«Eine Prise Wehmut und etwas Entspannung»

«Eine Prise Wehmut und etwas Entspannung»

Seit dem 22. März ist klar, was einige vielleicht zu verdrängen versucht haben, was jedoch vorhersehbar war: Das «Gurtenfestival 2021» ist abgesagt. Was bis vor zwei Jahren noch unvorstellbar gewesen wäre, ist nun das zweite Mal Realität geworden.

Der Unterschied zu letztem Jahr ist, dass die Absage nun ohne behördliches Verbot entschieden wurde. Jedoch liegt bis jetzt auch keine Bewilligung für Grossanlässe vor, was die Planung fast unmöglich machte. So blieb der Gurtenfestival AG schliesslich keine andere Wahl mehr, als das diesjährige Festival abzusagen, auch wenn dies Schwierigkeiten mit sich brachte. Auf der Webseite des Veranstalters ist zu lesen: «Auf ein Verbot wären wir aufgrund von Vereinbarungen und Verträgen mit Dritten rechtlich gesehen eigentlich angewiesen. Sowohl emotional als auch aufgrund unserer unternehmerischen Verpflichtungen gegenüber allen Beteiligten.» Das Organisationsteam war im Zwiespalt, die Zeit drängte, eine Entscheidung musste also getroffen werden. Sie hätten immer alles rausgeschoben, nie richtig mit der Planung begonnen und stets auf klare Ansagen, positive Entwicklungen und mögliche Wege gehofft. Doch da die Organisation eines solchen Grossanlasses eine lange Planung und somit genügend Zeit erfordert, diese aber davonlief, entschieden sich die Organisatoren schliesslich für eine Absage. Das Line-up, also die geplanten Bands, stand schon länger fest. «Wir wollten mit der Ankündigung sowie mit dem Vorverkauf der Tickets warten, bis eine Durchführung einigermassen sicher und wahrscheinlich erschien. Dieser Zeitpunkt kam leider nie», erklärt Mediensprecherin Lena Fischer.

Auch nicht im kleinen Rahmen
Wer sich jetzt fragt, wieso nicht einfach eine kleinere Festivalvariante oder eine mit bestimmten Einlasskriterien geplant wird, muss enttäuscht werden. «Gurtenfestival bedeutet für uns: eine Kapazität von 20’000 Personen pro Tag, keine Sitzplätze, kein Social Distancing, Nähe, gemeinsames Singen und Feiern sowie nationale und internationale Acts» wird auf der Webseite Stellung genommen. Und weiter: «Die Option, die Besucherkapazität aufgrund neuer Verordnungen kurzfristig massiv zu reduzieren, haben wir nicht. Dies ist finanziell und planerisch ein Ding der Unmöglichkeit.» Weiter hinzu komme die Dimension des Programms. Theoretisch wäre es möglich, für jede internationale Band, die absagt, eine andere zu buchen. Die Folge daraus wäre aber, dass an der Mehrheit der Schweizer Festivals die gleichen Bands auftreten würden.
Bleibt noch die Frage nach einer Durchführung mittels Einlasskriterien wie Impfnachweis oder negativem Corona-Test. Doch auch diese scheint für dieses Jahr unrealistisch. Denn je nach Anzahl geimpfter Personen (Publikum, Bands, Mitarbeitende, Crews) wären täglich zwischen 10’000 und 30’000 Tests innerhalb weniger Stunden nötig. «Es würden hier locker eine Million Franken Mehrkosten anfallen. Das Testen ist für uns logistisch, zeitlich und finanziell unmöglich», erläutert die Mediensprecherin. Es wird klar, dass auch eine kleinere Variante des Berner Hausberg-Festivals keine Chance hätte.

Ein harter Schlag
Die Enttäuschung und Verzweiflung der Veranstalter sind förmlich spürbar. «Natürlich bereitete es keine Freude, das Festival ein zweites Mal abzusagen. Zugleich kam es diesmal nicht überraschend, da wir seit über einem Jahr in einer Pandemie leben. Aber klar, es ist trotzdem ein herber Schlag fürs Gemüt», meint Fischer. Die Stimmung im Team sei gemischt: «Eine Prise Wehmut und etwas Entspannung, da jetzt wenigstens klar ist, wie der Sommer für uns aussieht.» Dennoch bleiben sie optimistisch, hoffen und planen fürs nächste Jahr. Auch wenn es für sie bereits zu spät ist, richten die Veranstalter auf ihrer Webseite klare Worte an die Politik: «Schafft Klarheit. Bietet der Kulturbranche und der Bevölkerung eine Perspektive.» Weiter fordern sie, dass die Politiker sich nun auf mögliche Events konzentrieren und dafür sorgen sollen, dass die Kapazitäten, Rahmenbedingungen und Schutzmassnahmen schnellstmöglich klar werden.
Bleibt also nur darauf zu vertrauen, dass man in einem Jahr an einem ganz anderen Punkt steht. Dass man dann mit «exponentieller Vorfreude», wie die Veranstalter es nennen, dem Gurten 2022 entgegenfiebert, und wenn es dann soweit ist, wieder dicht aneinandergedrängt mittanzen und mitsingen darf und all das Verpasste aufholen kann. Die Hoffnung auf ein besseres, nächstes Jahr besteht aber nicht nur bei den Besuchern des Festivals, sondern vor allem auch beim Organisationsteam und bei den unzähligen Künstlerinnen sowie allen anderen Beteiligten, die es am härtesten trifft und die es mehr als verdient hätten.

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