Da waren’s nur noch vier

Da waren’s nur noch vier

In wenigen Tagen scheidet Annemarie Berlinger-Staub (SP) aus dem Gemeinderat aus. Zwischenzeitlich wird Gemeinderat Pestalozzi (Grüne) das Zepter übernehmen. Die Aufgaben aber werden die verbleibenden vier untereinander aufteilen.

Es wäre ein ruhiger Moment an der Sonne, die Vögel zwitschern und der Aussenbereich beim «Draht-esel» in Liebefeld lädt ein, die Seele baumeln zu lassen. Hansueli Pestalozzi wirkt von Weitem auch so, als würde er die Ruhe geniessen. Bei näherem Hinsehen aber fällt das Tablet auf, das er auf seinen Oberschenkeln parkiert hat, um zu arbeiten. «Hier ist mein ganzes Büro drin», meint er nur und schliesst das offene Dokument mit der Rede, die er gerade zum Jubiläum des Heimvereins Falkenstein schreibt.

Der Ruhige
Ist es ab dem 1. Juli nun gänzlich vorbei mit der Ruhe für den Gemeinderat der Grünen? Jein, ist man versucht zu sagen. Ja, weil es turbulente Zeiten sind, in denen der Gesamtgemeinderat seit Geraumem steckt. Die Folgen der Budgetabstimmung stehen bevor und er übernimmt das Finanzdossier. Nein, weil er nicht der Typ für hektische Handlungen ist. Pestalozzi ist eher das, was man gemeinhin unter einer fleissigen Biene versteht. Ausdauernd, friedlich, teamorientiert und zielstrebig. Wichtige Eigenschaften für einen, der nun die Führung eines verkleinerten Gremiums mit vergrössertem Arbeitsbereich übernimmt.

Der Strategische
Doch der Gemeinderat hat für die Zeit, bis ein neugewähltes Gemeinderatsmitglied das Team wieder komplettiert, vorgesorgt. Pestalozzi übernimmt die Direktion «Präsidiales und Finanzen» aber nicht vollständig. «Wir haben die Aufgaben kollegial untereinander aufgeteilt.» Pestalozzi übernimmt die Präsidialen Aufgaben/Stabsabteilung und die Finanzen, Burren die Personalabteilung, Brönnimann die Kultur. Der Verwaltung und den jeweiligen Bereichsleitern kommt eine tragende Rolle zu. «Alles ist auf mehrere Köpfe verteilt», fasst er zusammen. Das Tablet hat er nun beiseitegelegt, stattdessen blickt er auf, die Gedanken sieht man förmlich kreisen. «Es ist natürlich keine einfache Aufgabe, die beschlossenen Legislaturziele mit den nötigen Reformen anzugehen, wenn man nur noch zu viert ist», sagt er schliesslich. Trotzdem sollen das Vorgehen geklärt und erste Schritte unternommen werden, so etwa bei der Verwaltungsreform, die keinen Aufschub erlaubt. «Weiterzugehen wäre aber einem neuen Gemeinderatsmitglied gegenüber nicht richtig, zumindest dann, wenn man in dessen zukünftige Kompetenzen hineingreift», ist er überzeugt. Vorausdenkend zu handeln, das ist Pestalozzis Paradedisziplin. Szenarien erkennen, Strategien entwickeln. Sein Tablet ist vermutlich voll davon.

Der Gesellige
Den «Ad-interim-Präsidenten» aber auf seine Ruhe und strategischen Fähigkeiten zu reduzieren, wäre viel zu kurz gegriffen. Pestalozzi ist daneben einer, der die Gesellschaft sucht, die Gespräche mitmacht und die Kontroverse aushält. «Corona wirkt noch nach, die zwischenmenschlichen Kontakte kamen zu kurz, das spürt man in der Verwaltung. Man muss sich wieder vermehrt treffen und austauschen können», ist er überzeugt. Wenn es etwas gibt, das in dieser kurzen Präsidialzeit des Grünen in Erinnerung bleiben wird, dann wird es womöglich sein Ziel sein, die Menschen aus der Verwaltung und dem Gemeinderat wieder vermehrt zusammenzubringen. «Das Ganze funktioniert nur dann gut, wenn man sich kennt und vertraut. Das will ich wieder stärken. Jeder hat seinen Blickwinkel, den es zu verstehen gilt», klingen seine Worte schon fast wie eine Art Antrittsrede. «Rufi» vom Kulturhof Köniz meinte unlängst an der letzten Parlamentssitzung im OZK, bevor es wieder in den Rossstall geht: «Es wird langsam Zeit, dass die Politikerinnen und Politiker wieder ein Bier miteinander trinken, das bringt sie wieder näher zusammen.» Vermutlich würde Pestalozzi glatt zustimmen.

Der zwischenzeitliche Präsident braucht seine Geselligkeit, die strategische Weitsicht und seine Ruhe, um die Gemeinderatssitzungen im verkleinerten Gremium zu leiten. «Ein Vierergremium ist nicht gut für die Demokratie. Im Prinzip muss ich nur noch eine Person von meiner Meinung überzeugen, um mit dem Stichentscheid zu obsiegen. Das will ich in meiner Präsidialzeit wenn immer möglich vermeiden. Es braucht tragfähige Kompromisse», sagt er. Unerschrocken und mit seinem Tablet bewaffnet scheint Hansueli Pestalozzi bereit, dieses Amt zu übernehmen. Gemeinsam, gesellig und geschickt – auch wenn es heisst: Da waren’s nur noch vier.

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