Kaum jemand weiß etwas über das «Tier(chen) des Jahres 2019», nur, dass es schön leuchtet. Dabei ist das Glühwürmchen ziemlich interessant! Missverständnisse gehen schon damit los, dass das Glühwürmchen gar kein Würmchen ist, sondern ein Käfer. Die häufigste Glühwürmchenart in der Schweiz, der «Grosse Leuchtkäfer», wird dabei in etwa einen Zentimenter gross, während andere Glühwürmchen vielleicht nur 5 mm messen. Eine gewaltige Leistung von so einem kleinen Krabbeltierchen, so hell zu leuchten, dass es im 18. Jahrhundert eingefangen in einem Glas sogar als Leselampe und Laternenersatz gedient hat! Den Bücherliebhabern vor 200 Jahren muss man dabei aber wünschen, die richtige Glühwürmchensorte eingefangen zu haben. Denn nur das Weibchen des «Grossen Leuchtkäfers» leuchtet ununterbrochen, während bei den Minisorten «Kleiner Leuchtkäfer», «Kurzflügelleuchtkäfer» und «Italienischer Leuchtkäfer» die Männchen und teilweise auch die Weibchen eine Art Disco-Blinklicht-Leuchten von sich geben, sicher sehr ärgerlich, wenn man in Ruhe ein Buch lesen möchte.
Die Glühwürmchen leuchten dabei durch eine chemische Reaktion in ihrem Körper, die Energie in Licht umwandelt, und strahlen dieses Licht verstärkt durch Salzkristalle hinter den Leuchtzellen, die wie ein Reflektor wirken, durch ihre transparente Bauchdecke. Warum aber dieser Aufwand? So wie bei uns etwas Schickes zum Anziehen, eine tolle Frisur und bei den Frauen vielleicht etwas Makeup die Blicke des anderen Geschlechts auf sich ziehen, fühlen sich die Glühwürmchen-Männchen vom grüngelben Leuchten der Weibchen magisch angezogen. Glühwürmchen leuchten deswegen nur, wenn sie auf Partnersuche sind, üblicherweise im Sommer. Praktisch ist es da, dass die Männchen Flügel haben und die Weibchen spontan besuchen können, denn die Weibchen selbst haben keine Flügel. Finden sich Männchen und Weibchen und beginnt der Paarungsakt, wird diskret das Licht gelöscht. Nach der Paarung ziehen die Männchen aber weiter zur nächsten Glühwürmchen-Dame und sterben nach wenigen Wochen. Glühwürmchen-Weibchen verenden jedoch schon nach der Eiablage, in der Regel ungefähr 3 Tage, nachdem sie mit dem Leuchten angefangen haben, denn ab diesem Zeitpunkt nehmen sie keine Nahrung mehr zu sich, sondern konzentrieren sich ganz auf das Leuchten. Im Fall der Glühwürmchen ist es also definitiv undankbar, Nachwuchs zu bekommen – die Leser im 18. Jahrhundert mussten sich mit ihrer Lektüre besser beeilen.
Das Leben des leuchtenden Glühwürmchens dauert also maximal ein paar Wochen – mit Sex als krönendem Abschluss. Glühwürmchen verbringen aber 3 Jahre ihres Lebens im Larvenstadium, wo sie aussehen wie kleine schwarze Raupen. Und obwohl die Winzlige nun wirklich nicht durch ihre Grösse beeindrucken können, sind die Larven echte Killer! Zumindest aus Sicht der Schnecken, die auf ihrem Speiseplan stehen. Hat eine Larve nämlich eine appetitliche Schleimspur entdeckt, folgt sie ihr bis zur Schnecke, der sie durch wiederholte Bisse mit ihren gebogenen Mundwerkzeugen, die Injektionsnadeln ähneln, Gift in den Nacken spritzt, bis diese entweder tot oder gelähmt ist. Ein Verdauungssekret verwandelt die unglücklichen Larvenopfer in leckeren Schneckenbrei, der dann mit grossem Genuss im Magen des Mini-Würmchens landet.
«Wenn es irgendwo Glühwürmchen gibt, heisst das, dass die Natur gesund ist», weiss Katharina Bieri, die Präsidentin der Umweltgruppe Kehrsatz. Sie ist Biologin und kennt sich aus mit der Natur, die ihr sehr am Herzen liegt. Seit sich die Umweltgruppe Kehrsatz 1987 gegründet hat, ist viel passiert und die Tatsache, dass Kehrsatz so schön grün und idyllisch ist, führt sie auch auf das Wirken der Umweltgruppe zurück. Sie hat mittlerweile einen festen Platz in der Gemeinde und die 80 aktiven Mitglieder der Umweltgruppe stellen zusammen viele Projekte auf die Beine: von Neophytenbekämpfung – eingeschleppten Pflanzen, die sich unkontrolliert ausbreiten – über Nistkästen- und Heckenpflege bis hin zu Nisthilfen für Eidechsen, um nur einige zu nennen. Die Glühwürmchen-Exkursion am 11. Juli richtet sich an alle Interessierten, egal ob Jung oder Alt. Treffpunkt ist um 19 Uhr bei der Gemeindeverwaltung Kehrsatz, dem Blumenhof, Zimmerwaldstrasse 6. Von dort wandert man ins Glühwürmchen-Gebiet, wo es ein gemeinsames Picknick gibt. Gegen 22.30 Uhr geht es dann auf Glühwürmchen-Suche, denn die kleinen Käfer leuchten nur in der Dunkelheit. Mitbringen sollte man eigentlich nur das Picknick, gute Schuhe und eine warme Jacke. Sollte es regnen, wird die Exkursion auf den 12. Juli verschoben.