«Campieren liegt im Trend und dies nicht erst seit Covid-19», erzählt Stefan Steuri. Seit fünf Jahren ist er als Ranger im Naturpark Gantrisch unterwegs und beobachtet mit wachsamen Augen diese Entwicklung. Wildcampen ist im Naturpark offiziell verboten. Zahlreiche Schilder im ganzen Gebiet weisen darauf hin. «Leider gibt es immer wieder Menschen, die diese ignorieren oder sogar demontieren», bedauert Steuri. Einzig auf den Parkplätzen «Stiereberg Panzerplatte» und dem «Türliboden unten» sei das Übernachten gegen einen Aufpreis der Parkgebühren erlaubt. Dem kontaktfreudigen Belper ist ein friedliches Miteinander ein wichtiges Anliegen, deshalb hält er nichts von reinen Verbotsaussprachen und Schuldzuweisungen: «Ich will die Menschen für die Natur begeistern und ihnen Alternativen aufzeigen.» Dabei gehen er sowie zwei weitere Teilzeit-Ranger wohlwollend und mit einer grossen Prise Humor auf die Besucher zu und leisten auf lockere Art Aufklärungsarbeit.
Druck auf die Natur steigt
Reisen war aufgrund von Covid-19 für längere Zeit nur eingeschränkt möglich. Viele haben in dieser Zeit den «Naturpark Gantrisch» für sich als Naherholungsgebiet neu entdeckt. Besonders an der Sense sei der Handlungsbedarf gross und die Präsenz vor Ort wurde in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wald und Natur im Kanton Fribourg und der Naturförderung des Kantons Bern, der Polizei sowie der Wildhut stark erhöht. «Die Erwartungen der Gäste sind unterschiedlich», meint Ramona Gloor, Bereichsleiterin Kommunikation und Marketing beim «Naturpark Gantrisch», und ergänzt: «Doch ein Bedürfnis haben alle gemeinsam: Der Mensch möchte allein sein, abseits der offiziellen Routen inmitten unberührter Natur.» Doch das romantische Bild, das viele im Kopf haben, trügt, wie auch Steuri beisteuert: «Die vermeintliche Freiheit, die sich viele mit dem Kauf einer Campingausrüstung vorstellen, entspricht nicht ganz der Realität.» Dafür sei die Dichte in der Schweiz schlicht und einfach viel zu hoch. Deshalb empfiehlt Gloor: «Gäste mit einem Camper oder mit Zelt sollten sich frühzeitig informieren, wo sie legal übernachten können». Dabei verweist sie auf die Homepage des Vereins Gantrisch Parking, der die Parkplatzbewirtschaftung, sowie die Schweizer Online-Plattform «Nomady». Letztere vermittelt Stellplätze privater Anbieter. Aufgrund von rechtlichen Hürden und aufwendigen Prozessen sei jedoch das Gebiet im Kanton Bern zurzeit noch schlecht abgedeckt. Aber das Bedürfnis aus allen Regionen im Kanton ist gross und man versucht gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten, um gezielt dem Wildcampieren entgegenzuwirken.
Erklärung schafft Verständnis
«Zum jetzigen Zeitpunkt ist es noch zu früh, um die Auswirkungen auf die Natur vom grossen Ansturm im Corona-Sommer einzuschätzen», sagt Ramona Gloor. Doch die Erfahrungen haben deutlich gezeigt, dass Handlungsbedarf besteht und auch in Zukunft der Besucherstrom hoch bleibt: «Als wir im Frühling 2020 beim Monitoring weniger Birkhähne als sonst gezählt haben, waren wir alarmiert». Mit zusätzlichen Plakaten, Tafeln und Broschüren sowie Posts auf den sozialen Medien macht der «Naturpark Gantrisch» auf die Auswirkung des menschlichen Einflusses auf die Natur aufmerksam. Auch das Angebot von Exkursionen für Schulklassen, Firmen und Vereine wurde ausgebaut und findet grossen Anklang. «Besonders die Schulen sind eine wichtige Zielgruppe für die Umweltbildung», so der Ranger, «wenn es uns gelingt, Kinder und Jugendliche für die Natur zu begeistern, haben wir einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz und für unsere Zukunft geleistet. Denn nur was uns lieb ist, schützen wir.»
Helene Wieland