Vielleicht, vermutlich, eventuell. Das sind nicht gerade die Wörter, auf denen ein Artikel aufgebaut sein sollte. Aber die Parteien sind derzeit mitten im Prozess, um ihre Strategien bezüglich des freiwerdenden Gemeinderatsitzes festzulegen. Manches davon gehört vor die Mitgliederversammlung, manches hängt auch ein wenig von den anderen Parteien ab, manches liegt noch in naher Zukunft.
Christian Burren
Navigiert man zwischen dem, was bereits war, und dem, was sein wird, darf man verkünden: Christian Burren stellt sich zur Wahl für das Gemeindepräsidium. Jener Mann also, der seit Bekanntgabe, dass Berlinger zurücktritt, das tonnenschwere Dossier rund ums Budget vertritt, jener, der – wie er selbst sagt – eine Direktion leitet, «die gut läuft». Dass seine Partei, die SVP, auf ihn setzt ist in etwa so klar wie das Wasser der Sense. Dass die FDP diese Kandidatur bevorzugt, verwundert ebenfalls niemanden. Die Liberalen haben an ihrem Treffen bereits «Ja» zu dieser Lösung gesagt. Weitaus spannender hingegen ist die Frage, wie sich die drei Parteien entscheiden, die gemeinsam die Mitte-Fraktion bilden. Zumindest zwei davon. Die Mitte hat schon wenige Monate zuvor an den kantonalen Gesamterneuerungswahlen auf das bürgerliche Ticket gesetzt. Dass die Mitte nach rechts tendiert, ist also nichts Neues. Aber wie positionieren sich die EVP und vor allen Dingen die GLP? «Wir erachten es als wichtig und notwendig, dass das Gemeindepräsidium die nächsten drei Jahre klar, ruhig und sicher geführtwird», schreibt die neue Grossrätin und ehemalige Parlamentspräsidentin Katja Streiff (EVP) an ihre Parteimitglieder. Ist das nun aus ihrer Sicht eher Tanja Bauer oder Christian Burren? Klare Worte gibt es derzeit keine, zumal erst am 24. Juni die Mitgliederversammlung stattfindet. Erfahrungsgemäss tritt die Mitte-Fraktion im Parlament bestehend aus EVP, GLP und die Mitte geeint auf und kann mit ihrer Fraktionsstärke linke und rechte Anliegen durchbringen. Die GLP ist der mit Abstand grösste Teil dieser Mitte. Wenn sich diese festlegt, dürfte das für die anderen Parteien also eine Signalwirkung haben. In jüngster Vergangenheit, man denke nur an die Einführung des Instruments der Schuldenbremse, schlug das Pendel der GLP eher ein wenig in Richtung der FDP und SVP. Ein Indiz, dass der Vorstand seinen Mitgliedern die Unterstützung der Kandidatur Burren vorschlagen könnte.
Tanja Bauer
Erhält der amtierende SVP-Gemeinderat also die Unterstützung seiner Partei, der FDP, EVP, GLP und der Mitte, dann geht er mit breiter Unterstützung in den Wahlkampf. Wobei Kampf im Moment eine masslose Übertreibung ist. Noch steht der Ausgang der Abstimmung über das Budget aus und so lange dürfte er kaum gross ausserhalb dieses Kontextes in Erscheinung treten wollen. Die SP indes ist bereits aktiv und Tanja Bauer mit gestärktem Rücken bereit. «Ich fände es gut, wenn es zu einer echten Wahl kommt», kommentierte die Grossrätin zuletzt in einem Interview in dieser Zeitung. Das darf die Sozialdemokratin getrost so sagen. Im Jahr 2021 erzielte sie bei den Kommunalwahlen in Köniz die meisten Stimmen aller Parlamentarier, diesen Frühling bei den Kantonalwahlen das fünftbeste Resultat im Wahlkreis Mittelland Süd. Mehr Stimmen erhielt eigentlich nur noch: die SVP. Eine starke Politfrau der jüngeren Generation gegen einen erfahrenen und besonnenen Gemeinderat. Bauers Wunsch geht in Erfüllung: Das ist ein veritabler Wahlkampf.
Zwei Wahlen
Klar keimt schnell das Argument auf, dass sie die einzige Frau in der Exekutive wäre. So gesehen, führt fast kein Weg an der SP-Frau vorbei. Die Partei selbst hat aufgrund ihrer Wählerstärke ebenfalls Anspruch auf einen Sitz. Mit dem Rücktritt der amtierenden Gemeindepräsidentin wird nicht nur das Präsidium vakant, sondern auch ein Gemeinderatssitz. Für die Wahl zur Gemeindepräsidentin, zum Gemeindepräsidenten braucht es im ersten Wahlgang das absolute Mehr (Majorzwahl). Sollte ein amtierendes Mitglied des Gemeinderats als Gemeindepräsident gewählt werden, findet um den freiwerdenden Sitz im Gemeinderat zu einem späteren Zeitpunkt (2023) ebenfalls eine Ersatzwahl im Majorz-Wahlverfahren statt. Gewinnt Burren, kann Bauer in den Gemeinderat gewählt werden. Gewinnt Bauer, ist sie auf Anhieb Präsidentin, es braucht keine zusätzliche Wahl.
Noch braucht es etwas viele dieser Wörter «vielleicht, vermutlich, eventuell», um diesen Wahlkampf einzuordnen, aber das dürfte sich kurz nach der Budgetabstimmung rapide ändern. Dann startet das neue Kapitel im «Könizer Polit-Krimi» mit Bestseller-Qualitäten. Noch sind die Budgetsorgen nicht vom Tisch, die letzte Wahl noch nicht lange her und schon sorgt ein erneuter Wahlkampf für Spannung. Das Kapitel trägt den Titel «Bauer versus Burren».