Von Köniz nach New York

Von Köniz nach New York

Aneschka Berch-told, Korrespondentin dieser Zeitung, wurde mit 19 Jahren UNO-Jugenddelegierte und repräsentierte während den letzten zwei Jahren die Schweizer Jugend auf internationaler Ebene. In diesem Artikel berichtet sie über ihre Erfahrungen.

«Wir sind gleich dran!», rief mir eine Mitarbeiterin der Schweizer Mission bei der UNO in New York zu, als sie eilig das Damen-WC des UNO-Hauptgebäudes betrat. Ich war gerade dabei mir die Hände zu waschen und nochmals tief durchzuatmen. Mit «Wir» war die Schweiz gemeint und mit «gleich dran» meinte sie mich. Ich war 20 Jahre alt und würde in wenigen Minuten im Namen der Schweizer Jugend eine Rede während der 78. UNO-Generalversammlung halten. Im Newsletter der Lerbermatt hatte ich während meinem letzten Jahr am Gymnasium die Ausschreibung «UNO-Jugenddelegierte gesucht» gelesen. Bereits seit ich 14 Jahre alt war, engagierte ich mich für diverse politische Themen in verschiedensten Formen: Stimmrechtsalter 16, Klimastreik und eine Debatte in der SRF-Arena. Ich bewarb mich und wurde von der Schweizer Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV) und dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gemeinsam mit Flora Chiper und Pleun Vaartjes für eine zweijährige ehrenamtliche Mandatszeit als Schweizer UNO-Jugenddelegierte ausgewählt.  UNO-Jugenddelegierte, oder auch «Youth Reps», haben drei Hauptaufgaben. Youth Reps sensibilisieren die Jugend in der Schweiz für UNO-Themen, repräsentieren die Schweizer Jugend an internationalen Konferenzen und geben Inputs zur Schweizerischen Aussenpolitik aus Jugendperspektive. Genau das würde ich während den nächsten zwei Jahren neben meinem Studium in Zürich tun.

Ein etwas anderer Studiumsbeginn

In der zweiten Woche meines Studiums der Politikwissenschaften und Geografie bahnte ich mir also den Weg vom WC in den Konferenzsaal der Vereinten Nationen in New York, anstatt in den Hörsaal der Uni. In meiner Rede, welche von der Schweiz grundsätzlich immer in Französisch gehalten wird, sprach ich kurz darauf über sexuelle und reproduktive Gesundheit, Periodenarmut und fehlende Forschung zu Krankheiten, die Personen mit einer Gebärmutter betreffen. Insgesamt nahm ich während 1,5 Wochen an Sitzungen, Diskussionsrunden und bilateralen Gesprächen teil. Gemeinsam mit Jugenddelegierten aus anderen Ländern organisierte ich einen «Side Event» dazu, wie der Klimawandel in vielen Regionen besonders Frauen stark betrifft. Ein «Side Event» ist eine Veranstaltung am Rande des offiziellen Programms, welche dazu dient, besondere Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken.

Zurück in Europa

Die Zeit in New York verging wie im Flug und ich kehrte mit vielen neu gewonnenen Eindrücken zurück. In den darauffolgenden Monaten nahm ich an einem Workshop für Jugenddelegierte aus ganz Europa in Berlin teil, kommentierte gemeinsam mit meinen «Co-Youth Reps» die schweizerische Aussenpolitik und wir brachten so die Jugendperspektive unter anderem in die Verhandlungen zum «UNO-Zukunftspakt» ein.

«Was ist die Meinung der Jugend zur UNO?» Diese und viele ähnliche Fragen bekamen wir als «Youth Reps» ständig gestellt. Statt nur unsere eigene Meinung weiterzugeben, wollten wir wissen, was verschiedene Jugendliche denken. Also haben wir einen Workshop entwickelt und sind in Schulen in allen Sprachregionen der Schweiz – von Disentis bis Genf – gereist.

Was denkt die Gen Z?

Über 200 Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren haben dabei offen erzählt, was ihnen wichtig ist. Die Antworten haben wir gesammelt und in einem kleinen Büchlein festgehalten. Ganz oben auf der Liste: Frieden und Sicherheit, dicht gefolgt vom Klimawandel. Im Alltag hingegen beschäftigen viele Jugendliche mentale Gesundheit, der Einstieg ins Berufsleben und die digitale Welt. Als wir später die Resultate vor Diplomatinnen und Diplomaten sowie Entscheidungstragenden präsentierten, war die Energie der jungen Generation spürbar. Das Interesse war gross und wir konnten die Anliegen bei weiteren Aktivitäten einbringen. So etwa als Teil der Schweizer Delegation an UNO-Konferenzen in Genf oder durch einen Brief an den UNO-Sicherheitsrat, der von der Schweiz offiziell eingereicht wurde.  Bevor ich mein Mandat als «Youth Rep» antrat, hatte ich kaum Wissen über die UNO oder Diplomatie. Was ich mitbrachte, waren Tatendrang, Neugier und Motivation, diese komplexe Welt der internationalen Beziehungen zu verstehen. Ich wollte für eine Bevölkerungsschicht, die einerseits unterrepräsentiert und andererseits überbetroffen ist von heute gefällten Entscheidungen als Sprachrohr dienen und mich für Themen wie Klimawandel oder Gleichstellung einsetzen. Diese Zeit hat mich in meinem Engagement bestärkt und gezeigt, dass junge Menschen in der Diplomatie ernst genommen werden.

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