Das Weltraum-Auge auf dem Längenberg

Das Weltraum-Auge auf dem Längenberg

Im Sommer 2023 eröffnet das neue Observatorium auf der Uecht. Es wird ausgestattet sein mit modernster Technologie. Wichtig ist den Betreibern aber vor allem die Vermittlung: Alle sollen die Möglichkeit erhalten, mehr über das Weltall und damit auch über unseren Planeten zu erfahren.

Bereits jetzt stehen auf dem Längenberg Teleskope, schon jetzt ist die stadtnahe und in der Nacht dennoch relativ dunkle Gegend ideal für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das Weltall erforschen wollen. Der neue Bau von Stararchitekt Mario Botta wird aber nicht nur das «beste Teleskop der Schweiz» beherbergen, wie Stiftungspräsident Andreas M. Blaser an der Medienorientierung Mitte Mai erzählte. Dank des modernsten 8K-Planetariums und einer multimedialen Ausstellungsfläche mit über 1000m² wird das Gebäude auch tagsüber und bei Schlechtwetter eine Brücke ins All sein. Neben der «Forschung an vorderster Front» ist also vor allem die Vermittlung ein Hauptziel. «Wir planen für den Betrieb, nicht für die Eröffnung. Das Observatorium soll rege belebt sein», betonte Geschäftsführer Michael Kropf. In dieselbe Kerbe schlug Prof. Schildknecht von der Uni Bern: «Wir wollen forschen, aber auch etwas von der Faszination und den grossen Fragen der Menschheit dem Publikum mitgeben.» Das zukünftig «modernste Planetarium der Schweiz» sei nämlich imstande, Livebilder von anderen Teleskopen wie etwa der Europäischen Südsternwarte in Chile oder dem Observatorium auf dem Gornergrat zu zeigen.

Der «Wow-Effekt»
Das «Space Eye», wie das Observatorium Uecht nun heisst, erlaubt also einen Blick ins Universum, aber auch aus dem Universum auf unsere Erde. Der bisher einzige Schweizer, der diese Perspektive jemals hatte, ist Astronaut Claude Nicollier. 1999 absolvierte er den letzten seiner vier Flüge ins All. Es sei ein schöner Arbeitsplatz gewesen, erzählte er an der Orientierung auf der Bütschelegg. «Wenn man die Erde von oben sieht, bekommt man ein Bewusstsein für die Dimensionen», sagte er. Er sprach von der Verantwortung, die wir auf globaler Ebene für unser Daheim haben, von der Bedrohung durch Weltraumverschmutzung und der Leidenschaft, die er für unseren Planeten hat. Auch darum setzt er sich als Botschafter für das «Space Eye» ein.
Professor Christian Leumann hob die Bedeutung des Observatoriums für die Universität Bern hervor: «Wir helfen mit Personal aus, diese neue Station zu betreiben. Sie muss der Gesellschaft von Nutzen sein, denn in der Forschung komme man immer auf die eine Frage zurück: ‹Wie können wir alle auf diesem Planeten in Frieden und mit vernünftigem ökologischem Fussabdruck weiterleben?›» Professorin und Stiftungsrätin Kathrin Altweg, eine erfahrene Astro-Physikerin, stellte klar: «Wir wollen den Besuchenden einen ‹Wow-Effekt› ermöglichen. Die Erde ist Teil des Universums und es passiert ganz viel im Weltall. Das macht die Astronomie so spannend. Sie ist ästhetisch, emotional und gleichzeitig knallharte Wissenschaft.»

Berner Segel auf dem Mond
Vielleicht war Mario Botta darum bald an Board, als ihn die Anfrage aus Niedermuhlern erreichte? Im April 2013 reiste er das erste Mal an «und er war begeistert von der Umgebung», berichtete seine langjährige enge Mitarbeiterin Paola Belandini. Die Anforderungen der Wissenschaftler sowie der Stiftung machten ihm die Arbeit nicht leicht. Ein grosses Problem war der Liftkasten, der auf dem Dach neben das Teleskop zu stehen gekommen wäre. Die Lösung: ein versenkbarer Lift. Ausgeklügelte Technik wird auch in der Ausstellungsfläche im Untergeschoss zu bestaunen sein. Der Prototyp des Servicemoduls eines Raumtransporters der ESA (Europäische Weltraumagentur), der die gesamte Elektronik beherbergte, um 2008 auf 400 km über der Erde an die Weltraumstation ISS anzudocken, steht bereits jetzt in einer Scheune neben der «Space Eye»-Baustelle. Er wurde in der Schweiz entwickelt und ist ein «Zeitzeuge der hiesigen Weltraumgeschichte», sagte Guido Schwarz, der Leiter des «Swiss Space Museum».

Ein anderer Zeitzeuge ist das Sonnensegel, das von Astronaut Buzz Aldrin 1969 noch vor der US-Flagge in den Mond gesteckt wurde: Es wurde nämlich von der Universität Bern entwickelt und war bei der ersten Mondlandung als einziges Nicht-US-Experiment dabei. Bern ist also seit vielen Jahrzehnten an vorderster Front dabei, wenn es um die Erforschung des Alls geht. Nun erhält die Region mit dem «Space Eye» eine Tür auf dem Längenberg, durch welche die breite Bevölkerung eintreten und einen Einblick in das Arbeitsfeld der Wissenschaft erhalten darf.

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