Am Anfang stand der Briefkasten

Am Anfang stand der Briefkasten

Bekannte von mir im Lesegebiet dieser Zeitung haben ein Pro- blem. Sie beabsichtigen, ein Haus zu bauen, besser gesagt, bauen zu lassen. Das ist nicht ihre eigentliche Knacknuss, sondern sieben Nachbarn, die in der Nähe des Bauplatzes wohnen. Es geht unter anderem auch um ein schmales Strässchen, das neben dem neuen Haus zu den bestehenden Häusern führt. Und als wäre es nicht schon kompliziert genug, den besagten Artikel im ZGB zu verstehen: Die netten Nachbarn setzen sogar noch einen drauf.

Art. 781 ZGB handelt von einer Kategorie von Dienstbarkeiten, die gewissermassen die Mitte einhalten zwischen den persönlichen Dienstbarkeiten und den Grunddienstbarkeiten. Mit den Grunddienstbarkeiten stimmen sie in ihrem Inhalt überein: «Jede Belastung, die als Grunddienstbarkeit möglich ist, kann auch als Dienstbarkeit nach Art. 781 ZGB begründet werden. Mit den persönlichen Dienstbarkeiten treffen sich diese anderen Dienstbarkeiten im Subjekt, in der Person des Berechtigten: Sie stehen nicht dem jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks, sondern regelmässig einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person zu und sind unübertragbar und nicht vererbbar. Das Subjekt derartiger Servituten kann zunächst eine bestimmte natürliche oder juristische Privatperson sein.» Der Eigentümer eines Grundstücks räumt etwa einem Freund das dingliche Recht ein, einen abgekürzten Weg durch seinen Hof zu gebrauchen.
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Womit schon zu Beginn alle bestehenden Klarheiten beseitigt wären. Zurück also auf Startfeld 1. In unserem Fall geht es konkret um zwei Punkte. Zum einen muss der Briefkasten-Kasten mit sieben individuellen Kästchen um ein weiteres Fach erweitert werden (Sie können noch folgen?), zum anderen geht es um die monumentale Frage, wie sich die neuen Nachbarn an den Schneeräumungskosten auf dem Privatsträsschen zu beteiligen haben, obwohl ihre eigene Garageneinfahrt noch knapp auf der Gemeindestrasse liegt und somit von der Gemeinde «schneegeräumt» wird.

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Einer kleinen Strassenkorrektur wegen müssen die Briefkästen leicht versetzt werden. Mon Dieu, quelle comédie! Bestimmung der Post, nicht meiner Bekannten, nur will das niemand schnallen, also wird darüber diskutiert, ad absurdum ad infinitum. Als jenes Kapitel endlich Geschichte ist, geht es um die bereits erwähnte Schneeräumung. Die neuen Hausbesitzer haben sich zu beteiligen. Das die Meinung der selbst ernannten Grand Jury.

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«Nehmt denen doch den Wind aus den Segeln, respektive den Schnee von der Strasse», bekommen Julia und André von mir zu hören, «kauft euch doch ein Schneeräumungsfahrzeug, einen PistenBully 400, den ihr für eure Zwecke umbauen lasst.» Und mit dieser Feststellung kennt meine Fantasie keine Grenzen mehr. Zum besseren Verständnis: Abgebildet auf dieser Seite ist das Basismodell, wie es auf dem Niederhorn zum Einsatz kommt. Eine Weiterentwicklung für Julia und André ist indes zwingend.

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Der PistenBully 400 leistet in besagter Standardausführung und wie abgebildet mit sechs Zylindern und einem Hubraum von 8,9 Litern satte 370 PS bei einem Benzinverbrauch von 19 Litern pro Stunde (nicht pro 100 Kilometer). Der Wenderadius ist inexistent, weil auf der Stelle erfolgend. Für den Schneeräumungsdienst auf dem Strässchen empfehlen sich – als Ergänzung zu den serienmässig bereits vorhandenen zwei Front- und den beiden Arbeitsscheinwerfern – vier zusätzliche Suchscheinwerfer vorne, einzeln schwenkbar, selbstredend in der LED-Ausführung. Auf beide Seiten der Fahrerkabine kommen zwei Doppelauspuffrohre, die entsprechend Geräusche von sich geben, zusätzlich zum schwarzen Dunst, den sie ausstossen, wenn die Betriebstemperatur noch nicht erreicht ist. Zwei ausklappbare Schwenkarme stellen zusätzlich sicher, dass nicht bloss die Stras-
se von der weissen Pracht befreit wird, sondern auch jeweils ein Meter der Wiese links und rechts.Damit die Nachbarschaft auch während der Nacht akustisch in den Genuss der Schneeräumung kommt, ist bei den Raupen auf Kunststossdämpfer zu verzichten. Von den Geräuschemissionen her ist dieser aufgerüstete PistenBully 400 «Snowfighter» rein akustisch nun von einem «Leopard 3 Kampfpanzer» von «Rheinmetall Defence» (kommt 2018 bei der deutschen Bundeswehr zum Einsatz) nicht mehr zu unterscheiden. Es kann also via GPS losgehen, vorzugsweise gegen 04:00 Uhr, wenn der Schnee bekanntlich noch leise rieselt.

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Stimmt, liebe Lesende! Nicht alle Nachbarn werden sich ob dieser Art der Schneeräumung uneingeschränkt freuen – aber schliesslich haben sie es provoziert. Dank einer unauffällig angebrachten Abschussrampe für Nebelgranaten wird es im Ernstfall militanten Zeitgenossen jedoch auch in der Dunkelheit nicht möglich sein, Molotow-Cocktails auf das Fahrzeug zu werfen. Und Sie sehen es nochmals richtig: Zwar lässt sich mit dem PistenBully 400 «Snowfighter» der Schnee räumen, nicht so aber das Eis. Dafür zuständig sind zwei Apache-Kampfhubschrauber mit lasergesteuerten Flammenwerfern (Zielgenauigkeit +/- 15 Zentimeter).
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Sollte es dennoch zu regelrechten Kampfhandlungen kommen, so kann ich einen Kollegen im Pentagon anrufen, der seinerseits die US-Basis in Ramstein (D) informieren wird. Von dort aus wird eine ferngelenkte und unbemannte Drohne aufsteigen und über dem Kriegsgebiet eine Luft-Boden-Rakete abfeuern, allerdings nicht auf ein bewohntes Haus, sondern nur als Warnung auf eine nahe gelegene Scheune, für die nach dem Angriff der Aushub für eine neue Konstruktion bereits erfolgt wäre.

Bleibt also bloss noch die Frage zu beantworten, wie ein achter Briefkasten ins Gestell integriert werden kann, der farblich nicht zu sehr von den bereits bestehenden auffällt.

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