Frauenkappelen dürfte mit diesem Beschluss viele Gemeinden herausfordern. Im Jahre 2018 entschied das oberste Gericht des Landes, dass diese Konzessionsabgaben einer ausreichenden rechtlichen Grundlage bedürfen müssen. BKW und Co. stellen diese Abgabe direkt dem Endverbraucher in Rechnung. Insgesamt sind das beispielsweise in Rüeggisberg Kosten von 100’000 Franken oder in Frauenkappelen 55’839 Franken im Jahr. Das Bundesgericht hält es für zulässig, dass diese Abgabe, gestützt auf das Stromversorgungsgesetz, dem fakultativen Referendum unterstellt ist. Das bedeutet, die Gemeinden können über diese Konzession entscheiden.
Verursacherprinzip
Nun haben die meisten einen Konzessionsvertrag, jedoch ohne Reglementsgrundlage und damit ohne einen Vertrag, der dem fakultativen Referendum unterstellt ist. Das ist in Frauenkappelen nicht anders. Gestützt auf diesen Bundesgerichtsentscheid, überprüfte der Gemeinderat nun seine Situation und kam zu dem Schluss, künftig auf die Konzessionsabgabe zu verzichten. «Der Gemeinderat vertritt die Ansicht, dass der Verzicht das geltende Verursacherprinzip konsequent umsetzt», sagt Tobias Vögeli. Gebühren oder Abgaben werden also nur noch dort erhoben, wo effektiv ein Aufwand besteht. Die Konzessionsabgabe sei, im Falle von Frauenkappelen, eher «eine versteckte Steuer», meint der Gemeinderat. An der Gemeindeversammlung sah das die Bevölkerung genauso und stimmte dem Vorschlag, künftig auf die Konzessionsabgaben an die BKW zu verzichten, zu. Jeder Haushalt spart damit Geld und die Gemeinde verzichtet auf Einnahmen von etwas mehr als 50’000 Franken. In der Konsequenz muss Frauenkappelen auch künftig einen Vertrag mit der BKW Energie AG abschliessen, der «die Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes durch das Energieversorgungsunternehmen» regelt. Die Abgaben werden darin aber nicht mehr detailliert geregelt; es bräuchte eine Rechtsgrundlage und damit einen Volksentscheid, falls wieder eine Konzession eingeführt werden sollte. Frauenkappelen trägt dem Bundesgerichtsentscheid Rechnung und die Bevölkerung profitiert davon.
Inanspruchnahme
«Es ist davon auszugehen, dass der erwähnte Bundesgerichtsentscheid und die daraus fliessenden rechtlichen Konsequenzen nicht überall bekannt sind», meint Gemeinderat Vögeli weiter. Das Feld ist nun offen, damit auch andere Gemeinden diesen Weg prüfen können. Rüeggisberg hat das schon gemacht, kam aber zu einem gänzlich anderen Schluss. Seit 1955 besteht ein Konzessionsvertrag, der aktuell jährlich 100’000 Franken beisteuert. Darauf will die Gemeinde nicht verzichten und schreibt: «Der Bundesgerichtsentscheid besagt, dass es zusätzlich zum Konzessionsvertrag einer rechtlichen Grundlage in Form eines Reglements bedarf. Der Gemeinderat möchte auch künftig nicht auf diese Konzessionsabgabe verzichten.» Er bringt das «Reglement für die Erhebung einer Konzessionsabgabe Stromversorgung durch die BKW Energie AG» an die nächste Gemeindeversammlung.
Versteckt oder berechtigt?
Frauenkappelen streicht die Einnahmen, Rüeggisberg möchte sie sichern. Die Frage lautet: Ist diese Konzessionsabgabe nun eine versteckte Steuer oder durchaus berechtigt? Beide Gemeinden haben auf den Bundesgerichtsentscheid reagiert und stellen nun die Reglementsgrundlage sicher, damit die Abgabe dem fakultativen Referendum unterstellt ist. Nur profitieren die einen von dieser Anpassung, während die anderen nichts davon spüren. Frauenkappelen geht nach dem «Verursacherprinzip» und sagt: Nur wo ein entsprechender Aufwand besteht, werden Gebühren und Abgaben erhoben. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die «Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes» nicht in allen Gemeinden gleich und damit nicht unbedingt vergleichbar ist. Eines aber dürfen Bürgerinnen und Bürger gestützt auf diesen Entscheid sicherlich anfordern: dass ihre Wohngemeinde prüft, ob es sich in ihrem Falle nun eher um eine versteckte oder berechtigte Steuer handelt. Im besten Fall kommt dann das Prinzip Frauenkappelen zum Tragen.