Also alles beim Alten? Jein. Alles beim neuen Alten. Doch der Reihe nach. Seit drei Jahren kennt Köniz eine emsige Gemeindepräsidentin. Tanja Bauer hat eine Agenda wie eine Bundesrätin, tritt häufig auf und macht nach aussen beste Werbung für ihre Gemeinde. Bei den Wählerinnen und Wählern kommt das gut an. Natürlich hat Bauer für die Wiederwahl nichts zu befürchten. Tritt sie doch als einzige Kandidatin an. Aber sie erhält 9201 Stimmen, bei 11‘571 eingegangenen Wahlzetteln. Die SP Köniz spricht zurecht von einem Glanzresultat. «Ich freue mich darauf, Köniz in den nächsten vier Jahren gemeinsam mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften respektvoll und konstruktiv weiterzuentwickeln», sagt Tanja Bauer. Im fünfköpfigen Gemeinderat behalten die SP, die FDP, die GLP, die Grünen und die SVP ihren jeweiligen Sitz, im Parlament bleiben die Kräfteverhältnisse zwischen links und rechts gleich. Weshalb doch nicht alles beim Alten bleibt, bedarf einer genaueren Betrachtung.
Der fast neue Gemeinderat
Hochspannung bietet die Ausgangslage in der Exekutive. Mit Christian Burren (SVP), Hans-Peter Kohler (FDP) und Hansueli Pestalozzi (Grüne) treten gleich drei Gemeinderäte nicht mehr an. Die SP greift zum wiederholten Male an und versucht den 2013 verlorenen zweiten Sitz wieder zurückzuerobern. Daraus ergaben sich im Vorfeld viele Szenarien, welche die Parteien diskutiert und debattiert haben. Je besser Tanja Bauer abschneidet, desto näher rückt ein zweiter SP-Sitz im Gemeinderat, heisst es da zum Beispiel. Oder aber, dass ein zweiter Sitz der Sozialdemokraten auf Kosten der Grünen gehen könnte, ist etwa am Wahlpodium der Könizer Zeitung | Der Sensetaler sowie Hauptstadt zu hören. Die Nervosität ist spürbar. Nicht aber bei den Kandidierenden. Am Wahlsonntag kommt Dominic Amacher (FDP) ruhig und zuversichtlich ins Schloss Köniz. Rundherum zeigt man sich angespannt, er aber ist die Ruhe selbst. So als hätte er es geahnt. Der 46-jährige Unternehmer macht hinter Tanja Bauer das zweitbeste Wahlresultat. Die Jubelrufe der Freisinnigen hallen lauthals durch den Rossstall im Schloss Köniz, als Gemeindeschreiber Pascal Arnold die 4210 Stimmen bekannt gibt. «Ich habe immer daran geglaubt. Heute feiern wir, aber schon morgen geht es los, wir haben viel zu tun», sagt er an die Adresse seiner Parteifreunde. Inzwischen wischen sich einige Freisinnige schon Freudentränen aus den Augen, als es im SVP-Lager laut wird. Kathrin Gilgen (SVP) wird umarmt und bejubelt. Sie selbst aber bleibt ruhig und gelassen. «Ihr kennt mich. Ich brauche einen Moment um zu begreifen, was gerade passiert ist», meint sie im Anschluss. Doch wer genau hinschaut, der konnte durchaus erkennen, dass die beliebte Wangentalerin den Tränen für einen Moment ziemlich nah stand. Die Grünen vernehmen nur wenige Meter neben den SVP-Anhängern von ihrem Erfolg und erfahren, dass ihre Spitzenkandidatin und Grossrätin Dominique Bühler (Grüne) den Sprung in den Gemeinderat schafft. Die Freude der Partei ist gross, Bühler selbst nimmt die Gratulationen dankend an, richtet aber schon den Fokus auf ihr neues Amt und die damit verbundenen Aufgaben. «Ich werde mich dafür einsetzen, dass Entscheide im Sinne der gesamten Bevölkerung und der kommenden Generationen gefällt werden», so Bühler in ihrer typisch fokussierten Art und Weise. Die GLP indes sieht ihren bestehenden Gemeinderat Thomas Marti im Amt bestätigt, mit einem klaren Resultat, welches aufzeigt, dass es sich herumgesprochen hat, wie dossiersicher der Grünliberale ist. Er darf das Resultat als Honorar für seine bisherige Arbeit verbuchen. Géraldine Mercedes Boesch konnte den zweiten Sitz für die SP nicht holen. Sowohl Grüne wie auch SVP und FDP hieven ihre neuen Kandidierenden mit Erfolg in den Gemeinderat. Und genau deshalb ist nicht mehr ganz alles beim Alten. Im Gemeinderat Köniz sitzen seit Langem wieder mehr als eine Frau im Amt. Künftig werden es mit Tanja Bauer (SP), Dominique Bühler (Grüne) und Kathrin Gilgen (SVP) deren drei sein. Was sich auch noch ändern dürfte, um ein wenig in die Kristallkugel zu schauen, ist, dass der neue Gemeinderat in Finanzfragen gefühlt restriktiver wird. Zudem darf man sagen, dass mit den neuen Kräften Amacher, Bühler und Gilgen viel Energie und Elan einkehren. Das fünfköpfige Ensemble scheint viele Fähigkeiten zu vereinen und das stimmt in Anbetracht an kommende, schwierige Aufgaben wie Investitionsstau, Schulraumausbau oder Klimamassnahmen zuversichtlich.
