Es wäre eine Sensation gewesen, wenn nach einer gefühlten Ewigkeit die Kräfteverhältnisse im Staatsrat nach links gerutscht wären. Im ersten Wahlgang schlossen noch der SP-Kandidat Jean-François Steiert und die Grüne Sylvie Bonvin-Sansonnens am besten ab. Dies gelang dank einer Listenverbindung, welche die Bürgerlichen nicht eingingen. Eine Überraschung blieb zwar im zweiten Wahlgang nicht aus, betraf aber den Vertreter auf der anderen Seite des Parteienspektrums. Mit Philippe Demierre zieht nach 25 Jahren wieder ein SVP-Politiker in die Kantonsregierung ein.
Nur noch zwei Sitze
Die Bürgerlichen setzten im zweiten Anlauf nun ebenfalls auf ein gemeinsames Ticket und die Wähler konnten sich mehr oder weniger einfach für bürgerlich entscheiden. Das kam an. Didier Castella (FDP) holte dabei die meisten Stimmen und ist damit für eine weitere Legislatur wiedergewählt. Ein ähnliches Glanzresultat gelang Olivier Curty (die Mitte). Die drittmeisten Stimmen holte der zweite FDP-Vertreter, Romain Collaud. Ein beachtliches Resultat, weil er neu in die Regierung eintritt. Jean-Pierre Siggen (die Mitte) schaffte die Wiederwahl ebenfalls. Den dritten Sitz vermochte die Mitte nach dem Abgang von Georges Godel erwartungsgemäss nicht zu halten. Besagter Sitz ging an die SVP. Die Mitte wollte aber die Bürgerlichen stützen und nicht die Linke, entsprechend zeigen sie sich zufrieden mit dem Ausgang.
Grüne Welle
Die SP verpasste es, den zweiten Sitz zu verteidigen. Nach dem ersten Wahlgang bestanden noch Hoffnungen, sogar den freiwerdenden Sitz von Godel anzugreifen. Das bürgerliche Ticket durchkreuzte diese Pläne. Nationalrätin Valerie Piller Carrard verpasste die Wahl um rund 1300 Stimmen. Jean-François Steiert (SP) hingegen schaffte die Wiederwahl, büsste aber gegenüber dem ersten Wahlgang aufgrund der Listenverbindung der Bürgerlichen an Stimmen ein. Die SP gewinnt also nicht dazu, sondern verliert gar einen Sitz. Zugunsten der Grünen. Nach dem ersten Wahlgang war es keine Überraschung, dass Sylvie Bonvin-Sansonnens neu in den Staatsrat einzieht. Es ist die logische Konsequenz, dass nach den Sitzgewinnen in vielen Gemeinden und im Grossen Rat die Grünen auch in Freiburg in die Regierung gehören.
Tiefer Frauenanteil
So unverändert wie das Stadtbild im Bourg-Quartier bleibt auch die Frauenquote im Staatsrat. Nach dem Abgang der einzigen Frau der letzten Legislatur, Anne-Claude Demierre (SP), standen auf der linken Seite und in der Mitte Kandidierende zur Verfügung. Doch das Volk entschied anders. Nur dank der Tatsache, dass die Grünen in die Regierung gelangen, bleibt überhaupt noch eine einzige Frau in der Exekutive. SP und die Mitte bedauern dies; klar, sie hatten auf ihren Listen eine Frau vorgeschlagen. Es können nur Frauen gewählt werden, wenn sie überhaupt zur Verfügung stehen. Das eben scheint bei den Bürgerlichen nach wie vor eine untergeordnete Rolle zu spielen. So ist und bleibt der Kanton Freiburg beim Thema «Frauen in der Regierung» im schweizweiten Vergleich unterdurchschnittlich.
Der Sensebezirk
Die Seislerinnen und Seisler haben nicht viel anders gewählt als der restliche Kanton. Hätte der Bezirk alleine gestimmt, wären dieselben sieben Köpfe gewählt worden. Der Unterschied liegt in der Gewichtung der einzelnen Personen. Olivier Curty (die Mitte) sorgte für das beste Resultat. Die Grüne Sylvie Bonvin-Sansonnens hingegen wäre nur knapp in den Rat gekommen. Mit Blick auf die einzelnen Gemeinden zeigt sich, dass im Detail das gute Resultat der Bürgerlichen sogar noch etwas deutlicher ausgefallen wäre. In Überstorf beispielsweise wäre die Grüne Frau gar nicht gewählt worden. Gleiches gilt für Tafers; in Wünnewil-Flamatt hingegen umso deutlicher, mit dem viertbesten Resultat.
Eines hat sich im zweiten Wahlgang der Staatsrats-Wahlen nicht verändert. Die Mischung aus Bewährtem und Wandel. Die Bevölkerung setzt in der Regierung erst recht auf die bewährten Kräfte. Der Wandel fand innerhalb des bürgerlichen Lagers zugunsten der SVP statt und bei der Linken zugunsten der Grünen. Gewandelt hat sich demnach das Parteienspektrum, das in der Regierung nun breiter geworden ist. Die Flagge, die auf dem Rathaus weht, wenn die Session des Grossen Rates tagt, ist im übertragenen Sinne also nach wie vor schwarz weiss, hat aber einen farbigen Rand bekommen.