«Wenn Deutschland hüstelt…»

«Wenn Deutschland hüstelt…»

«Wenn Deutschland hüstelt, haben wir schon eine Lungenentzündung», brachte Dieter Frey, Professor für Volkswirtschaft, die wirtschaftlichen Zusammenhänge in Europa an der Lohnrunde 2019 auf den Punkt. Die IG Wangental lud Ende November zu diesem traditionellen Event, der dieses Mal nicht in Niederwangen, sondern in Flamatt stattfand.

«Sowohl hier in der Schweiz als auch in der EU, der Heimat unserer wichtigsten Handelspartner, übernehmen neue Kräfte und Akteure die politischen Gre­mien. Was bedeutet das für ­unsere Wirtschaft?», fragte Thomas Frey, Präsident der Interessengemeinschaft Wangental. Die Antworten dazu lieferte sein Bruder Dieter Frey, Professor für Volkswirtschaft an der traditionellen Lohnrunde. Diese fand Ende ­November nicht wie gewohnt in der Aula der Schule Nieder­wangen statt, sondern bei der Raiffeisenbank Sensetal in Flamatt.

Schwieriges Wirtschaftsjahr
2019 war bisher international ein schwieriges Jahr. Der Handelsstreit zwischen China und den USA, der Brexit, die Konjunkturabschwächung im Euroraum oder die Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber dem Euro hätten die Schweizer Exporte und Realinvestitionen belastet, sagte Dieter Frey. «Während die Pharma-Industrie unter diesen Auswirkungen kaum zu leiden hat, stellen sie für die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallunternehmen ein grosses Problem dar», führte er aus. «Rund 390 Mrd. unseres 690 Mrd. grossen Bruttoinlandproduktes fällt auf die Export-Industrie», verdeutlichte er das Problem und brachte die Abhängigkeit unserer Wirtschaft gegenüber ausländischen Staaten auf den Punkt. «Wenn Deutschland als unser wichtigster Handelspartner hüstelt, haben wir hier in der Schweiz bereits eine Lungenentzündung!»

Entsprechend schwächte sich das Wirtschaftswachstum in der Schweiz ab. Statt der prognostizierten 1,9% geht man heute seitens der Banken und des KOF noch von einem Wachstum von 0,9% aus. «1% BIP klingt nach wenig, aber das sind 6,9 Mrd. Franken oder ca. 45’000 Arbeitsplätze, die ein Jahr lang Vollbeschäftigung bieten», erklärte Dieter Frey die Zahlen.

Rosigere Aussichten
Indes dürfte sich das Bruttoinlandprodukt im nächsten Jahr wieder erholen. Wirtschaftsexperten gehen von einem Wachstum von 1,9% aus. Ein Grund für die BIP-Schwankungen ist auch die Produktion der Waren. 2018 seien viele Warenlager gefüllt worden. Und der Wert dieser Lager würden beim BIP berücksichtigt. Da sich die Konjunktur 2019 abgeschwächt habe, sei weniger produziert worden, wodurch die Lagerbestände sanken. Deshalb fiel das Wachstum in diesem Jahr weniger hoch aus. Im kommenden Jahr müssten die Lagerbestände aber wieder aufgefüllt werden, weshalb voraussichtlich mehr produziert wird als in diesem Jahr, was den BIP wiederum positiv beeinflussen wird, so Dieter Frey. Das prognostizierte Wachstum dürfte allerdings kaum Auswirkungen auf die Beschäftigung beziehungsweise die Arbeitslosenzahlen haben. «Man geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit noch leicht ansteigt, auf 2,5 im nächsten Jahr und 2,6 im 2021.» Heute liegt diese Quote bei 2,3%.

Dieter Freys Blick haftete nicht nur auf die internationale und die nationale Entwicklung beziehungsweise auf Prognosen. Die IG Wangental führte nämlich im Vorfeld bei ihren Mitgliedern eine Umfrage zur regionalen Konjunkturentwicklung durch. Und deren Einschätzung bezogen auf den eigenen Betrieb war verblüffend deckungsgleich mit den Prognosen des KOF: vorsichtig optimistisch. Nur gerade im Bausektor zeichnen die im Wangental angesiedelten Unternehmen ein eher düsteres Bild mit leichten Umsatzeinbrüchen. «Der Unterschied zu den KOF-Prognosen erklärt sich natürlich in der Art der Unternehmung, ob sie im Hoch- oder im Tiefbau tätig ist. Denn 2019 wurden in der Schweiz im Hochbau 15% weniger Baugesuche eingereicht als im Jahr zuvor», so Dieter Frey.

Mehr Geld in der Lohntüte?
Wie in allen anderen Branchen erhalten aber auch die Beschäftigten im Wangentaler Baugewerbe mehr Lohn. In den meisten Branchen werden die Gehälter individuell erhöht. Einzig im Baubereich wurde zwischen Verbänden und Gewerkschaften eine generelle Lohnerhöhung von 80 Franken ausgehandelt. Die Erhöhung der Lohnsumme bewegt sich zwischen 0,5 und 1%.

Im Anschluss an die «Lohnrunde» lud die Raiffeisenbank Sensetal zum Apéro. Die Bank hat das Erdgeschoss ihres Hauptsitzes zu einem Treffpunkt mit Bistro und Popup-Store eingerichtet. «Durch die Digitalisierung hat sich das Bankenumfeld sehr verändert. Das neue Konzept bietet uns die Möglichkeit, unsere Kundinnen und Kunden in einem anderen als das Bankenumfeld zu treffen», verriet «Lohnrunde»-Gastgeber Arno Muri, Mitglied der Bankleitung.

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