Kein plötzlicher Schritt, kein überstürzter Entscheid, keine Hauruckübung – die Übergabe des Präsidiums der KMU Köniz verlief genauso, wie es sich jeder Verein wünscht: überlegt, geplant, gut abgesprochen. Attribute, die auch gut zu Judith Ackermann passen könnten. Wirbel um ihre Arbeit oder die Übergabe liegen ihr nicht. Es sei klar gewesen, dass der Vizepräsident Beat Haari übernehmen würde, erzählt Judith Ackermann, sie beide hätten oft darüber diskutiert. Der genaue Zeitpunkt des Wechsels wurde aber immer wieder verschoben, immer kam dieses oder jenes dazwischen – mal die GEWA, mal das Mitwirkungsverfahren der Ortsplanungsrevision oder die Einsprache gegen das Verkehrs- und Parkplatzkonzept der Überbauung «Rappentöri». Besonders schätzen gelernt hat Ackermann die direkten und persönlichen Kontakte zu den Menschen, die sie über so lange Zeit in ihrem Amt begleitet haben. Dass ihr nun von genau diesen Menschen die Ehrenmitgliedschaft verliehen wurde, spiegelt die gegenseitige Achtung und Wertschätzung wider. «Das war überraschend und hat mich sehr gefreut», lächelt Ackermann.
Herausfordernde Zeiten
In der über hundertjährigen Geschichte der KMU Köniz hatte Judith Ackermann als erste Frau überhaupt das Amt der Präsidentin inne. Was im aktuellen Diskurs um Frauenquoten und Gleichstellungsfragen Beachtung finden könnte, ist für Ackermann keine grosse Sache. «Für mich ist es selbstverständlich, dass Männer und Frauen den gleichen Job übernehmen können», so ihre Überzeugung. Nicht nur der Frauenanteil hat sich in all den Jahren verändert, auch sonst wandelt sich das Gesicht eines KMU stetig – wer überleben will, braucht Impulse, neue Ideen und darf nicht stehen bleiben.
Ackermann weiss, wovon sie spricht: «Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0 sind Themen, an denen kein Betrieb vorbeikommt.» Immer wichtiger werden da die Zusammenarbeit und die Vernetzung der Betriebe untereinander. Die vom Verein organisierten Feierabendrunden bieten hierfür Gelegenheit. Es sei, meint Ackermann, eine gute Mischung aus lockerem Austausch und neuen Inputs.
Gute politische Zusammenarbeit
Gemäss dem KMU-Portal Schweiz beschäftigen 99% aller Unternehmen in der Schweiz weniger als 250 Angestellte und zählen entsprechend als kleine oder mittlere Unternehmen. «In Köniz sind das rund 2000 Betriebe, 22’000 Arbeitsplätze inklusive Lehrlinge», überschlägt Ackermann: «Die Verantwortung, die die KMU für die wirtschaftliche Grundlage der Gemeinde übernehmen, ist gross.» Man ist also aufeinander angewiesen, gerade auch was die politische Ebene angeht. Der Verein KMU Köniz fungiert als Sprachrohr für die Unternehmerseite und bringt Anliegen vor, wie etwa den Wunsch nach ausreichend Parkplätzen. «Wichtig ist der direkte Kontakt zu den politischen Behörden», bekräftigt Ackermann, «die Rahmenbedingungen müssen stimmen.»
Auf dieses gute Einvernehmen hat sie in ihrer Amtszeit grossen Wert gelegt. Klar bestehe immer ein gewisses Optimierungspotenzial, doch über all die Jahre gesehen konnte die scheidende Präsidentin partnerschaftliche Diskussionen führen und eine stabile Zusammenarbeit pflegen. «Ich schätze es sehr, wenn Betriebe auch von der Gemeinde selbst Aufträge erhalten», betont sie, «mit unseren KMU kann man fast alles abdecken, die Bandbreite an Branchen ist gross.»
Mit Wertschätzung und Respekt
Nach sechs Jahren als Präsidentin zieht Ackermann eine positive Bilanz. Immer wieder ist es ihr gelungen, sowohl für politische Vertreter wie auch unter den Betrieben selbst einen Rahmen zu schaffen, in dem Beziehungen möglich sind, die auf Wertschätzung und Respekt basieren. Ein direktes Gegenüber als Gesprächspartner statt Anonymität. Das war auch an den Gewerbeausstellungen spürbar. «Es hat mich besonders gefreut, dass Mitbewerber sich an der GEWA zusammengeschlossen haben und gemeinsam aufgetreten sind», erinnert sich Ackermann. Ihrem Nachfolger Beat Haari wünscht sie, dass er weiterhin diesen Rahmen zur Verfügung stellen kann und dass wichtige Themen, die die Betriebe betreffen und bewegen, weiterhin behandelt und aufgegriffen werden. «Ich bin sehr froh, wenn die Könizer KMU erfolgreich sind und damit Arbeits- und Lehrplätze erhalten und neue geschaffen werden… Und ich wünsche mir, dass sie für ihr grosses Engagement von den politischen Behörden Anerkennung und Unterstützung erhalten», resümiert Ackermann.
Judith Ackermann hat ihr Amt mit sehr viel Herzblut und grossem Interesse ausgeübt, das ist in jeder Silbe spürbar. Zurücklehnen wird sie sich auch künftig nicht. «Es ist nicht so, dass ich nun leere Zeit füllen müsste», schmunzelt sie und gibt Einblick in ihre diversen Ämter. Ein bisschen mehr Spontanität wird sie sich aber dank wegfallender Sitzungen erlauben können. Grössere Sprünge sind auch gar nicht nötig: «Ich habe nichts aufgeschoben», stellt sie fest. Eine Haltung, die auf Judith Ackermann und ihr Wirken einwandfrei zu passen scheint.