200 + 2 Jahre Schule Steinenbrünnen

200 + 2 Jahre Schule Steinenbrünnen

«Steinenbrünneler sind ein Volk für sich», heisst es in der Begleitschrift zum 202-jährigen Jubiläum. In diesem Sinne war der Anlass am 2. Juli 2022 ein Volksfest. Eines, das trotz mehreren Hundert Besucherinnen und Besuchern familiären Charakter aufwies. Ein Treffen von Menschen, die einen Ort erlebt und ihn geprägt haben.

«Lueg, dä Tömmeler …» – «Nei, d’Dänälä …»! Emotionale Begrüssungsszenen spielen sich ab auf dem Vorplatz des Schulhauses. Menschen, die über Jahre ein Schulzimmer geteilt hatten, treffen sich teilweise nach Jahrzehnten erstmals wieder. Immer wieder sieht man die Geste, bei der Erwachsene mit ausgestrecktem Zeigefinger aufeinander zugehen und sich in die Arme fallen, wenn sie sich an die Namen erinnern.

Am Eingang des Areals begrüsst Schulleiterin Cristina Graf die Ankommenden; besonderes Augenmerk richtet sie auf die älteren Leute, denen sie den Besuch der historischen Ausstellung im Parterre empfiehlt. Hans Flach, Oberstufenlehrer von 1962 bis 2004, hat sein Archiv geräumt und kistenweise Fotos und Lichtbilder ans Tageslicht befördert. Auf den Tischen liegen Protokollbücher alter Schulkommissionssitzungen, die Ende der Sechzigerjahre auch mal die langen Haare und engen Hosen der Jugendlichen verhandelten. Auf den Bildern, die ein Diaprojektor an die Wand wirft, versuchen die Betrachterinnen die Szenen einem Anlass zuzuordnen und den Gesichtern einen Namen zu geben.

An den Wänden kleben kopierte Klassenaufnahmen, die teilweise über hundert Jahre zurückreichen, einzelne Personen darauf sind identifiziert und namentlich beschriftet. Eine weisshaarige Frau tippt auf den Lehrer auf einem Foto und raunt ihrer Begleitung zu: «Das ist der Zürcher, bei dem war ich noch in der Schule.» Rund siebzig Jahre müssen das nun her sein. Erinnerungen kommen hoch, an eine Zeit, in der «die Lehrer die absolute Macht hatten», wie Fritz Hostettler in der Jubiläumszeitung berichtet. Die Autorität des Lehrers wurde nicht in Frage gestellt, seine Entscheidung über Sek- oder Real-Einstufung war manchmal eine Frage der Sympathie, und Schläge mit dem Lineal oder Ziehen an den Haaren waren gängige Erziehungsmethoden.
Draussen brutzelt der Grill, das Dessertbuffet besteht aus mitgebrachten Torten und Gebäck der Eltern. Die Kinder dürfen auf einem mechanischen Bullen reiten, sich schminken lassen und den Eltern die Klassenzimmer zeigen. Und natürlich ist am Abend auch die obligate Disco angesagt, schön gestaffelt nach Altersgruppen.

In den Klassenräumen sind aktuelle Werkstücke ausgestellt: Bäbistuben aus recyceltem Material, Schreibprojekte oder Flipperkästen aus Holz. Auch digitale Arbeiten werden präsentiert, denn die Zeit ist in Steinenbrünnen trotz aller Nostalgie nicht stehen geblieben. Machtspiele der Lehrkräfte sind dem pädagogischen Dialog mit Eltern und Kindern gewichen, Auswendiglernen und Diktate haben neuen Lernmethoden Platz gemacht.

Vor 1820 – das war noch 28 Jahre vor der Gründung des Schweizer Bundesstaates – gab es für den Niederteil des Dorfes nur eine Schule in Obereichi. Für die Schule Steinenbrünnen (im benachbarten alten Schulhaus) hatte die Schulgemeinde 527 Kronen, 2 Batzen und 3 Kreuzer zusammengelegt, was umgerechnet 1318 Franken entspricht – für damalige Verhältnisse ein stolzer Betrag. Entsprechend wurde der Platz auch maximal genutzt, zunächst als Gesamtschule, später mit einer Unter- und einer Oberklasse. Wie Gemeinderätin Barbara Mischler in ihrer Festansprache ausführt, wurden im Rekordjahr 1868 auf den 88 Qua-
dratmetern der zwei Schulräume 191 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Die heutige
Raumempfehlung liegt bei etwa
80 Quadratmetern – pro Klasse …
Erst 1892 wurde das neue, aktuelle Schulhaus gebaut und im Jahr darauf mit 173 Kindern in drei Klassen belebt.

Doch nicht immer waren die Zeiten rosig. 1984, als sich in drei Klassen gerade noch 42 Kinder versammelten, musste die Bevölkerung eine Klassenschliessung mit der «Aekenmatter-Initiative» verhindern. Seit 2007 gehört Steinenbrünnen zur Schule Schwarzenburg. 2009 wurde die Oberstufe ins Dorf verlegt und die 1. bis 6. Klasse in drei Stufen aufgeteilt. In den drei Klassen sind aktuell fast 60 Schülerinnen und Schüler, und mit mehr als 20 Kindern im Kindergarten Lanzenhäusern ist auch für Nachwuchs gesorgt. Die Legende von Steinenbrünnen, einem Ort, der mehr ist als ein Schulhaus, lebt weiter.

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