Politisieren über Generationen hinweg

Politisieren über Generationen hinweg

Wenn man über Jahrzehnte hinweg immer dieselben Namen liest, dann bedeutet das nicht, dass gewisse Damen und Herren bis zum Sankt Nimmerleinstag Politik betreiben. In Köniz stecken vielmehr etliche Familien dahinter, die das Interesse weitervererben.

«Bei uns am Tisch fanden schon immer politische Diskussionen statt, ich bin damit aufgewachsen», sagt die amtierende Parlamentspräsidentin Katja Niederhauser-Streiff. Ihre Mutter ist die Nationalrätin Marianne Streiff-Feller. Ganz ähnlich klingt es bei der Familie Zaugg. Vater Herbert Zaugg prägte die Kommunalpolitik von 1977 bis 2003, inzwischen präsidiert sein Sohn Bernhard die EVP Köniz, nachdem er in früheren Jahren ebenfalls Parlamentspräsident war.

EVP in besonderem Masse
Selbst im Wahlkampf teilten sich Familienmitglieder die Listenplätze. Werner Eschler etwa, der zeitgleich mit seiner Tochter Deborah Valente kandidierte (beide EVP). In unterschiedlichen Parteien im Wahlkampf befindet sich hingegen die Familie Gutbrod. Mutter Susanne und Vater Daniel treten für die EVP an, Sohn David für die SP. Es fällt auf, dass viele dieser Beispiele aus der EVP sind. Sicherlich scheint die Theorie der aussergewöhnlich aktiven Könizer Familien bei der EVP in besonderem Masse zu stimmen. Aber längst nicht nur.

Karrieresprungbrett
Von bürgerlich bis nach links gibt es diese Beispiele. Wenn man nur einen Schritt zurücktritt, stehen die Beispiele dieser politisch aktiven Familien in einem noch grösseren Zusammenhang: Es gibt Nationalräte, eine Bundesrätin und eine stattliche Anzahl Grossräte, die aus Köniz stammen. Zu messen ist die Dichte der Politiker im schweizweiten Vergleich kaum. Aber vermuten darf man; und zwar, dass es vermutlich nur wenige Gemeinden gibt, die in solcher Regelmässigkeit Politikerinnen und Politiker generiert. Der Blick in die Zukunft offenbart schon heute, dass einige Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu klingenden Namen von morgen werden könnten. Sei es der Grossrat Casimir von Arx (GLP), der sich zur Wahl für den Berner Rgierungsrat aufstellen liess oder die anderen Könizer Grossräte Tanja Bauer (SP), Dominique Bühler (Grüne), Hans-Peter Kohler (FDP), Thomas Brönnimann (GLP), Luc Mentha (SP) und Jan Remund (Grüne).

Jung und weiblich
Um diesen Trend zu erhalten, braucht es junge Menschen, die in die Politik einsteigen, Chancen erhalten und gefördert werden. Familien sind da so etwas wie die Frühförderung schlechthin. Köniz verfügt aber seit über 100 Jahren über ein Parlament und damit einen spannenden Einstieg in die Politik, ohne dass es auf kommunaler Ebene nur die Exekutive gäbe. Sicherlich ein weiterer Grund für die Dichte. Um so mehr, als dass die Politik jünger und weiblicher wird. Gut so, denn damit werden die Generationen und Gruppen eingegliedert, die lange genug im politischen Prozess untervertreten waren. Der Blick ins Könizer Parlament zeigt fast einen Idealfall. Von gestandenen und erfahrenen Menschen bis zu aktiven Jungen ist alles vertreten und das haben die letzten Wahlen eindrücklich unterstrichen. Aktuell belegen die Frauen eine knappe Mehrheit. Da hat das Parlament eine deutlich bessere Quote als der Gemeinderat.

Blick von aussen
Ob bewusst oder unbewusst. Auf Köniz blickt man. Nicht nur wegen der Grösse, den Finanzen oder dem Parlament ist die Gemeinde politisch unter steter Beobachtung. Die grosse Dichte an Politikerinnen und Politikern führt zusätzlich zu einigen Vorstössen oder Lösungsansätzen, die hier debattiert werden, lanciert werden und manchmal weitherum Schule machen. Das Instrument der befristeten Steuererhöhung könnte beispielsweise schweizweit Schule machen. Eine Lösung «made in Köniz». Hinzu kommt, dass der Ort von ländlich bis urban, von dicht besiedelt bis zum landwirtschaftlich geprägten Raum fast alles abbildet. Eine «Swissminiatur» sozusagen. Eine Voraussetzung, für die Kompromissbereitschaft erforderlich ist und damit eine Politik, die den steten Dialog zu führen hat. Über die Generationen, Gesellschaften und Gebiete hinweg.

Vielleicht ist es auch diesem Umstand geschuldet, dass Köniz für die Wahlen keine Probleme bekundete, genügend Kandidierende zu finden. Hier herrscht – anders als in vielen vergleichbaren Gemeinden – keine Politverdrossenheit, sondern politische Entschlossenheit. Ein Umstand, der in jenen Familien seine Fortsetzung findet, die in diesen Tagen am Tisch nicht nur über Corona reden, sondern auch über die kommunale Politik.

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