Ein Bekenntnis zu Herkunft und Tradition

Ein Bekenntnis zu Herkunft und Tradition

Positiv besetzte Attribute wie Fairness, Präzision, Zuverlässigkeit und Stabilität kommen einem in den Sinn, wenn man sich in der Trachtenstube Burri GmbH umschaut. Beinahe hätte jedoch der gesamte Trachten-Fundus des Familienunternehmens aufgrund der Corona-Pandemie keine Zukunft mehr gehabt, wäre nicht die rettende Interessengemeinschaft Berner Trachten auf den Plan getreten.

uf einer Amerika-Reise erblickte Toni Vescoli einen Einheimischen, der ein Gilet mit aufgesticktem Edelweiss trug. Der «Swiss Beatle» wollte es unbedingt haben: «Ich weiss nicht mehr, was er dafür wollte, aber ich gab ihm das Doppelte.» Wieder in der Schweiz, trat Vescoli mit diesem Gilet am Gurtenfestival auf. Auch Rockmusiker wie Gölä und Polo Hofer sah man immer mal wieder im «Sennechutteli» oder «Chüjermutz».
Lange Tradition
Noch 2019 erforderte die Nachfrage Sonderschichten in der Trachtenstube. Unvermittelt katapultierte jedoch die pandemiebedingte Absageflut all der traditionellen, kulturellen und sportlichen Aktivitäten auch das Trachtenwesen ins Abseits – Trübsal statt Alphorn blasen. Selbst die jüngere Tochter der Familie Burri, die bekannte Kontorsionistin und Balletttänzerin Nina Burri, hätte hier nichts mehr zurechtbiegen können. «Es ist mir wichtig, dass die Trachtenstube, die meine Mutter über 35 Jahre lang aufgebaut, gehegt und gepflegt hat, weiterleben kann», so die «Schlangenfrau». «Auf die Schulreise ging ich stets in Tracht und trug sie mit Stolz auch an allen Feiertagen. Das war bei uns im Emmental so», sagt die 78-jährige Firmengründerin Annemarie Burri. Als 4-Jährige bekam sie ihre erste Kindertracht geschenkt. 1986 rief sie in Wabern die Trachtenstube ins Leben und führte diese ab 2008 zusammen mit ihrer Tochter Claudia. Auch deren Liebe zum Brauchtum muss, wie bei ihrer Mutter, schon in der Kindertanzgruppe herangereift sein. Claudia Burri wurde Juristin und absolvierte eine Zusatzausbildung als Stylistin. Mit diesem Fachwissen und Können ausgestattet, übernahm sie 2008 das Trachtengeschäft ihrer Mutter. «Die alte Handwerkskunst und die schönen handgefertigten Stoffe hatten es mir immer schon angetan», sagt sie.

Grösste Sammlung der Schweiz
Immer öfter bekennt sich so manch moderner Zeitgenosse aus Stadt und Land zum Brauchtum. Offenkundig wird der Hang zum Althergebrachten nicht bloss am Schwing- und Älplerfest oder Folkloreabend. Schick ist es längst wieder, auch zur Hochzeit oder Zivilhochzeit in Tracht anzutreten. Ehrensache, dass eine Ehrendame auch ein «Trachtenmeitschi» ist. Ganz billig ist das nicht: Die Massanfertigung einer kompletten Berner Sonntagstracht erfordert bis zu 80 Arbeitsstunden und kostet 7000 Franken; die Miete für ein Wochenende beträgt 250 Franken.

Angefangen hat alles als Hobby mit einer Handvoll Trachten. Die Sammlung ist bis heute um das Hundertfache gewachsen: Zusammengekommen sind über 500 selbst angefertigte oder geschenkt bekommene Trachten sowie angekaufte Occasionen. Es ist dies der schweizweit grösste Bestand an Miedern, Röcken, Schürzen, Hemden, Schuhen, Hauben, Hüten und Schmuck. Vorhanden sind Trachten aus der ganzen Schweiz mit dem Schwergewicht Bernbiet, Berner Oberland und Aargau. Burris Trachtenstube steht zwar vor dem Aus, doch es gibt einen Lichtblick: Vier Trachtenschneiderinnen setzen sich für den Fortbestand ein. Wenn alles funktioniert, folgt auf Ende des Jahres der Umzug nach Interlaken. Kostenpunkt: rund 250’000 Franken. Die IG Berner Trachten hat bereits einen Spendenaufruf lanciert. «Diese Trachtenschneiderinnen beherrschen ihr Handwerk perfekt. Wenn wir es schaffen, noch mehr Spenden zu sammeln, steht dem Weiterführen dieser Trachten-Tradition nichts mehr im Wege», zeigt sich Nina Burri zuversichtlich.

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