Nach der Errichtung eines grosszügigen Gebäude-Ensembles konnte die Abegg-Stiftung im September 1967 ihre Ausstellungsräume beziehen. Das Publikum erhielt so die Möglichkeit, die umfangreiche Kunstsammlung von Margaret und Werner Abegg zu bestaunen. Die hauseigene Textilsammlung ist mittlerweile weltweit ein Begriff. Ihr Spektrum reicht vom vierten Jahrhundert vor Christus bis ins 18. Jahrhundert. Die Textilien stammen vor allem aus Regionen entlang den alten Handelswegen, die China, Zentralasien und Persien mit dem östlichen Mittelmeerraum und Europa verbanden. Die Textilrestaurierung spielte in Riggisberg von Anfang an eine zentrale Rolle. «Dem Ehepaar Abegg war es ein grosses Anliegen, dass ihre gesammelten Textilien, die sie dann der Stiftung vermachten, auch gut aufgehoben sind. Mit der Einrichtung eines spezialisierten Restaurierungs-Ateliers wurden die dazu nötigen Voraussetzungen geschaffen», erklärt Catherine Depierraz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abegg-Stiftung.
Mit dem 50-Jahre-Jubiläum gehen auch 50 Jahre Textilrestaurierung einher. Grund genug, dieses kaum bekannte Fachgebiet ins Zentrum der diesjährigen Sonderausstellung zu stellen. Der Grundstock der Sammlung stammt von Margaret und Werner Abegg. Durch Erwerbungen an Kunstmärkten und Auktionen wird die Sammlung langsam, aber kontinuierlich erweitert. So können dieses Jahr Objekte besichtigt werden, die noch nie gezeigt wurden.
Behang aus Zentralasien
Im Hause der Abegg-Stiftung beschäftigen sich spezialisierte Fachleute und Studierende mit der Erforschung sowie der Konservierung und Restaurierung von Textilien. In der
Sonderausstellung werden diese Arbeiten aufgezeigt. Geplant ist auch die Installation von Bildschirmen, die dem Publikum Kurzfilme und Fotos von Untersuchungs- und Behandlungs-
methoden präsentieren. Eines der Hauptwerke in der Sonderausstellung ist ein seidener Behang in der Grösse von 196 x 173 cm. Das aus Zentralasien stammende und ins 8. bis 9. Jahrhundert datierte Kunstobjekt zeigt Tiere in Medaillons. An diesem Stück wird unter anderem die Problematik der Reinigung aufgezeigt.
Aufgaben der Textilrestauratorin
Nach dem Erwerb eines historischen Textiles kommt das Kunstwerk unter Umständen zuerst einmal in einen Quarantäneraum. «Denn es gibt Textilien, die von Schimmel befallen sind. Schimmelsporen, die noch aktiv sind, können die Gesundheit der Leute, die an den Stoffen arbeiten, gefährden. Aber auch um die Weiterverbreitung der Sporen zu verhindern, ist dies nötig», so Catherine Depierraz. Dann werde in der Regel das Stück untersucht und eine Bestandsaufnahme gemacht. «Aus welchem Material und wie wurde dieser Kunstschatz hergestellt? Die drei häufigsten Materialien sind Seide, Wolle oder Leinen. Dann die Herstellungstechnik: Ist es ein gewobenes, geflochtenes oder gesticktes Textil?», ergänzt die wissenschaftliche Mitarbeiterin.
Feingefühl erforderlich
In einem weiteren Schritt wird der Zustand des Stoffes beurteilt. Hat es Risse, Fehlstellen oder Flecken im Stoff? Die Resultate werden dann dokumentiert. «Ein langwieriges Projekt ist jeweils die Reinigung. Meistens geschieht das durch Absaugen mit einem Mikrostaubsauger. Dies darum, weil die Farben nicht stabil genug und die Fasern zu brüchig für eine Nassreinigung sind», macht Depierraz klar. Dies zu erforschen, sei auch Aufgabe einer Textilrestauratorin. Der Reinigungsprozess des erwähnten Behanges, der stark verunreinigt war, sei auch Thema einer Masterarbeit einer Studentin der Abegg-Stiftung gewesen. Die historischen Stoffe sind in der Regel sehr empfindlich. Fehlstellen oder Risse werden nicht nachgewoben. Sie werden mit einem farblich passenden Stoff unterlegt und nähtechnisch gesichert. Um sie vor weiterer Zerstörung zu sichern, braucht es zudem stabile klimatische Bedingungen und Schutz vor Licht.