Wenn Bern und Freiburg zusammen agieren

Wenn Bern und Freiburg zusammen agieren

Geht die Haustüre Richtung Bern oder Freiburg auf? Faktisch pilgern tausende Freiburger täglich in die Bundeshauptstadt. Das Agglomerationsprogramm Bern soll deshalb künftig die Gemeinden Wünnewil-Flamatt, Schmitten, Bösingen und Ueberstorf einschliessen.

Frühmorgens drängen sich die Blechlawinen dicht an dicht, um die Autobahnzubringer der A12 von Freiburg Richtung Bern zu erreichen. Acht Stunden später kehrt die Autokolonne zurück, staut sich an den Autobahnausfahrten und in den angrenzenden Gemeinden. Es sind jene Menschen, die zwar im Kanton Freiburg wohnen und leben, deren Wohnungstüre aber eher Richtung Bern aufgeht. «Die grossen Probleme im Verkehr sind in den Agglomerationen und nicht am Gotthardtunnel», sagt Michael Blanchard. Er ist der Koordinator Agglomerationen und wissenschaftlicher Berater in Freiburg.

Agglomerationsprogramm
Seit 2007 unterstützt der Bund gemeindeübergreifende Massnahmen, um verkehrstechnische Probleme zu lösen oder zu mindern. Der Bund nennt dies das Programm Agglomerationsverkehr (PAV) mit seinen Agglomerationsprogrammen (AP). «Es gibt zahlreiche Gemeinden, die im Bundesperimeter der Agglomerationen sind, aber noch nicht in einem AP teilnehmen», sagt Blanchard. Das ist bedauerlich, weil Gemeinden Verbesserungen wie beispielsweise multimodale Plattformen, Aufwertungen, Langsamverkehr allein kaum stemmen können; im Verbund jedoch lassen sich darüber hinaus ineinandergreifende Lösungen realisieren, die der Bund massgeblich mitfinanziert.

Kantonsübergreifend
Die Gemeinden Wünnewil-Flamatt, Bösingen und Schmitten liegen im offiziellen Bundes-Agglomerationsperimeter der Stadt Bern und wären grundsätzlich subventionsberechtigt, vorausgesetzt sie nehmen an einem AP teil und entwickeln eine kohärente Siedlungs- und Verkehrspolitik mit konkreten Infrastrukturmassnahmen. Ueberstorf hingegen ist noch nicht subventionsberechtigt. Das möchte der Kanton Freiburg ändern. «Wir haben die Gemeinden im Perimeter ermutigt, sich am Agglomerationsprogramm zu beteiligen. Die ersten Reaktionen sind vielversprechend», fügt der Experte an. Aufgrund der bestehenden funktionalen Beziehungen würde auch ein Mitmachen von Ueberstorf Sinn ergeben. Für Bern ergibt das eine neue Situation. Anders als etwa in der Ostschweiz kennt Bern noch kein kantonsübergreifendes Agglomerationsprogramm. Im Rahmen der «AP5» soll sich das aus Sicht der Feiburger nun aber ändern, damit ihre Gemeinden sich beteiligen können. «Wir haben bereits erste Gespräche mit dem Kanton Bern geführt», so Blanchard zuversichtlich. Er fügt an, dass «mit etwas gutem Willen und Engagement von allen Seiten», die Erweiterung der Sensler-Gemeinden gelingen könnte.

Weitsichtige Planung
Es bleibt ihm noch ein wenig Zeit hierfür, zumal das Agglomerationsprogramm 4 gerade erst beim UVEK deponiert wurde. Der Kanton Freiburg arbeitet deshalb daran, für die «AP5» seine Gemeinden zu integrieren. «Dennoch müssen die Vorbereitungen heute schon anlaufen», weiss der Koordinator. Spätestens 2023 müssen die Vorarbeiten beginnen, damit rechtzeitig 2025 das «AP5» deponiert werden kann. «Wir erwarten die schriftlichen Stellungnahmen der Gemeinden bereits anfangs nächsten Jahres», meint Blanchard. Aus gutem Grund. Ueberstorf wäre neu im Perimeter aufzunehmen und ein allfälliges Mitmachen müsste frühzeitig mit dem Kanton Bern koordiniert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass der Bund nur eine neue Anfrage pro Perimeter gestattet. Es ist also Verhandlungssache mit den Bernern, ob Ueberstorf diesen Platz einnehmen darf.
Das Agglomerationsprogamm eröffnet mehr Gestaltungsmöglichkeiten, um die Pendlerströme in den Griff zu bekommen und ein funktionierendes Verkehrssystem zu entwickeln. Der Kanton Freiburg versucht nun, diese so zu nutzen, dass es gar keine Rolle spielt, wo die Kantonsgrenze verläuft, sondern nur noch, wessen Haustüre Richtung Bern oder Freiburg aufgeht. Michael Blanchard hat in den kommenden Jahren ein wichtiges Programm auf seinem Tisch, damit Verbesserungen möglich werden. Gelingt das Vorhaben, wäre es ganz nebenbei ein schönes Beispiel, wie Freiburg und Bern zusammen agieren, um übergeordnete Ziele zu realisieren.

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