Am 24. Oktober wird er ein halbes Jahrhundert alt: Er, der seit seiner Geburt an cerebralen Bewegungsstörungen leidet und trotzdem ein überaus positiver, freundlicher und weltoffener Mensch ist. Er versteht es, seine Gefühle, sein Wesen und sein Leben auf die Leinwand zu bringen, freut sich sehr auf die Ausstellung. Die Verantwortlichen boten ihm eine sogenannte «Carte blanche» an; er durfte selber wählen, ob er die Ausstellung allein nur mit seinen eigenen Werken oder mit anderen Künstlern bestreiten möchte. Der Künstler entschied sich, einige seiner Weggefährtinnen und Weggefährten dazu einzuladen. Ganz bewusst hat er dabei nur Deutschsprechende berücksichtigt, denn er und seine Mutter Margrit haben die Erfahrung gemacht, dass diese in Freiburg nach wie vor den Welschen gegenüber benachteiligt sind. Die Besucher dürfen einige besondere Werke von Myriam Schoen, Silvia von Niederhäusern, Josiane Lauper, Gisèle Poncet und Ivo Vonlanthen bestaunen.
Lebensinhalt
Elmar Schafer ist auf den elektrischen Rollstuhl angewiesen. Seine Hände kann er nur mit grossem Aufwand unter Kontrolle halten, um diesen zu steuern. Er kann nicht sprechen, doch auf entsprechend gestellte Fragen mit «ja» oder «nein» oder mit Kopfnicken selbständig antworten. Dank der heutigen, ausgeklügelten Technik ist es ihm möglich, per Mail zu kommunizieren. Mithilfe von leichten Kopfbewegungen berührt er den an der Kopfstütze seines Rollstuhls angebrachten Computer, der Impulse an einen Bildschirm weiterleitet. Damit werden Buchstaben getippt und die Maus bewegt. Ein sogenannter Talker gibt für ihn sogar gängige Sätze wieder.
Während der Woche lebt er in einer Wohngruppe im SSB Tafers (Sensler Stiftung für Behinderte). In der Beschäftigungsgruppe widmet er sich ausgiebig dem Computer; technisch ist er entsprechend versiert. Die Wochenenden verbringt er auf dem elterlichen Bauernhof in Schmitten. «Ich liebe die Natur und hier habe ich Gelegenheit, herumzufahren, die Jahreszeiten immer wieder neu zu entdecken und Ideen zu sammeln», teilt er freudestrahlend mit. Mit Anfang zwanzig, als er noch im Homato der Stiftung Les Buissonets in Freiburg lebte, entdeckte eine Betreuerin zufällig seine Affinität und sein Talent zum Malen. Seit dessen Gründung 1998 besucht Schafer deshalb einmal pro Woche das Atelier «CREAHM» in Villars-sur-Glâne. Das Kreativ-Atelier für Menschen mit Behinderung beschäftigt zwei Kulturschaffende, welche die Teilnehmer betreuen und deren künstlerische Ausdrucksweise unterstützen und fördern. Malen ist für Elmar Schafer ein immens wichtiges Ausdruckmittel und längst zum Lebensinhalt geworden.
«rot und blau»
Anfangs malte der feinfühlige Kreative noch mit einer Art Band um den Kopf, an dem der Pinsel befestigt wurde. «Wir mussten viel pröbeln, bis sein Bruder auf die Idee kam, dass dies mit einer Vorrichtung an einem Eishockey-Helm – zufällig an einem seines Lieblingsvereins HC Fribourg-Gottéron – viel besser zu bewerkstelligen wäre. Diese Methode hat sich bis heute sehr gut bewährt», erzählt Margrit Schafer. Meist schuf der Maler seine Werke mit Acrylfarbe auf verschiedenen Oberflächen wie Papier, Karton oder Holz. Neuerdings verwendet er zusätzlich Posca-Marker für filigrane Striche, was ihm noch mehr Konzentration und Körperbeherrschung abverlangt. Blau und Rot gehören zu seinen Lieblingsfarben und die Natur, Berge, Landschaften, Gewässer, Gräser und Bäume zu seinen bevorzugten Sujets. Tiere male er keine, das sei zu schwierig, macht er uns auf seine Weise verständlich und lacht dabei. Nicht immer einfach gestaltet sich auch die Titelfindung zu seinen Werken. Inspirationen kommen von vielen Seiten, aber am Schluss bestimmt er selber.
Die Museumsleiterin ist stolz auf die entstandene Ausstellung, die in ihren Augen eindrucksvoll erklärt, was Kunst überhaupt ist: «Kunst ist eine Ausdrucksform, eine Art, den Mitmenschen etwas mitzuteilen. Elmar Schafer tut dies einfach in einer anderen Dimension, weil er sich sonst gar nicht oder nur schwer ausdrücken könnte.»