Pfadi und psychische Gesundheit

Pfadi und psychische Gesundheit

«Pfadfinder sind besser fürs Leben gerüstet» – das sagt eine wissenschaftliche Studie. Ein Fachmann schaute die Studie genauer an.

Bei einem Treffen im April 2016 sprachen ehemalige Falkensteiner über frühere Pfadizeiten. Dabei war auch Ueli Hagnauer (Pfadiname «Pirol)», der in der Siebzigerjahren mehrere Jahre verschiedenste Leitungsfunktionen bei den Könizer Pfadi hatte. Von Beruf war er Hausarzt; nach zwanzig Jahren Hausarztpraxis in Thun war er für zwölf Jahre bis 2016 im Psychiatriezentrum Münsingen verantwortlich für den internistischen Dienst, also der Nicht-Psychiater in der Psychiatrie. Pirol sprach dabei über den von ihm vermuteten gesundheitlichen Nutzen der Pfadi. Wie bestellt berichtete die Tagespresse im November/Dezember 2016 über eine wissenschaftliche Studie aus Grossbritannien zum Thema «Ehemalige Pfadfinder sind ihr ganzes Leben lang psychisch gesünder. Dafür gibt es eine logische Erklärung.»

Studie kritisch angeschaut
Dr. Ueli Hagnauer wollte wissen, was hinter der Studie steckt und schaute sie genauer an. Dann schrieb er eine Zusammenfassung seiner Recherche: «Psychische Erkrankungen sind weltweit ein grosses Problem, mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die betroffenen Menschen und auf die Gesellschaft. Es ist gut bekannt, dass – unter anderem – schlechte soziale und ökonomische Startbedingungen schäd­liche Folgen für die spätere psychische Gesundheit haben. In der sorgfältig durchgeführten Studie wurde untersucht, ob zwischen der Teilnahme an Jugendgruppen und der späteren psychischen Gesundheit ein Zusammenhang besteht. Dazu wurden alle Menschen, die in einer bestimmten Woche des Jahres 1958 in Grossbritannien geboren wurden, über Jahrzehnte mit Fragebogen und Interviews befragt.

28% waren in der Jugend bei den Scouts und Guides (bei den männlichen und weiblichen Pfadi). Psychische Erkrankungen traten bei diesen früheren Pfadi deutlich seltener auf (im 50. Lebensjahr 18% seltener). Sportliche Aktivitäten und andere Jugendgruppen hatten im Unterschied zu den Pfadi keinen Einfluss auf die spätere psychische Gesundheit.

Besonders erfreulich ist, dass die Teilnahme bei den Pfadi die Benachteiligung von Kindern mit schlechten sozialen Startbedingungen weitgehend ausgleicht, d.h. die psychische Gesundheit wurde bei ihnen «nach oben nivelliert».
Die Studie wurde im Jahr 2016 im «British Medical Journal» publiziert. Diese angesehene Fachzeitschrift ist dafür bekannt, dass sie nur sehr sorgfältig durchgeführte Studien annimmt. Der Text wurde gegengelesen von ­
Dr. Peter Wälchli («Lepi»), Arzt im Gesundheitszentrum Meiringen, der ebenfalls lange Falkensteiner Pfadileiter war.

Persönliche Randbemerkung
Pirol ergänzte seine Beurteilung der Studie mit einem persönlichen Hinweis: «Im Rückblick auf meine Pfadizeit habe ich den Eindruck, dass auch die schlecht organisierten, ‹abverheiten›, verregneten Anlässe und Lager letztlich ein wichtiger Teil des Pfadi-Pakets sind, indem sie die von den Autoren erwähnte ‹resilience› (Resilienz, Widerstandfähigkeit) fördern, die Fähigkeit, sich unter schlechten Bedingungen zu organisieren und die gute Laune nicht zu verlieren.

Die Schwäche der Pfadi, die (oft) zu jungen Leiterinnen und Leiter mit wenig Neigung zu überbehütendem Verhalten, könnte zugleich ihre Stärke sein, da so mehr Freiraum zur Verfügung steht und Autonomie und Resi­lienz gefördert werden.

Das soll allerdings kein Grund sein, Führungsaufgaben zu vernachlässigen, schlecht vorzubereiten, Schlendrian zu tolerieren und unnötige Risiken für die Kinder und Jugendlichen einzugehen, im Gegenteil. Die Herausforderungen kommen bei den Pfadi ja von selber.»

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Pfadi und psychische Gesundheit»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2