Ein starkes Zeichen an die Bevölkerung. Von rechts bis links entstand ein Konsens. Alle Parteien sind Kompromisse eingegangen, mit dem Ziel vor Augen, «dass Köniz seine finanziellen Angelegenheiten selbstständig lösen kann», wie es Gemeinderat Christian Burren (SVP) formuliert. Oder wie es der Präsident der parlamentarischen Finanzkommission David Müller (Grüne) sagt: «Das ist die letzte Chance, um zu verhindern, dass der Kanton übernimmt.»
Einigkeit
Was hat dazu geführt, dass SVP, SP, Grüne, FDP, GLP, EVP und die Mitte eine Lösung gefunden haben? Die Rückweisung der ursprünglich vom Gemeinderat vorgelegten zwei Vorschläge, der damit verbundene Auftrag, einen 14-Punkte-Plan umzusetzen, ein runder Tisch mit einer eckige Auseinandersetzung und zu guter letzt das Zusammensitzen der FiKo mit dem Gemeinderat für die Ausarbeitung einer neuen Budgetvorlage. «Ein hartes Ringen», nennt es Gemeinderat Burren, «alle haben einen Beitrag geleistet», kommentiert Vanda Descombes (SP), «der runde Tisch, das waren die harten Verhandlungen zu Beginn, es waren die Wegbereiter, dann haben FiKo und Gemeinderat sich zusammengerauft und gefunden», fasst Florian Moser (SVP) zusammen, «Alle haben wichtige Elemente eingebracht und Zugeständnisse gemacht», stimmt auch Dominic Amacher (FDP) in den Konsens ein.
Empfehlung
Gefunden haben sich die Exekutive und die Legislative bei einer unbefristeten Steuererhöhung mit einer Anlage von neu 1,58, dem Verzicht auf Einzahlungen in die Zinsschwankungsreserven und Kürzungen bei ausgewählten Leistungen sowie einmaligen Sparmassnahmen bei Strassenunterhalt, Personal, nicht aktivierbaren Anlagen und Sachaufwand. Das Budget zeigt bei diesem Vorgehen einen kleinen Gewinn von zirka 700’000 Franken. Es wäre das erste Mal seit über zehn Jahren, seitdem Köniz wieder einmal schwarze Zahlen schreiben würde. Dringend notwendig mit Blick auf die mittlerweile gänzlich aufgebrauchten Reserven sowie den hohen Verschuldungsgrad. «Alle bisherigen Sparmassnahmen haben nicht das gewünsche Ziel gebracht, weil das Defizit strukturell ist», erläutert David Müller, warum die FiKo einstimmig die Annahme dieser Vorlage empfahl.
Konsequenz
«Die Vorlage beinhaltet die unumgängliche Steuererhöhung, Sparmassnahmen und den Grundstein für das Instrument der Schuldenbremse», resümiert Casimir von Arx (GLP). Ein Befreiungsschlag in einer zerfahrenen Situation, weil alle Parteien auf gewisse Punkte verzichtet und sich auf das Wesentliche konzentriert haben: endlich wieder ein ausgeglichenes Budget zu erreichen. «Nun ist nicht der Moment für Dogmatismus oder Profilierungsmanöver von Einzelparteien oder Personen. Wir müssen zusammenstehen», appelliert der Grossrat, sich bei der Debatte zurückzuhalten. Das bestätigen in der Folge auch sämtliche Voten der jeweiligen Fraktionsspitzen. Als die Budgetvorlage ohne eine einzige Gegenstimme angenommen wurde, war das nicht nur ein Novum in der Könizer Politik, sondern auch der Grund, weshalb sich Gemeinderat Christian Burren bedankt: «Die Situation mag desolat sein, aber eben nicht hoffnungslos. Der runde Tisch hat Blockaden gelöst, dieser Zusammenhalt könnte auch in Zukunft vieles voranbringen.» Das ausserordentliche Vorgehen hat sich bewährt und lässt Hoffnung aufkeimen, weitere Herausforderungen am runden Tisch mit den eckigen Gesprächen gemeinsam zu lösen.
Wie sagte einst Mark Twain: «Taten sagen mehr als Worte.» Die Politikerinnen und Politiker taten alles in ihrer Macht stehende, um eine auf Köniz zugeschnittene Lösung zu entwickeln. Wortlos, dafür mit einer noch nie dagewesenen Einigkeit, wenn es um das Budget geht. Parteipolitische Interessen wichen einer Bereitschaft, zusammen für ein selbstständiges Köniz einzustehen. Eine Szenerie wie in einem bewegenden Film. Einer, dessen Ende das Volk bestimmen kann. Das Happy End gelingt, wenn die Bevölkerung am 26. Juni der geeinten Könizer Politik das Vertrauen schenkt und ihr folgt.
Das sagen die Fraktionsspitzen:
«Dieses Gesamtpaket ist ausgewogen und finanziell nachhaltig. Es ist auf die Situation der Gemeinde zugeschnitten und es ist nicht zu erwarten, dass der Kanton eine bessere Lösung findet.» Casimir von Arx (GLP)
«Kürzungen, Streichungen, Entlassungen haben nicht ausgereicht, das haben wir mit Blick auf die Vergangenheit gesehen. Es braucht nun eine Steuererhöhung. Diese hier ist das Resultat eines noch nie dagewesenen Prozesses. Ein breit abgestützter Konsens.» David Müller (Grüne)
«Dieser Konsens nimmt einige wichtige Anliegen auf. Er geht in die richtige Richtung, hin zu einer nachhaltigen Finanzierung.» Vanda Descombes (SP)
«Die eine Seite ist nicht stur geblieben, die andere hat nicht getäubelt. Eine Steuererhöhung ist für die FDP ein hartes Stück Brot. Aber sie ist in der jetzigen Situation nötig.»
Dominic Amacher (FDP)
«Der Konsens ist geglückt, jetzt müssen wir diesen noch bekannt machen.» Florian Moser (SVP)
Titelvermerk:
Eigentlich hätten die Politikerinnen und Politiker die frohe Kunde ihrer Einigkeit am liebsten auf das Titelblatt der Abstimmungsbotschaft geschrieben. Nur geht das nicht. Deshalb hat die Redaktion dieser Zeitung gedacht, dass es aus journalistischer Sicht zu rechtfertigen ist, dies zu übernehmen. Im Sinne einer Lösung von rechts bis links in ausserordentlichen Zeiten und aufgrund des ausserordentlichen Einsatzes.
Die wesentlichen Punkte:
– Unbefristete Steuererhöhung auf 1,58
– Wiederkehrende Ergebnisverbesserungen («Fuss Velo Köniz», Schwimmbad, Grünfläche / Spielplätze/ Friedhöfe, Ferienhaus Kandersteg um je 50’000 Franken).
– Einmalige Ergebnisverbesserungen im Budget bei Strassenunterhalt, Personal, nicht aktivierbaren Anlagen und Sachaufwand. Einmalige Sparmassnahmen von insgesamt 750’000 Franken.
– Keine Einlagen in die Zinsschwankungsreserven.
Rechenbeispiele:
Was die Steuererhöhung von der Steueranlage 1,49 auf neu 1,58 bedeutet, sollen diese beiden Beispiele zeigen:
– Bei einem Jahreseinkommen von 60’000 Franken im Jahr bezahlt ein Haushalt 4.60 Franken mehr Steuern im Monat.
– Bei einem Jahreseinkommen von 150’000 Franken im Jahr bezahlt ein Haushalt 33 Franken mehr Steuern im Monat.