Die Studentinnen sitzen im Restaurant «St. Martin» an der Sonne und reden über die Gemeinderatswahlen – für die beide kandidiert haben – und über ihre Zukunftspläne. Dabei wirken sie ausgelassen, vielleicht wegen dem schönen Wetter, vielleicht aber auch, weil beide gerade die Prüfungen für dieses Semester beendet haben. Laura Rappo steht kurz vor dem Abschluss ihres BWL-Bachelors, Marina Radulovic befindet sich mitten im Studium der biomedizinischen Analytik.
Bereits kandidiert
Was die beiden verbindet, ist ihre Begeisterung für die Politik. «Im Gymer haben mich die Geschichtslektionen immer besonders interessiert, dort wurde meine Neugier für politische Themen geweckt», stellt Radulovic fest. Rappo teilt diese Freude: «Wahrscheinlich liegt es bei mir in der Familie. Meine Eltern sind beide ebenfalls politisch aktiv», erklärt sie.
Beide Frauen haben ihre Interessen in die Tat umgesetzt und bei den letzten Gemeinderatswahlen kandidiert, Radulovic bei der SP, Rappo parteilos. Der Sprung in die Exekutive gelang noch nicht. Momentan sei ihre Meinung je nach Thema anders, weshalb sie sich noch nicht für eine Partei entschieden habe, bemerkt Rappo. Radulovic wurde vor einem Jahr von der SP Alterswil für eine Kandidatur angefragt. «Da kann man fast nicht ‹nein› sagen», lacht sie. Die Alterswilerin erhielt bei den Wahlen von verschiedenen Kommissionen die Einladung, mitzuwirken, was sie vorerst aber noch ablehnte: «Mit dem Studium war mir das dann zu viel, da die Kandidatur viel Zeit in Anspruch nimmt.» Ausserdem war sie diesen Frühling bei der Social Media AG der SP Sense aktiv, wo sie wertvolle Erfahrungen sammeln konnte. Auch Rappo, die bereits in der Sportkommission tätig ist, nahm die Zeit vor den Wahlen als besonders intensiv wahr. «Wir brauchten Wahltexte und hatten Fototermine, das war zusammen mit dem Studium schon viel Aufwand», blickt sie zurück. Einer, der sich offenbar gelohnt hat; denn die beiden wirken zufrieden m Hinblick auf ihre erste Kandidatur.
Bis heute eine Männerdomäne
Doch wofür wollen sich junge Menschen von heute einsetzen? Darauf hat Radulovic schnell eine Antwort: «Ich würde gerne den Ausbau von Velowegen und den ÖV fördern, vor allem hier in der Nähe.» Aus gutem Grund, denn ihr Wohnort Alterswil liegt fünf Minuten von Tafers entfernt, ist mit dem Bus aber nur einmal in der Stunde erreichbar. Ebenfalls habe für sie die Nachhaltigkeit und das Zusammenwachsen der drei fusionierten Gemeinden St. Antoni, Alterswil und Tafers einen hohen Stellenwert. Rappo hat ähnliche Anliegen: «Lokal gesehen ist mir die Förderung des Gewerbes, der Kultur und Infrastruktur sowie des öffentlichen Verkehrs besonders wichtig. Auch die Kinderbetreuung, also die verbesserte Möglichkeit, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen, ist ein zentraler Punkt», erläutert die 23-Jährige. National und global gesehen würde sie das bereits Vorhandene gerne beibehalten und fördern. Unter anderem die Presse- und Meinungsfreiheit: «Der ausgewogene Journalismus sowie die Möglichkeiten an der politischen Partizipation sind von Bedeutung», fügt sie an und wird durch Radulovic ergänzt: «Genau, wenn wir schon die Möglichkeiten haben, unsere Meinung zu sagen und einfliessen zu lassen, dann sollte das genutzt werden, beispielsweise durch Abstimmen. Etwas, das banal klingt, viele Leute aber immer noch nicht machen.»
Ausserdem brauche es einige Änderungen in der Politik, ist sich Rappo sicher: «Es ist wichtig, dass sich interessierte junge Menschen, aber vor allem auch Frauen trauen, einzusteigen. Einigen fehlt vielleicht der Mut oder die Vorbildfunktion, da die Politik hierzulande immer noch eine Männerdomäne ist. Das würde ich gerne ändern.» Zumindest im Sensebezirk gab es diesbezüglich gute Neuigkeiten: «Es konnten bei den Wahlen viele jüngere Leute und viele Frauen Sitze gewinnen», zeigt sich die 21-jährige Radulovic zufrieden.
Ambitionierte Ziele
«Zukünftig sehe ich mich auf jeden Fall in einer Kommission. Mir gefällt es, wenn man etwas auf die Beine stellen kann», überlegt Radulovic und wirkt, als wäre für sie noch alles offen. Rappo hat schon genaue Vorstellungen, was ihre politische Zukunft anbelangt: «Ich möchte sicher weiterhin in Kommissionen mitwirken, das liegt mir am Herzen. Denn man kann so schon viel erreichen.» Sie könnte sich ausserdem vorstellen, eines Tages Gemeinde-, General- oder sogar Grossrätin zu werden. «Ich hoffe, es gibt in der Gemeinde Tafers bald einen Generalrat», lacht sie. Sind junge Leute von heute politischer als früher? Nicht unbedingt. «Ich denke, dass das Interesse schon immer da war. Es wurde im Wandel der Zeit einfach normaler, seine Meinung kundzutun und sich offen für etwas einzusetzen», sucht Radulovic eine Antwort. «Ausserdem betrifft die Klimakrise die Zukunft der Jungen, also die von uns, weshalb wir jetzt etwas sagen müssen», doppelt Rappo nach. Es wird einmal mehr deutlich, dass junge Menschen nicht bereit sind, zu schweigen. Vor allem, wenn es das Klima und ihre bedrohte Zukunft betrifft.
Nadia Berger