Im Jahr 1908 lancierte die Firma «Maggi» in Kemptthal den Bouillonwürfel, in Bern wurde die «Toblerone» erfunden, und in Frankreich flog erstmals ein motorbetriebenes Flugzeug mehr als einen Kilometer weit. In Thun erblickte Frieda Schoch das Licht der Welt. Frieda Binz hat die Menschen gerne. Das war immer so, schon in ihrer Kindheit in Thun, wo sie die Schule besuchte. Gefragt nach ihren frühen Erinnerungen, nennt sie ohne zu zögern den starken Bezug zu ihren Eltern, Geschwistern und zu ihren damaligen Freundinnen, allen voran Vreni aus der Nachbarschaft. Die Turnfeste fallen ihr ein, «Boden- und Geräteturnen, das waren meine Stärken». Was sie auch nicht auslassen will: «Die Tanzabende sind auch schöne Erinnerungen an diese Zeit.» Neugierde, Aktivitäten und Wissensdrang prägten das Leben von Frieda Binz schon in jungen Jahren sehr stark. Vor allem aber ein natürliches Selbstverständnis, sich selber zu verwirklichen. Gewissermassen eine gelebte Emanzipation zu einer Zeit, als dieser Begriff in jeder Beziehung ein Fremdwort und die vorgesehene Rolle der Frau in der Gesellschaft eine andere war.
USA-Reisen mit über 90
Sie liest täglich Zeitung. Diese legt sie jetzt beiseite und erzählt aus der Zeit nach dem Schulabschluss. Da ging sie nämlich nach Zürich und machte dort eine Lehre als Telefonistin. Diesen Beruf gab es noch nicht lange, die Automatisierung der Telefonie steckte in den Kinderschuhen, und die Telefonistinnen stellten die Verbindung am Umschaltschrank von Hand her. Frieda Binz will in ihren Erinnerungen nicht beim Thema Jugendzeit verharren. Viel zu gerne erinnert sie sich auch an all ihre Reisen. Diese führten sie nach Nordamerika, zu ihrer Tochter. Ruth war als junge Frau in die USA gezogen und lebt mit ihrem Ehemann immer noch dort. Frieda Binz war etwas über 50, als ihr Mann Max verstarb. Jahre später, die Kinder waren erwachsen und selbstständig, reiste sie jedes Jahr zu Ruth in die USA. Oft blieb sie mehrere Monate dort. Oberflächliche Konversation mit der dortigen Bevölkerung war nicht die Sache von Frieda Binz. Also perfektionierte sie ihr Englisch. Konsequent, jahrelang.Mit 95 Jahren besuchte sie in Begleitung ihrer Tochter die Region des Mount McKinley in Alaska, mit 96 war sie auf Bermuda und mit 99 Jahren – anlässlich ihres letzten Aufenthaltes in den USA – bereisten Mutter und Tochter den Nordwesten.
Skifahren und Berge
Frieda Binz will noch eine weitere Passion von sich erwähnen, damit sie es ja nicht vergisst. Natürlich, gerne, aber vorher doch nochmals einen Blick zurück. Nach ihrer Ausbildung in Zürich zog sie nach Bern, wo ihre Eltern in der Zwischenzeit lebten. Dass sie in deren Haushalt einzog, hatte einen triftigen Grund: «Für die Hochzeit mit Max musste ich Geld sparen.» Sie arbeitete in Thun als Telefonistin. Im Jahr 1931 zog sie in die Gemeinde Köniz, ihre drei Kinder kamen zwischen 1936 und 1943 zur Welt. In diesen Zeitraum fiel auch der Kauf des Hauses am Jolimontweg im Spiegel. Das ist eine ihrer prägenden Erinnerungen an das Erwachsenenleben, dazu das Heranwachsen der Kinder, die Jahre mit Max und eben, diese weitere Leidenschaft: der starke Bezug zu der Bergwelt. Kaum ein Berg war vor ihr und ihrem Ehemann sicher. Wandern alleine genügte nicht, alpinistische Hochtouren mussten schon auch sein. Dieser Leidenschaft frönte sie später mit ihren Freundinnen. Alpines Skifahren erwähnt Frieda Binz auch, und Tochter Ruth ergänzt, dass Skiferien in Zermatt jedes Jahr dazugehörten. Erst im hohen Alter stellte sie die Alpin-Skier beiseite und schnallte sich fortan Langlaufskier an die Füsse. Dieser Schritt soll, wie man so hört, einiges an Überredungskunst gebraucht haben. Bis zu ihrem 101. Altersjahr lebte Frieda Binz alleine in ihrem Haus im Spiegel, im August 2009 erfolgte der Eintritt in das Pflegezentrum.
Es hat sich manches verändert, in den 108 Jahren, seit Frieda Binz auf der Welt ist. Flugzeuge fliegen viel weiter und schneller als damals. Schnell ist sie nicht mehr unterwegs, das braucht sie auch nicht. Dafür hat sie jetzt Zeit. Und freut sich über die kleinen Dinge des Lebens und darüber, dass sie gut umsorgt und nicht alleine ist.