogen ein paar Mal um, blieben jedoch immer innerhalb der Gemeinde. Bis heute habe sie Kontakt mit Leuten aus dem Quartier, in dem sie sich stets gut verstanden und sich gut aufgehoben gefühlt habe. Auch an den Strassenfesten war sie bis vor Ausbruch der Pandemie noch anzutreffen.
Als sie von ihrem Mann spricht, wirkt sie nachdenklich und stolz zugleich. Ersteres, weil er zwei Monate vor seiner Pension verstarb und sie seit damals alleine zurechtkommen musste. Letzteres, da sie sich sicher ist: «Ich hätte wirklich keinen anderen Mann heiraten wollen.»
Die Jubilarin ist dreifache Mutter, ein Sohn ist leider bereits verstorben. Ausserdem hat sie sechs Enkelkinder und ist bereits zwölffache Urgrossmutter. «Ich habe ein gutes Verhältnis zur Familie und erhalte mehrere Male pro Woche Besuch», erzählt die Jubilarin.
Alleine nach Lugano
Was fit hält
Es liegt natürlich die Frage in der Luft, was das Erfolgsrezept für ein so hohes Alter ist. Ihre Gene seien wahrscheinlich etwas speziell, da schon ihre Mutter über 104 Jahre alt wurde, stellt die Seniorin fest. Ausserdem hat sie ihr stolzes Alter wohl auch ihrer Gesundheit zu verdanken, die in Anbetracht der Jahre «soweit gut» sei und sie nicht klagen könne. Bedenkt man ausserdem, dass Friedli bis letztes Jahr noch im Turnverein war und regelmässig an Jassrunden teilnahm, bis vor sechs Monaten mit ihrem GA (Generalabonnement) alleine durch die ganze Schweiz, – teilweise bis nach Lugano – reiste und noch immer jeden Tag die Tageszeitung liest, scheint die Antwort für ein solches Erfolgsrezept klar.
Politisch interessiert
Auch wenn hier und da die Erinnerung an frühere Zeiten bereits etwas verschwommen scheint, antwortet Friedli auf die Frage, ob sie 1971 als das Frauenstimmrecht eingeführt wurde auch zur Urne ging, sehr schnell und bestimmt: «Ja! Natürlich, da war ich immer mit meinem Mann.» Und fast per Zufall kommt ein Detail raus, das so erstaunlich wie auch bewundernswert ist: Die 100-Jährige stimmt auch bis heute immer noch ab.
Ihre Träume seien, dass sie «noch ein bisschen auf dieser Erde bleiben» dürfe, sie aber «kurz und bündig» gehen könne, wenn es dann nicht mehr gehe. Dann zieht Frau Friedli ihre Schultern hoch, lächelt und sagt (bescheiden): «Aber , man muss zufrieden sein.» Oder in anderen Worten: um froh zu sein, bedarf es wenig und wem das gelingt, der ist zwar kein König, erhöht aber seine Chance auf ein langes und erfülltes Leben.
Nadia Berger