Interaktiver, präsenter, mobiler – so der Zukunftswunsch von Andrea Matter an ihr Museum. Die Erfahrung dafür holte sie sich beispielsweise als Dozentin an Fachhochschulen oder als selbstständige Fundraiserin. Schliesslich bot ihr vor rund eineinhalb Jahren der Stiftungsrat die Leitung des «smb» an. «Persönlich ist das Thema Schule für mich wichtig, wir alle haben irgendwie damit zu tun.» Zudem reizen Matter die Möglichkeiten, die mit der Stelle verbunden sind.
Ausstellung überzeugt
Und diese nutzte sie, wie etwa die aktuelle Ausstellung «Schule. Experiment Zukunft» zeigt. Kern der Ausstellung sind fünf Schulmodell-Intiativen, aus denen Besucherinnen und Besucher digital mittels App «ihr» Modell wählen. Via QR-Code oder in der gedruckten Broschüre können Interessierte zudem historische Hintergründe abrufen und Wissen zum Thema Schule entdecken. Um die Initiativplakate herum gruppieren sich historische Exponate, wie vergilbte Schulzeugnisse oder ein alter Macintosh. Neben der Ausstellung in Köniz inspiriert momentan eine identische Wanderausstellung die Pädagogischen Hochschulen der Schweiz und bis Anfang Januar auch das Westside Bern. «Wir sind bis Anfang 2024 nahezu ausgebucht – aufgrund der grossen Nachfrage überlegen wir uns, einen dritten Satz zu produzieren», so Matter. Auch weitere Einkaufszentren und Schulen interessierten sich. «Wir begrüssen diese Entwicklung, da wir die Ausstellung so einem breiten Publikum zugänglich machen können», meint die Kulturmanagerin.
Aktiv gelebte Partizipation
Verstehen auch Kinder diese Ausstellung? «Sie verlangt viele Denkleistungen und ist etwa für einen Neunjährigen nicht geeignet», so Matter. Aus diesem Grund entwickelten Matter, Melanie Schweizer und Rahel Tschopp die «Wir machen Schule»-Box. 100 Fotokarten zeigen vergangene und aktuelle Schulmomente. Zu sehen sind etwa PC-Arbeitsräume mit roten und blauen Gummihockern, Lernlandschaften mit hellen Räumen oder eine Schülerin, die Plastik-Hundefiguren am PC beschreibt. Projektziel ist die aktive Auseinandersetzung mit dem Konzept Schule und das Bauen eines Modells: «Alle Konzepte sind willkommen, egal ob Videos, Texte oder Legobauten», so Matter. Ab Ende November können Kinder dann ihr Projekt auf www.wirmachenschule.online hochladen; im Juni findet zudem eine Veranstaltung statt, bei der Fachleute und die Kinder ihre Ansichten austauschen können.
Standort bleibt wichtig
Austausch und Vernetzung: Mit den Online- und Boxtools sowie den Exponaten setzen die Museumsmacher auf die Verbindung von Neu und Alt. Und so nutzt das «smb» auch seine schon seit langem vorhandenen Ressourcen optimal: Am Standort findet sich deshalb nicht bloss die aktuelle Ausstellung, sondern zusätzlich ein Klassenzimmer aus den 1950er-Jahren. Wer das Zimmer betritt, sieht etwa eine alte Schnürlischrift an einer Schiefertafel, einen ausgestopften Vogel oder Singbücher. «Pro Jahr verzeichnen wir über 250 Gruppenbuchungen», so Matter. Bei den Lektionen gehe es um Geschichtsvermittlung, alles im Zimmer dürfe angefasst werden. Sämtliche Einrichtungsgegenstände stammen aus dem smb-Archiv, wo sich rund 60’000 Objekte befinden. «Wir haben eine Sammlung, die schon durch ihre schiere Grösse beim Betreten derselben beeindruckt», sagt Matter stolz. Im Archiv befindet sich unter anderem der erste Berner Lehrplan oder ein Arithometer – also eine Rechenmaschine – aus dem Jahr 1863.
Leidenschaftliche Netzwerkerin
Ausstellungen, ein gigantisches Archiv und ein Klassenzimmer mit Zeitmaschinen-Qualitäten: Kein Zweifel, das smb hat viel zu bieten. Doch um das Angebot bekannter zu machen, braucht das Museum mehr Interaktion mit der Umwelt. Genau hier bringt sich Matter mit einer ihrer Kernkompetenzen – dem Knüpfen nachhaltiger Beziehungen – ins Spiel. Sie hofft, dass sich so neue, gemeinsame Umsetzungen ergeben. Auch die Zusammenarbeit mit der lateinischen Schweiz oder dem deutschsprachigen Ausland findet sie wichtig. Und was denkt Matter selbst über «ihr» Arbeitsthema? Ihr Verhältnis zur Schule habe sich seit Stellenantritt verändert. Vorher waren für die dreifache Mutter vor allem Noten und Hausaufgaben ein Thema. «Heute befasse sie sich mit Schulgeschichte und frage sich, was eine Lehrperson ausmacht und in welchem Umfeld die Kinder Freude am Lernen mitgegeben werden kann», sagt Matter ein Ausstellungsplakat betrachtend.