Beim Mittagstisch dreht sich vieles ums Essen, aber nicht nur: Es geht auch um den Erwerb sozialer Kompetenzen und die Werthaltung zur Mahlzeit, wie ein Blick hinter die Kulissen des Mittags-
tisches im Chalet Bernau zeigt.
11.50 Uhr. Die ersten Kinder sind im Dachstock des Chalet Bernau eingetroffen. Sie begrüssen Köchin Vreni Mattli und melden sich bei der Tagesverantwortlichen Susanne Bornhauser an. Ein Blick in die offene Küche auf dem Weg zum Händewaschen ist für die Kinder schon Routine. Auf den Tischen stehen Teller mit Fruchtschnitzen bereit. «Das ist der Apéro für die Kinder», sagt Vreni Mattli schmunzelnd. Zwei Schülerinnen sind am «Nidle-Schwingen» und haben sichtlich Spass daran. Mit Eifer bereitet Paul unter Anleitung von Vreni Mattli die Salatsauce zu, derweil Drittklässlerin Louise das Dessert auf die Menütafel schreibt, «Apfelschnitze mit Rahm». Die Tische sind mit unterschiedlich farbigen Plastiktischtüchern gedeckt. An jedem Tisch ist eine Betreuungsperson bei den Kindern. Zwischen Mittagessen und Dessert gibt es eine Pause, in der die Kinder lesen oder im Park Bernau spielen können.
Der Mittagstisch Wabern geht auf private Initiative einiger Waberer Mütter zurück. Im Herbst 1991 führten sie in der Villa Bernau den «Schüeler Zmittag» ein. «Seit Sommer 2003 gibt es die Tagesschule Wabern. Einige Frauen der ersten Stunde sind noch heute dabei, so auch Vreni Mattli und Claudia Zurbuchen», erläutert Tagesschulleiter Markus Wiesmann.
An drei Standorten
Die Tagesschule Wabern bietet den Mittagstisch an drei verschiedenen Orten an. Im Chalet Bernau, wo vor allem die Kleineren untergebracht sind, wird jeden Tag gekocht. Am Montag, Dienstag und Donnerstag essen die Grösseren in der Aula des Schulhauses Morillon. Grösste Nachfrage am Mittagstisch ist am Dienstag und Donnerstag, wo zwischen 135 und 155 Kinder und Jugendliche verpflegt werden. Deshalb wurde im letzten Herbst an diesen beiden Tagen im Kulturlokal Heitere Fahne ein dritter Standort eröffnet.
Vorteil vom selber Kochen
Der Waberer Mittagstisch ist der einzige in der Gemeinde, bei welchem die Menüs noch selber zubereitet werden. Dies gilt für das Chalet Bernau und die Heitere Fahne. Ausnahme bildet das Schulhaus Morillon, dort wird – in Ermangelung einer Küche – das Essen von der nahegelegenen Stiftung Bächtelen warm angeliefert – das Meiste aus dem eigenen biologischen Landwirtschaftsbetrieb. «Wenn schon Catering, dann von so einem Betrieb», sagt Markus Wiesmann.
Selbst zubereitetes Essen bietet gegenüber dem Catering Vorteile: ökologische, ökonomische und pädagogische. Das fängt mit dem Einkauf über die Strasse an. «Mit selbst zubereitetem Essen können wir die Menge spontan anpassen und verhindern so ‹Food Waste›. Allfällige Reste verteilen wir im Team. Das Wichtigste: Selbst Gekochtes hat einen grossen pädagogischen Wert: Es entsteht ein Köchin/Kinder-Dialog. Wir sehen, welches Essen den Kindern schmeckt, was nicht, die Kinder sehen, dass die Zubereitung von frischen Mahlzeiten mit Zeitaufwand verbunden ist. Das gibt ihnen eine andere Werthaltung zur Mahlzeit», erläutert Claudia Zurbuchen. Und Vreni Mattli fügt hinzu: «In kleinen Sequenzen vermitteln wir den Kindern und Schülern auch Informationen zu den gekochten Lebensmitteln. Wir kochen auch mal zu bestimmten Themen. So gab es eine vegetarische Woche oder eine Schweizer Reise. Als Nächstes planen wir ‹Kulturtage›, an welchen wir Menüs aus den Herkunftsländern unserer Tagesschulkinder kochen möchten.»
«Eine Herausforderung, die auf die Gemeinde zukommt, sind die zu erwartenden höheren Schülerzahlen, bedingt durch die rege Bautätigkeit in Wabern, insbesondere des Bächtelenparks», schliesst Markus Wiesmann seine Ausführungen.
Es ist Zeit für das Dessert. Die fünfjährige Maé ergreift die Glocke, geht auf die Treppenplattform nach draussen und lässt die Glocke laut erklingen. Für die Kinder untrügliches Signal zum letzten und begehrtesten Teil des Mittagstisches.


