Als letzten Winter die Möglichkeiten, etwas zu unternehmen, stark eingeschränkt waren und lediglich Wandern oder Spazieren als Hobby infrage kamen, stiess Geraldine Rösti auf die Idee der Themenwanderwege in der Region. «Aus der Not der Situation ist nun etwas Positives entstanden», meint sie.
Grossen Zuspruch
Inspiriert wurde die Jugendarbeiterin durch einen Krimitrail, den sie mit ihrer Familie in Laupen beging. «Mir gefiel es, dass man wandert und gleichzeitig den Kindern etwas bieten kann, dass auch ihnen Spass macht», blickt sie zurück. Als sie schliesslich mit David Baumgartner, Inhaber und Erfinder von «Tourify», in Kontakt trat, bekam sie die App-Lizenzen für ihre eigenen Themenwege, die selbst gestaltet werden konnten. Somit war trotz Covid-19 ein neues Projekt geboren, bei dem auch die Jugendlichen tatkräftig mitarbeiten durften. Röstis Idee stiess auf grosse Begeisterung im Team, bei den Jugendlichen sowie auch bei den potentiellen Sponsoren, die sich alle beteiligen wollten. «Für dieses und nächstes Jahr sind wir finanziell abgesichert», zeigt sie sich erfreut. Die App-Lizenzen sind bis Ende Januar 2022 gelöst, mit Aussicht auf Verlängerung. «Es ist noch nicht klar, in welcher Form das Ganze nächstes Jahr stattfindet, denkbar wäre eine Verschiebung der einzelnen Wege innerhalb des Gebietes oder auch neue Trails mit neuen Inhalten», sagt sie.
Die Welt der Trolle und Feen
Mittlerweile sind vier der Trails in Niederwangen, Kehrsatz, Schliern und im Liebefeld (dieser führt auch durch Spiegel und Köniz) offen, der fünfte in Niederscherli/Mittelhäusern ist voraussichtlich ab August verfügbar. Die Wege beinhalten verschiedene Themen. Taucht man in Schliern in die Welt der Trolle und Feen ein, so reist man in Niederwangen durch die Zeit, entdeckt Kehrsatz oder begibt sich im Liebefeld auf Mission gegen das Coronavirus. Ob Kinder und Familien, Jugendliche oder junge Erwachsene; für alle scheint es etwas dabei zu haben. Benötigt wird lediglich ein Smartphone mit einer Internetverbindung und einer aktivierten GPS-Ortungsfunktion. Mithilfe einer virtuellen Karte wird man damit zu verschiedenen Posten mit Rätseln geführt, die, sobald man sich an den richtigen Koordinaten befindet, angezeigt werden. Jeder Trail dauert zwei bis drei Stunden, was aber nicht heisst, dass alles an einem Stück gemacht werden muss: Die Themenwege können jederzeit abgebrochen und an einem anderen Tag weitergeführt werden.
Begeisterte Jugendliche
Das Projekt stiess auf viele positive Rückmeldungen. «Von Jugendlichen, Lehrern und Anwohnenden, die sich freuen, ihren Wohnort einmal anders zu erleben. Einige Leute haben in den Kommentarfunktionen der Trail-App geschrieben, dass sie Orte entdeckt hätten, die sie in 20 Jahren noch nie gesehen hätten. Das freut uns natürlich», zeigt sich die Jugendarbeiterin zufrieden. Sie kann sich vorstellen, die Themenwege auch geführt anzubieten: «Die Trails wären sicher eine Möglichkeit für alternative Schulreisen oder Firmenanlässe, die beispielsweise von Jugendlichen geführt werden könnten.»
Aufgrund der Situation musste das Projekt virtuell organisiert werden, was der Kreativität jedoch keinen Abbruch tat, im Gegenteil, wie Rösti überzeugt ist: «Der ganze Lockdown förderte den Einfallsreichtum, wir sprudelten alle vor Ideen und mussten uns dann einigen.» Die Organisation der jeweiligen Thementrails übernahmen die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter der verschiedenen Orte, wobei sich die Teenager selbst tatkräftig beteiligten. «Von den Jugendlichen war ein grosses Interesse spürbar, doch auch viele ältere, Lehr- und Privatpersonen sowie Vereine zeigten viel Engagement», erzählt sie begeistert und findet das Schöne an den Themenwegen, dass sie zwar von der Jugendarbeit initiiert wurden, am Endprodukt jedoch auch viele andere beteiligt waren. Wären die Themenwege nicht in einer Pandemie entstanden, in der für Jugendliche und junge Erwachsene jegliche Freizeitmöglichkeiten unmöglich wurden, wären sie wahrscheinlich nicht auf so viel Zuspruch und Begeisterung gestossen, ist sich Rösti sicher. «Doch durch die Situation suchten die jungen Leute eine Beschäftigung, wieder mehr auf ihren Wohnort bezogen; das kam uns zugute.» Was mit einem Lockdown begann, endete nun in jeglicher Hinsicht in einem vollen Erfolg; immerhin für dieses Projekt kam die Pandemie gelegen.
Nadia Berger