«Stell dir vor…» Peter Pan kreist um den Allerwertesten. Dann kauen Sie Moos, das Sie zuvor von Ihrem Knie abgekratzt haben. Wie bitte? Mit solchen Bildkonstrukten gelingt es, sich Wissen einzuprägen, in kürzester Zeit, aber für lange abrufbar.
Verblüffen
Der Referent macht es vor: Die Gäste haben 20 Begriffe wild durcheinander erwähnt. Alle wurden auf einem Flipchart aufgeschrieben und nummeriert. Huber kommentiert sie alle mit einer Prise Humor und keiner merkt, was unmittelbar nach dem letzten Begriff passiert: Er wusste sie der Reihe nach, rückwärts, auf Anfrage einer Nummer oder kannte die Nummer zum Begriff. Die SLR-Gäste reiben sich verwundert die Augen, manche denken vielleicht sogar an ihr urpersönliches Problem, an einem solchen Abend kurz nach der Begrüssung die meisten Namen schon wieder vergessen zu haben.
Vergessen
Dieses Phänomen des Vergessens räumt auch Daniel Müller, Vorsitzender der Geschäftsleitung der SLR, zu Beginn ein: «Ich kann mich an Sachen aus dem Jahr 1982 genaustens erinnern, weiss aber drei Minuten später einen Namen nicht mehr.» Er ist damit in bester Gesellschaft, weshalb die versammelten Gäste sowie das Bankpersonal aufhorchen, wenn «the Brainman» sagt: «Willkommen zum letzten Tag im alten Leben. Ab jetzt wird’s einfacher.»
Verstehen
Er sollte damit recht behalten. «Schon die Griechen beklagten sich über die Vergesslichkeit», weiss Huber, und sie kreierten eine Art Ablagesystem, um dagegen vorzugehen. Die Art, wie es der Gedächtnistrainer macht, wäre dann die Version 2.0, baut aber im Kern auf derselben Systematik auf. Er differenziert zuerst zwischen Informationen, die unser Hirn schnell wieder vergisst und solchen, die hängen-
bleiben. Das Hirn verfügt über drei Gedächtnisbereiche. Im Ultrakurzzeitgedächtnis (Hippocampus) werden 10’000 Informationen pro Sekunde gefiltert. Was durchgeht, landet im Kurzzeitgedächtnis und nur sehr wenig passiert auch dieses und gelangt, ins Langzeitgedächtnis. «Was es also braucht, damit etwas bis ins Langzeitgedächtnis gelangt, ist eine Information, die neu, überraschend, emotional oder aus der Routine fallend ist», fasst der Experte zusammen. Ein System, das die Funktionalität des Hirns berücksichtigt und für diesen Überraschungseffekt sorgt.
Verhindern
Informationen müssen also so gestaltet werden, dass man sie sich merken kann. Ein Ablagesystem das nummeriert ist, erlaubt die Information so zuzuorden, dass ein Bild zur Information entsteht. Als Beispiel nummeriert Huber mit den Gästen 10 Körperteile durch – von den Zehen bis zum Haarschopf. Einmal eingeprägt, weist er alle Informationen bildlich einem dieser Körperteil zu. Sie duschen zu viel, dann bildet sich Moos an Ihrem Knie, sie nehmen es weg und kauen darauf rum. Fertig ist die «Eselsbrücke» für die Stadt Moskau. Und weil das Knie im Ablagesystem die Nummer zwei bekleidet, bildet Moskau die zweitgrösste Stadt Europas. Mit einem Lacher aufgrund des äusserst kreativen Bildes kann sich jede und jeder im Saal diese Zuordnung merken. Selbst nach einigen Gläsern Wein und der kulinarischen Verköstigung durch den Schlossgarten Riggisberg, wussten die Gäste treffsicher die Städte aufzuzählen. Und wenn Sie sich nun fragen, welche Stadt denn die grösste ist? Dem Zeh als Nummer eins wird Istanbul zugewiesen, mit einer nicht minder witzigen Verbindung.
Vermeiden
Der Hirnakrobat dämpft aber die Hoffnungen, dass nun alle als eine Art Einstein aus dem Saal laufen. «Man hat keinen höheren IQ, trainiert aber sein Gehirn.» Sein System ist also das Fitnessstudio des Hirns. Mit dem Unterschied, dass «es kein Muskel ist, sondern ein Klumpen Fett mit Eiweiss.» Und dieser hat vor allen Dingen Hunger auf Energie und Sauerstoff. «Es wäre aber falsch, deshalb immer zwei Desserts zu verspeisen», warnt er. Wenngleich das Hirn 50% dessen verbraucht, was im Körper ist, um fit zu bleiben, muss es so trainiert werden, dass neue Neuronenverbindungen entstehen, sogenannte Synapsen. Kurz und knapp: genügend Schlaf, damit das Hirn alles verarbeiten kann, genügend Bewegung und Wasser, damit es gesund bleibt, und letztendlich offen durchs Leben gehen, damit neue Impulse überhaupt entstehen können. «Wenn Sie zuhause Gäste bewirten, fangen Sie einmal mit dem Dessert an, statt mit dem Apéro. Sie werden alle zusammen diesen Abend nicht mehr vergessen», nennt er ein Beispiel.
Und weshalb kreist nun Peter Pan um den Allerwertesten? Weil Sankt Petersburg im Ablagesystem dem Hintern zugeordnet ist, somit die Nummer vier bekleidet und damit viertgrösste Stadt in Europa ist. So geht Hirntraining nach André Huber alias «the Brainman». Stell dir vor, wie man eine Information so gestaltet, dass sie passend abgelegt werden kann. Stell dir vor, du kannst dein Hirn trainieren und dir plötzlich in kürzester Zeit mehrere Sachen merken. Stell dir vor, wie Daniel Müller mit Leichtigkeit Namen speichert, die SLR Mitarbeitenden kaum noch auf den Bildschirm schauen müssen, weil sie alles im Kopf haben. Stell dir vor, wie spannend das Forum 2022 für die anwesenden Gäste war.