«Ich denke gerne an meine politischen Anfänge in Köniz zurück», sagt die UVEK-Vorsteherin und muss gar ein klein wenig schmunzeln. Vom Gemeinderat bis zum Bundesrat hat ihr niemand den Weg geebnet. Sie vermochte aber stets das Volk von sich zu überzeugen, scheute sich nicht hinzustehen und einzustehen, bis hin zu den staatstragenden Aufgaben, die ihr heute anvertraut werden. Eine Erfolgsgeschichte, die auf den Anfängen in der Könizer Gemeindepolitik fusst.
Zusammenarbeit
«Es ist diese Direktheit, mit der auf Gemeindeebene zusammengearbeitet werden kann, an die ich mich gerne erinnere. Das Zusammenspiel von Parlament, Gemeinderat, Kommissionen und Bevölkerung hat stets gut funktioniert», blickt die Bundesrätin zurück. Von 1998 bis 2005 hatte sie als Gemeinderätin tiefen Einblick in diese Zusammenarbeit. Parallel gelang ihr 1999 die Wahl in den Nationalrat. Das regionale und nationale Standbein sorgten für neue Einsichten in die Politik. Nicht zuletzt deshalb entstand das «Gurten Manifest für eine neue und fortschrittliche Politik», an dem auch der damalige Könizer Gemeindepräsident Henri Huber beteiligt war. Fast macht es den Eindruck, sie wolle ein wenig von dieser Könizer Energie in die nationale Politik übertragen. «Direktheit muss man pflegen und fördern», sagt sie entsprechend.
Respekt
Köniz kann das. «Man darf aber nicht vergessen, dass die Gemeinde mehr Einwohnerinnen und Einwohner als der ganze Kanton Obwalden oder Uri hat», verdeutlicht Sommaruga. Längst nicht alle Gemeinden haben diese Voraussetzungen für ihre Kommunalpolitik. «In kleineren Gemeinden wird viel ehrenamtlich geleistet. Das ist unglaublich wichtig und ich möchte mich bei all diesen Personen bedanken, sie verdienen unser aller Respekt», unterstreicht sie. Solche Ortschaften haben weniger Einnahmen aber immer mehr Aufgaben, die Komplexität nimmt zu und es scheint kein Patentrezept aus dieser Entwicklung zu geben. Aber ein paar Anhaltspunkte gibt es, wie die Bundesrätin sagt: «Ein Ziel muss sein, die Digitalisierung voranzutreiben, damit man von überall aus eine Datenautobahn zur Verfügung hat. Wichtig sind aber auch Zusammenschlüsse. Ob eine Fusion wie in Rümligen oder eine andere Form, das muss man im Einzelfall genau anschauen.»
Stadt und Land
Ein weiteres Problem für die kleineren Ortschaften ist die Abwanderung, speziell der jungen Menschen. Auch in diesem Zusammenhang ist die Datenautobahn eine wichtige Errungenschaft. «Die Pandemie hat vielleicht ein wenig geholfen, was dieses Problem angeht», verweist sie auf die Tatsache, dass viele Menschen bei all den Einschränkungen eine grüne Umgebung noch mehr zu schätzen gelernt haben. Da gehören die Jugendlichen dazu. Politisch gesehen passt es da ganz gut, dass der Dachverband der Jugendparlamente mit der «Mission Takeover» die jungen Menschen motiviert, sich in der Gemeindepolitik zu engagieren.
Tipps der Bundesrätin
Die Bundesrätin lässt es sich nicht nehmen und gibt kurzerhand ein paar Tipps, die Mut machen sollen, diesen Weg einzuschlagen: «Der Gemeinderat war die beste Schule, die ich jemals hatte. Für meinen weiteren politischen Weg hat das viel gebracht. Man bekommt das Vertrauen ausgesprochen und das ist eine grosse Chance. Das bedeutet zwar viel Arbeit, aber wenn man sich gute Dossierkenntnisse aneignet merkt man, dass es unglaublich Spass machen kann, einer Sache auf den Grund zu gehen. Dann kann man sich auch kompetent kritischen Leuten stellen. Der stete Austausch mit den Menschen ist ohnehin etwas, dass man besonders pflegen sollte.»
Die Begeisterung für die Gemeindepolitik und die guten Erinnerungen schwingen in jedem Wort mit. Simonetta Sommaruga hat eines aus Köniz mit in die grosse, weite Welt genommen, was sie Tag für Tag vorzuleben versucht: Die politische Kultur der verschiedenen Meinungen zu respektieren.
Sacha Jacqueroud