Da halten wir doch so gerne an unseren Vorurteilen fest. Auch an denen über den Bauernstand. Von den unverzichtbaren Grundversorgern der Nation bis zu den nimmersatten Subventionsempfängern reicht der Bogen. Tun wir einem ganzen Berufsstand Unrecht, wenn wir kreatives Unternehmertum mit diesem nicht in Einklang bringen? Vielleicht. Sicher ist jedoch: Es gibt sie, die unternehmerischen Bauern. Wer bereit ist, vorgefertigte Meinungen zu überdenken, dem sei ein Besuch in der «Horbermatt» empfohlen. Auch, aber nicht nur des Essens wegen. Melanie und Philipp Ramser leben und arbeiten hier, zusammen mit ihren drei Kindern, Philipp leistet ein 50%-Pensum als Kantonspolizist. Der Ertrag aus zehn Hektaren mit etwa 20 Tieren reicht nicht zum Vollerwerb für eine Familie. Auch deshalb hat sich das Ehepaar entschlossen, Partner des Vereins «Swiss Tavolata» zu werden. Barbara Eisl als Marketingleiterin von «Swiss Tavolata» ist überzeugt: «Einfachheit und Authentizität treffen den Zeitgeist.» Begegnungen zwischen Stadt und Land, dazu ein einzigartiges kulinarisches Erlebnis in idyllischer Kulisse sind weitere Aspekte, die sie erwähnt. Und der Nutzen für die Bäuerinnen und den Hof? «Sie werden in allen administrativen Belangen betreut, die Buchungen werden durch die Geschäftsstelle vorgenommen, ebenso Marketingaktivitäten.» Nach dem ersten Jahr zieht Barbara Eisl ein positives Fazit. Rund 35 Gastgeberinnen machen bereits mit, weitere sind erwünscht (s. Kasten). «Viele Bäuerinnen besitzen die besten Voraussetzungen, eine perfekte Gastgeberin zu sein», weiss Barbara Eisl.
Zurück zum Hof. Das Apéro wird im Ofenhäuschen serviert. Der Getreidespeicher ist 234 Jahre alt und bildet die ideale Kulisse für das Menü, das Melanie Ramser zubereitet. Lecker ist dieses, bodenständig und doch zeitgemäss. Und natürlich authentisch, mit Produkten vom Hof. Das Rindfleisch also gleich von nebenan, aus dem Freilaufstall. «Swiss Tavolata», so Barabara Eisl, «legt fest und kontrolliert, dass 75% der Speisen vom Hof oder aus der Region stammen».
Derweil macht Ehemann Philipp mit den Gästen einen Rundgang. Wie stark sich die Haltung der Tiere auf die Qualität des Fleisches auswirkt, kann der Bauer nicht exakt definieren. «Entscheidend dafür ist die Nahrung», weiss er jedoch mit Sicherheit. Wie auch immer, der Familie bescheren die Rinder den Haupt-
erwerb. Und uns schmackhaftes Fleisch. Dieses wird ab Hof und in unterschiedlichen Einheiten verkauft.
Erlebnis Bauernhof
Entlang des Hauses steht der Schopf. Errichtet im Jahr 2015 aus Abbau-Material, mit einer Glasfront, aber ohne Subventionen. Er steht symbolisch für die Haltung der jungen Bauersleute, weil er voller Ideen steckt. Solche, die noch nicht im Detail definiert sind. Dafür lassen sie verschiedenste Möglichkeiten offen. Das ist denn auch der Zeitpunkt, wo man sich ihrer Leidenschaft für das was sie tun und erreichen wollen, kaum entziehen kann. Einiges haben sie umgesetzt, vieles steht noch bevor. Eine ihrer Passionen gehört den Pferden. Gewieher statt Traktorenlärm: Wenn auf dem Feld gearbeitet wird, werden – wenn immer möglich – ihre drei Pferde eingesetzt. Aber nicht nur das: Sie wollen ihren Gästen den Hof als Erlebnis präsentieren. Was eignet sich dazu besser als eine Entdeckungsreise auf einem Pferdegespann? Dazu erwirbt Philipp das Fahrbrevet für Gesellschaftswagen.
Melanie Ramser ist es ein Bedürfnis, den Menschen den Bezug zur Natur näherzubringen, den Gästen Einblicke in das Leben als Bauern zu vermitteln. Auch deshalb sind Besucher auf dem Hof sehr willkommen. Kinder ganz speziell. Nach Anmeldung und auf Wunsch mit Verpflegung. Melanie Ramser hat viel Spannendes zu erzählen. Nicht nur den Kindern.
Ganz von selbst rückt nach einem Besuch in der «Horbermatt» vor allem ein Gedanke ins Zentrum: Der abgenutzte Begriff «Nachhaltigkeit» erhält jene Bedeutung zurück, die ihm eigentlich zusteht.