«Über das Wetter reden» heisst ein Werk des Schriftstellers Peter Bichsel. Seine Geschichten sind selbstverständlich unvergleichbar tiefschürfender als die Smalltalk-Belanglosigkeiten über Sonne, Regen, Regenbogen, Nebel, Gewitter, Schnee, Wärme, Hitze oder Kälte. Herhalten muss das formlose (Verlegenheits-)Geplauder bekanntlich oftmals auch, um zwischenmenschliches Eis zu schmelzen, was eine anspruchsvolle Sache sein kann – wie Wetter und Klima auch. Auch das Filmdrama «Alle reden übers Wetter» von Annika Pinske ist eine vertrackte Tragikomödie, die nicht von Sonnenstrahlen oder Wolkenbruch handelt. Angesichts der verheerenden Klimakrise, in die wir hineingeschlittert sind und kaum mehr hinausfinden, ist es gar nicht mehr möglich, sorglos über Wetter und Klima zu fabulieren. Wetter ist das, was in der Gegenwart geschieht, Klimaveränderungen erstrecken sich hingegen über mindestens 30 Jahre.
Weisse Weihnachten, Ferien- und Wanderwetter?
Mario Slongo versteht es, die Begriffe Meteorologie und Klimatologie selbst einem unbedarften Laien in verständlichen Worten zu erklären. Eigentlich war er als Chemiker Forschungsleiter der Abteilung «Flexible Waterproofing» bei der Firma Sika AG in Düdingen. Ab 1988 wurde er aber als «Wetterfrosch» bei Radio DRS beliebt und gefragt; bestritten hat er insgesamt 1‘175 Radiosendungen. 2006 verlieh ihm die Universität Freiburg den Ehrendoktor. 1999 wurde er Mitglied sowie 2008 Präsident des universitären Hochschulrats. Noch immer sind ihm die Messnetze und Modelle vertraut, welche die nationalen Wetterdienste betreiben, um Vorhersagen und Warnungen für die Bevölkerung, Behörden und Wirtschaft zu erstellen. Slongo war sich immer schon bewusst, dass sich ein viel grösserer Nutzen aus der Meteorologie ableiten lässt, als bloss die Wanderfreunde auf sonniges oder aber mieses Wetter einzustimmen.
Undurchschaubar wie Nebelsuppe oder klar wie Eiskristalle
Die Meteorologie befasst sich mit der Erforschung der Erdatmosphäre und ihren Phänomenen. In diesen Fachbereich fallen langlebige, globale Vorgänge, z.B. das Klima der Erde, genauso wie lokale und kurzlebige Prozesse, beispielsweise die Bildung von Schneekristallen oder Hagel. Herausforderungen der Meteorologie sind die Vorhersagen. Mit immer komplexeren Modellen werden diese mit immer grösserer Treffsicherheit erstellt. Die Klimatologie indessen ist eine interdisziplinäre Wissenschaft der Fachgebiete Meteorologie, Geographie, Geologie, Ozeanographie und Physik. Für manche von uns mag das undurchschaubar sein wie dicke Nebelsuppe, für Mario Slongo so glitzernd und klar wie Eiskristalle. Mehr dazu siehe auch im 180-seitigen Werk «Geht dem Wind die Luft nie aus?» der beiden Co-Autoren Mario Slongo und Roland Jeanneret.
Leider keinen Wunsch frei
An der aktuellen und zu erwartenden Wetterlage interessiert sind neben Tourismus, Freizeit und Sport insbesondere Verkehr, Landwirtschaft, Energiewirtschaft oder Katastrophenschutz. Darüber referierte der in Buchs SG aufgewachsene, heute 75 Jahre alte Mario Slongo noch weit über das Pensionierungsalter hinaus, etwa zum Thema «Der Klimawandel – Tatsachen und Meinungen»: Die Weltbevölkerung sei ab dem Jahr 1820 geradezu explodiert. Desgleichen ihr Energiebedarf. Hinzu komme der Themenkomplex Erfordernisse und Anstrengungen, um Natur und Umwelt nicht gänzlich preiszugeben. «Milliarden von Jahren waren erforderlich, um fossile Brennstoffe zu bilden, der Mensch hat deren Verbrennung aber in gerade mal 200 Jahren geschafft», so Slongo. Und: Gäbe es auf der Welt kein CO2, dann wäre es 33 Grad kälter. Doch ein Zuviel an CO2 bewirke genau das Gegenteil. «Die von uns verbrannte Energie führt unweigerlich zur Klimaerwärmung. Turnusgemäss müssten wir ab jetzt in den nächsten 4‘000 Jahren eine Periode der Abkühlung erleben. Stattdessen erhöht sich die Temperatur menschengemacht unablässig.» Mit den Folgen davon würden wir tagtäglich konfrontiert. Klimaforschende und Meteorologen scheinen bei den Wetterfeen keinen Wunsch frei zu haben. Auch Mario Slongo nicht.