Das Sterben der Bauernhöfe

Das Sterben der Bauernhöfe

Das Hofsterben nimmt kein Ende: In den letzten 40 Jahren hat sich die Anzahl Schweizer Bauernbetriebe mehr als halbiert und ist 2020 erstmals unter 50'000 Betriebe gefallen. Allein im vergangenen Jahr haben 499 Betriebe ihre Stalltüren für immer geschlossen. Die Tendenz ist auch im Verteilgebiet dieser Zeitung spürbar.

Für eine vielfältige, krisenresistente Schweizer Landwirtschaft und damit eine sichere Versorgung zählt eigentlich jeder Hof. Zumindest, wenn man den Selbstversorgungsgrad der Schweiz anschaut (60% laut Schweizer Bauernverband).

Wachse oder weiche
Gleichzeitig zum Hofsterben werden die verbleibenden Betriebe immer grösser: in den letzten 20 Jahren ist die durchschnittlich pro Betrieb bewirtschaftete Fläche um über 30 Prozent gewachsen. Mit dieser Entwicklung zu immer weniger, dafür immer grösseren Betrieben und deren fortschreitenden Spezialisierung nimmt die Widerstandsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft kontinuierlich ab. Diese Vielfalt ist aber wichtig für die Krisenresistenz der Schweizer Landwirtschaft und somit unverzichtbar für die langfristige Versorgungssicherheit der Schweiz. Die Kleinbauern-Vereinigung will nun Gegensteuer geben. Sie fordert eine dringende Abkehr von der «Wachse oder weiche»-Strategie des Bundes. Nationalrat und Präsident der Kleinbauern-Vereinigung Kilian Baumann will in der Sommersession einen entsprechenden Vorstoss einreichen. «Die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte hat es verpasst, diese Probleme konsequent anzupacken», sagt er.

Neue Strategie
Die Schweizer Landwirtschaft ist von Importen bei Futtermitteln, Pestiziden und aus Erdgas hergestellten Kunstdüngern stark abhängig. Aktuelle Krisen wie der Ukrainekrieg und ebenso der Biodiversitätsverlust sowie die Auswirkungen des Klimawandels zeigen, wie wichtig eine vielfältige, auf geschlossenen Kreisläufen basierende Landwirtschaft auch aus einer längerfristig ökonomischen Perspektive ist. Die Schweizer Agrarpolitik muss sich auf diese Risiken und Anforderungen und nicht auf eindimensional ökonomische Prinzipien wie die Wachstumsstrategie ausrichten. Dass es eine Abkehr von dieser Strategie braucht, betont Kilian Baumann: «Trotz Milliardenbeträgen des Bundes an die Schweizer Landwirtschaft geht das Hofsterben weiter. Mit diesen Mitteln muss vermehrt die Vielfalt an und auf den Betrieben gefördert werden, damit die Krisenresistenz der Landwirtschaft gestärkt und die Versorgungssicherheit langfristig gesichert wird. Wir brauchen nicht grössere, sondern vor allem nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe, die eine vielfältige, klimaschonende und biodiversitätsfördernde Produktion mit Konsumentennähe verbinden können. Die heutige Benachteiligung kleinerer Betriebe passt dabei nicht mehr zu einer innovativen, zukunftsfähigen Landwirtschaft.»

Eine Chance?
Das dürfte für viele Betriebe im Einzugsgebiet dieser Zeitung interessant sein. Einer Region, in der kleinere und mittlere Betriebe dominieren, «Grossgrundbesitzer» sucht man mehrheitlich vergebens. Viele spüren diesen Druck und dürsten nach einer Lösung.
Zudem gibt es viele engagierte Menschen, die in die Landwirtschaft einsteigen möchten. Doch die Chancen sind gering, ohne familiären Bezug einen Hof übernehmen zu können. Die Anzahl an Hofsuchenden übersteigt um ein Mehrfaches die Zahl derjenigen, die bereit sind, ihren Bauernhof ausserhalb der Familie weiterzugeben. Ein Teil des Betriebsrückgangs wäre somit einfach vermeidbar. Die Kleinbauern-Vereinigung fordert den Bund auf, die ausserfamiliäre Hofübergabe stärker zu unterstützen, unter anderem durch kostenlose Beratung und rechtliche Anpassungen. Das käme zum richtigen Zeitpunkt, denn die Zahl derjenigen, welche die Landwirtschaftslehre absolvieren, steigt stetig an.

Hat die Kleinbauern-Vereinigung mit Kilian Baumann die Patentlösung gegen das Hofsterben gefunden? Vermutlich nicht, aber sie bringt Erkenntnisse mit in den Dialog, die zu gemeinsamen Lösungen führen könnten. Zumindest wenn die politischen Fronten nicht verhärten, sondern zu einer gemeinsamen Strategie gegen das Hofsterben führen.

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