Parlament mit zwei Polen
Unlängst hat das Forschungsinstitut «Sotomo» den Wahlbarometer erhoben und die nationalen Tendenzen der Bevölkerung publiziert. Wie der zuständige Experte und Politwissenschafter Michael Hermann zusammenfasst, erhalten die Polparteien SVP und SP mehr Zustimmung, die lieberalen Kräfte hingegen verlieren an Boden. Wie sagt Tanja Bauer öfters so schön: «Köniz ist wie eine kleine Schweiz.» Ganz genau. Denn die nationale Erhebung bildet genau die Wahlresultate für das Könizer Parlament ab. Die stärkste Partei in der Gemeinde bleibt die SP. Sie baut gar um einen Sitz aus und stellt nun 11 Sitze, was einem Wähleranteil von cirka 27 % entspricht. Gar zwei Sitze dazugewinnen kann die SVP. Ihr Präsident Florian Moser hatte genau dies zum Ziel gehabt. Neu kommt die SVP auf 8 Sitze mit einem Wähleranteil von rund 20 %. Zwei Polparteien, die zulegen. Stellt sich also die Frage, auf Kosten welcher Parteien die beiden zulegen konnten. Auf der linken Seite müssen die Grünen einen Sitzverlust beklagen, und zwar einen der Jungen Grünen. Neu belegen die Grünen sieben Sitze. Vor vier Jahren legten sie noch um zwei Sitze zu, nun verlieren sie wieder einen davon, die Partei selbst spricht von «einer leichten Korrektur». Dass die Jungen weniger gut vertreten sind, zeigt eine weitere Tendenz in diesen Wahlen auf: Die Wählerschaft setzt auf Erfahrung. Das dürfte auch im Gemeinderat eine Rolle gespielt haben, weil mit Amacher, Bühler und Gilgen drei langjährige und sehr erfahrene Parlamentarier den Sprung in den Gemeinderat geschafft haben. Doch zurück zum Parlament. Auf der bürgerlichen Seite schnappt die SVP der FDP einen Sitz weg. Die Freisinnigen haben nun noch fünf Sitze inne. Die FDP Köniz spürt im Parlament die nationale Tendenz. Auch der zweite Sitzverlust geht in dieselbe Richtung. Die Grünliberalen haben neu fünf Sitze und nicht mehr sechs. Parlamentspräsident Casimir von Arx (GLP), der nicht mehr antreten kann, hat genau dieses Resultat vorausgesagt. Aufgrund dessen, dass mit Amacher, Bühler und Gilgen drei Parlamentarier in den Gemeinderat ziehen, gibt es Platz für neue Kräfte in der 40-köpfigen Legislative. Gleich neun neue Namen tauchen auf. Augenfällig sind die besten Wahlresultate fest in den Händen der SP und SVP; auch hier bestätigt sich die Pol-Stärkung. Die meisten Stimmen aller 218 kandidierenden Personen erhielt Brigitte Rohrbach (SP). Gefolgt von drei weiteren SP-Frauen, bevor auf Rang fünf die SVP erstmals zu liegen kommt. Diese beiden Parteien belegen gemeinsam Rang 1 bis 16 bei den Wählerstimmen.
Zukunftsszenarien
Gestärkte Pole sind das eine, aber genauso typisch für Köniz ist eine breite Mitte. EVP (zwei Sitze), die Mitte (zwei Sitze) und GLP (fünf Sitze) ergeben neun Sitze in der Fraktion. Im Könizer Parlament wird es also weiterhin darauf ankommen, wer die Mitte überzeugen kann. Weder die Bürgerlichen noch die Linken können im Alleingang eine Abstimmung durchbringen. Sowohl im Gemeinderat wie auch im Parlament müssen alle Parteien gemeinsam an Lösungen feilen. Die Könizer Zauberformel «jede Partei hat einen Sitz» scheint den Bürgerinnen und Bürgern wichtig zu sein. Auch wenn im Vorfeld mehrfach daraufhingewiesen wurde, dass es diese Zauberformel gar nicht gäbe – die Wahlen zeigen: …und es gibt sie halt doch.
Gewählt sind:
Gemeinderat 2026 – 2029:
In der Reihenfolge der Wählerstimmen
Tanja Bauer (SP), Gemeindepräsidentin
Dominic Amacher (FDP) NEU
Thomas Marti (GLP)
Dominique Bühler (Grüne) NEU
Kathrin Gilgen (SVP) NEU
Das Parlament 2026 – 2029:
In der Reihenfolge der Wählerstimmen
SP: 11 Sitze
Brigitte Rohrbach
Isabelle Steiner
Géraldine Mercedes Boesch
Arlette Münger
Franziska Adam
Janka Hamm
Mayra Kyra Vasquez Faccio
Jutta Gubler Kläne-Menke
Urs Mumenthaler
Bülent Celik
Lennart Koch NEU
SVP: 8 Sitze
Reto Zbinden
Andrea Winzenried
Florian Moser
Roland Hofer
Christine Burren NEU
Adrian Hostettler NEU
Benjamin Marti NEU
Beat-Michael Roth NEU
Grüne: 7 Sitze
Christina Aebischer
David Müller
Christine Müller
Monika Röthlisberger
Lukas Erni
Klaus von Muralt
Sara Gasser (Junge Grüne)
GLP: 6 Sitze
Sandra Röthlisberger
Fabienne Marti Locher
Andreas Hauser
Roland Akeret
Katrin Aeschbacher NEU
Mimo Pfander NEU
FDP: 5 Sitze
Tatjana Rothenbühler
Selin López
Mark Kobel
Marlen Bigler NEU
Roland Sonderegger
EVP: 2 Sitze
Katja Streiff
Matthias Müller
Die Mitte: 2 Sitze
Toni Eder
Sladjan Petrovic