«Das ist kein überraschendes Resultat. Es gibt höhere Aufwände, steigende kantonale Lastenausgleichszahlungen und die Ausgaben für das Schloss Köniz. Auf der anderen Seite fehlt der Finanzertrag aus Arealentwicklungen, deshalb können die Ausgaben nicht vollumfänglich aufgefangen werden», analysiert Brigitte Rohrbach (SP), Präsidentin der Finanzkommission. Rückblende: In den vergangenen Jahren haben sich die Zahlen stets gut präsentiert, weil weniger investiert werden konnte als eigentlich geplant und weil verschiedene Einmaleffekte zu Buche geschlagen haben. Investitionsstau ist aber kein guter Ratgeber, um ein besseres Budget zu realisieren. Da herrscht parteiübergreifende Einigkeit.
Welche Betrachtung?
Unterschiedlich lauten die Parolen im Zusammenhang mit den steigenden Ausgaben in der Gemeinde. Während die linke Ratshälfte die steigenden Steuereinnahmen als Ausgleich sieht und weniger besorgt ist, klingt es Mitte-Rechts ganz anders. «Wir haben kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Weil unser Selbstfinanzierungsgrad so tief ist, werden wir uns zwangsläufig weiter verschulden. Wir lösen unsere Probleme über das süsse Gift der Verschuldung», hallen die Worte von Matthias Müller (EVP) durch den Rossstall. Es ist der versteckte Ruf nach einer Schuldenbremse, damit die dünne Kapitaldecke nicht gänzlich abhanden kommt. Deutlich entspannter klingt es bei David Müller (Grüne): «Ein Defizit ist nicht, was wir uns wünschen, aber mit Blick auf die Folgejahre vertretbar. Eine Schuldenbremse würde zu einem Ausgabenstopp führen, was kommende Generationen wiederum büssen müssen.» Betrachtet man das Jahr 2026 losgelöst, trifft das budgetierte Defizit von 7,7 Mio. Franken hart in die Magengegend der wiedererstarkten Könizer Finanzen. Doch schiebt man das Budgetdossier beiseite und nimmt den Integrierten Aufgaben- und Finanzplan (IAFP) zu Hilfe, dann verändert sich die Sichtweise. «Wichtig ist eine Zahl: Ende 2029 wird der Bilanzüberschuss auf über 27 Mio. Franken ansteigen. Vor vier Jahren sah das ganz anders aus. Trotz grossen Herausforderungen gelingt uns das», äussert sich Gemeindepräsidentin Tanja Bauer (SP).
Noch mehr beim Mehr
Ein Problem ist jedoch in beiden Dossiers offensichtlich: die Ausgaben steigen schnell und stark an. «Die Kosten nehmen überproportional zu. Auch beim Personalaufwand. Dieses Tempo können wir uns nicht mehr leisten, da muss man reagieren», ermahnt Dominic Amacher (FDP). Bei den Personalkosten sieht der Gemeinderat zudem einen Teuerungsausgleich von 1,5 % vor. «Wir müssen einen Rückstand aufholen», begründet Bauer die Zahl. Dennoch löst dieser Punkt eine Kontroverse und mehrere Anträge aus. «Die Personalkosten wachsen unverhältnismässig», warnt Florian Moser (SVP). Gänzlich anders klingt es bei der SP. «Am Bildungskonzept wird deutlich, dass man nicht beim Personal sparen sollte», mahnt Géraldine Mercedes Boesch (SP). Beim Teuerungsausgleich einigten sich die SVP und die Mitte-Fraktion auf 1 % statt der geforderten 1,5 %. Eine Anpassung, die mit 20 zu 16 Stimmen eine Mehrheit findet.
Bergschuhe statt Wanderschuhe
Beide Dossiers, das Budget 2026 sowie der integrierte Aufgaben- und Finanzplan, gestatten den Räten eine realitätsnahe Betrachtung. Eine Basis, um Probleme zu erkennen und anzupacken, lobt das Parlament den Gemeinderat. Als problematisch streichen die Mitglieder den Investitionsstau, das Ausgabenwachstum und die Neuverschuldung heraus. Deshalb mahnt Fabienne Marti (GLP): «Verschuldung erzeugt Zinsen und das ist gefährlich. So gelangen wir zum Elefanten im Raum: Was ist unsere langfristige Strategie? Die Finanzstrategie ist weder bindend noch ambitioniert. Deshalb müssen wir über eine Schuldenbremse reden, nicht als Sparpolitik, sondern als Stabilisierung und Schutz vor Krisen.» Doch aus Sicht von Tanja Bauer soll eben gerade der IAFP eine Schuldenbremse unnötig machen. «Die grösste Herausforderung sind die Investitionen. Sie wurden in der Vergangenheit so lange aufgeschoben, dass wir nun mehrere gleichzeitig realisieren müssen. Im IAFP und der Finanzstrategie zeigen wir auf, wie wir das Problem abtragen können. So haben wir eine realistische Chance, die Verschuldung runterzubringen.» Nur, um das zu erreichen müssen Gemeinderat und Parlament die Wanderschuhe mit Bergschuhen ersetzen. Nur so können sie die schroffen Felsformationen beim Aufstieg schadlos bewältigen.
Einfach ist anders. Unmöglich ist es aber auch nicht. Köniz hat gerade dank seiner kompromissbereiten Räte in den vergangenen Jahren aufgezeigt, wie man schwierige Situationen gemeinsam meistern kann. Der Weg stimmt, nur welches Schuhwerk nun benötigt wird, ist noch offen. Braucht es die Steigeisen der Schuldenbremse oder genügen die Outdoorschuhe der Finanzstrategie? Eine Frage, die auch das Volk noch beschäftigen wird. Doch bis dahin herrscht Einigkeit darüber, dass man ein Budget verabschieden muss, wenngleich 7,7 Mio. Franken Defizit niemanden entzücken. Klar ist ferner, dass man den Investitionsstau gemeinsam abtragen will und genauso erfreulich ist der Umstand, dass die Steuereinnahmen steigen und die Prognose der nächsten Jahre besser aussieht als das Einzeljahr 2026. Mehr Ausgaben, mehr Investitionen und bald kein Geld mehr? Doch. Weil es eben noch ein Mehr gibt: Mehr Steuereinnahmen und zwar, ohne dass die Steuern demnächst wieder angehoben werden müssten.


