11 Frauen bestellen sich Zmittag. Und 1 Mann.

11 Frauen bestellen sich Zmittag. Und 1 Mann.

Das Leben schreibt die schönsten Geschichten, die wildesten, keine Fantasie vermag da mitzuhalten. Vor Kurzem hatte ich eine Art Nostalgie-Treffen mit 11 Frauen – ich als einziger Vertreter meines Geschlechts. Hahn im Korb.

Damit eines klar ist, gleich zu Beginn: Ich habe mich auf das jährliche Treffen mit den ehemaligen Kolleginnen extrem gefreut – und werde dieses Jahr wieder hingehen, so sie mich denn wieder einladen, was so sicher nicht ist.

* * * *
Treffpunkt: Ein kleines Restaurant in Bern. Nadisna treffen die Frauen ein. Wiedersehensfreude, schliesslich haben sich die meisten ein Jahr nicht gesehen. Zum Apero wird (ein unverschämt teurer) Prosecco gereicht, mit (ebenso sauteuren) Oliven und Hartkäse-Stückli, vom einzigen Herrn in der Runde gespendet, in Unkenntnis der Preise, gutgläubig, aber wer vermutet schon, dass der Prosecco teurer als der Ripasso ist? Hat man(n) nun davon.

* * * *
Entsprechend der Grösse des Restaurants ist auch die Speisekarte. Pro Wochentag gibt es nur 3 Menüs zur Auswahl: Fleisch/Fisch oder Vegetarisch oder Pasta, alle auch als Take-Away mit 10% Reduktion erhältlich, was in unserem Fall aber nicht infrage kommt. Der Schein trügt: Was als einfache Wahl anmutet – bei nur 3 Menüs – das kann in ein Chaos ausarten, wenn sich 11 Frauen entscheiden sollen. Und damit hätte ich auch gar nichts gegen Frauen gesagt, weil wir Männer bekanntlich einfacher strukturiert sind, geht das bei uns schneller. Merke: Die Menükarte liegt bei allen auf dem Tisch.

* * * *
Auswahl: Gesottene Neuenburger Saucisson auf Dörrbohnenbeet mit Kartoffelwürfel und Senf­sauce oder mit Gemüse gefüllte und mit Käse überbackene Aubergine an Couscous, dazu Zitronen-Joghurtsauce oder Pasta mit tagesaktueller Sauce («Fragen Sie unser Personal»). Alle 3 Menüs werden mit einer Jägersuppe gestartet (Vegi). Für mich klar: Pasta. Basta.

* * * *
Weil die Damen allesamt am Schnädere sind, bittet der Kellner um Aufmerksamkeit. «Was gibt es denn?», will Regula* wissen. Eine harmlose Frage, der Kellner verweist auf das Menü. «Was haben wir heute für einen Wochentag?», ergeht von Marianne. «Dienstag.» – «Kann man statt Suppe auch einen grünen Salat haben?», fragt Rita. – «Ja, sicher.» Das Chaos beginnt, weil Therese nach der Salatsauce fragt. Nach schätzungsweise sechs Minuten und Hände-in-die-Höhe-halten steht fest: 4 Suppen, 4 Salate französisch, 4 Salate italienisch, 1 Salat ohne Sauce. Macht 13. Haut nicht hin. Zurück auf Startfeld 1. Corinne hat zweimal die Hände in die Höhe gehalten. Danach geht das Geschnäder weiter, der Kellner versucht zu unterbrechen, erfolglos, ich klopfe mit dem Messer ans Glas.

«Kann ich auch eine halbe Portion haben?», erkundigt sich Gundula, gefolgt von Karin: «Ist es möglich, die Aubergine statt mit Couscous auch mit Reis zu haben?» Lässt sich machen. Beides. Giorgio notiert alles auf seinem Blöckli, nur um darauf mit einem Streichkonzert zu beginnen. «Nein, ich möchte doch lieber Pasta – was genau für Teigwaren sind es?» Silvie hat zweimal überhört, dass Farfalle angesagt sind. Eine der Frauen erkundigt sich, ob die «Sosiso dö Nöschatell» bereits in der Küche eingestochen wird, «weil es sonst so fettig spritzt». Der Kellner bestätigt auf Wunsch die Vorarbeit in der Küche. Er notiert. «Nein, warten Sie, ich nehme doch lieber die Aubergine. Was für Käse nehmen Sie zum Überbacken?»

* * * *
Ich sitze da, höre genau zu, im Wissen, dass unser aller Zmittag in eine Realsatire münden wird (diese Kurzstory, die Sie gerade lesen). Carla möchte nach langem Überlegen das Carnarolrisotto, das aber erst am nächsten Tag serviert wird, sodass sie nochmals in medias res gehen muss, eine Art Time-Out für den Kellner, der mit Zusammenzählen beginnt, aber auf keinen grünen Zweig kommt, geschweige denn auf 12. «Wer hat noch nicht bestellt?» Keine Hand wird aufgestreckt, sodass er ein neues Blatt nimmt und mit «Strichli mache» beginnt, dies, nachdem er die Damen und den einen Mann gebeten hat, ihre Wünsche mit Handzeichen (die bekanntlich Klarheit schaffen) zu äussern. Irgendwann im Verlauf des Mittags scheint der Kellner alles beisammen zu haben – und das, ohne dass ich ihn Beruhigungsmittel hätte einwerfen sehen.

* * * *
«Wer hat die Aubergine mit Kartoffeln?» ergeht später in die Runde. Achselzucken und Kopfschütteln. «Haben nicht Sie das bestellt?», will er von Elisabeth wissen, die im Gespräch mit Regula vertieft ist. «Wie? Was?» – «Die Aubergine mit Kartoffeln?» – «Ja, was ist damit?» – «Haben nicht Sie das bestellt?» – «Ja, doch, wieso fragen Sie?» Undsoweiterundsofort. Höhepunkt der Veranstaltung dann das individuelle Bezahlen. Aus Platzgründen muss ich Ihnen dieses Kapitel unterschlagen. Und auf das Datum des nächsten Treffs haben wir uns auch noch nicht geeinigt.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«11 Frauen bestellen sich Zmittag. Und 1 Mann.»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2